Sperrriemen - No Go

Sperrriemen

… und warum so ein Sperrriemen aus meiner Sicht ein NO-Go ist. Es gibt viele gute Gründe (auch anatomisch handfeste Gründe) die gegen den Sperrriemen sprechen und keinen wirklich richtigen Grund dafür.

In Reitställen gibt es unglaublich viele verschiedene Reithalfter, Trensen und Zäumungen. In allen Farben und Formen. Von Western bis zum Englischen Reithalfter, von Gebisslos bis Kandare, vom schwedischen bis hannoveranischen Reithalfter. Gerade Letztere haben eines gemeinsam: Eine Art “Sperrriemen”.

Sperrriemen – ja oder nein?

Viele hinterfragen den Riemen am Zaumzeug nicht, sondern nutzen ihn einfach.

Denn: “der Sperrriemen ist doch schon am Zaumzeug dran und wenn er schon dran ist, dann kann man ihn doch auch nutzen…”

Das denken vermutlich viele Reiter:

  • Das hat der Reitlehrer so gesagt…
  • Der war halt schon dran…
  • Der sieht doch hübsch aus am Reithalfter…
  • Das hilft meinem Pferd…

Halbsätze wie diese gibt es viele.

Trensen & Englisch & lauter Sperrriemen

Die Suche nach „Trensen Englisch“ via Google.de spuckt dann vor allem Bilder mit Sperrriemen aus. Irgendwie scheint er ein Basic geworden zu sein und ganz ehrlich? Kaum einer weiß warum.

Gute Gründe gibt es eigentlich auch nicht. Denn der Nasenriemen gehört ursprünglich gar nicht zu Englisch Trensen dazu. Der Riemen um die Nase des Pferdes ist erst seit einigen Jahrzehnten zur Norm geworden.

Viele wissen gar nicht, was er soll oder was er bewirkt und lassen ihn einfach am Zaumzeug. Das ist schade und das muss sich ändern.

Dann gibt es zum Beispiel noch das mexikanische oder das Hannoversche Reithalfter – Infos über die Wirkung und warum das nicht wirklich besser ist – findest du HIER

Denn Pferde würden sich Studien zufolge eigentlich immer gegen die Maulsperren entscheiden.

Das verwundert auch nicht weiter, wenn man sieht wie eng viele Sperrriemen oft verschnallt sind.

Falls du noch einen solchen Riemen an deinem Zaumzeug haben solltest, dann schau deinem Pferd einfach kur in die Augen wenn es ihn ums Maul hat und frage dich, was du da siehst. Vermutlich Schmerz, Stress oder Resignation.

Warum? Weil der Riemen mehr schadet als nützt. Warum das so ist, erkläre ich dir jetzt in diesem Artikel.

herdis hiller - pferdeseele

Sperrriemen – ja oder nein?

Der Sperrriemen oder auch Nasenriemen wird immer wieder heiß diskutiert und ich finde, dass das auch gut so ist. Denn wir müssen darüber reden, warum wir unsere Ausrüstung benutzen und was sie bewirkt.

Sie einfach zu nutzen, weil sie da ist, ist fahrlässig.

  • Es ist nicht schlimm, wenn du das noch nicht weißt oder nicht hinterfragt hast, wir alle lernen dazu.
  • Oder wenn du ausführlich recherchiert hast und nach dem Lesen verschiedener Studien, Testen verschiedener Reitweisen, Reithalfter und Zäumungen zu dem Schluss kommst, dass dein Pferd zufriedener damit ist.

Aber dann verschnalle ihn bitte nicht zu eng, sondern richtig und so wie er ursprünglich gedacht war. Dazu erzähle ich dir gleich mehr.

Wichtig ist einfach, dass wir über die Wirkung von Ausrüstung Bescheid wissen sollten, bevor wir sie nutzen. Denn die Pferde haben keine Wahl – egal um was es geht und egal welches Reithalfter wir ihnen um den Kopf schnallen.

Deswegen hoffe ich sehr, dass du nach dem Lesen dieses Artikels darüber nachdenkst, was die Hilfsmittel du aus deinem Stallschrank bewirken und welche du davon wirklich brauchst. Das gilt auch für den Sperrriemen.

Typische Argumente für den Sperrriemen

Es gibt viele Reiter, die viele Argumente dafür haben. Sätze wie „mein Pferd reißt ja immer das Maul auf und streckt die Zunge raus“, „es will die Trense irgendwie nicht im Maul haben“, „ist doch so schick“, „der Anfänger zerrt zuviel am Zügel und der Sperrriemen hält die Trense im Maul, so dass sie nicht durchs Maul gezogen werden kann und keine Schmerzen verursacht“ sind nur ein paar Beispiele.

Darf ich ehrlich sein? Sie sind alle im Grunde Quatsch! Es gibt kein Argument, das stichfest genug ist, um für eine Nutzung zu sprechen.

Sperrriemen - No Go

Drei typische Argumente für den Sperrriemen und warum sie falsch sind:

Nummer 1 – Mein Pferd reißt immer das Maul auf und streckt die Zunge raus: Wenn das Pferd die Zunge rausstreckt, dann will es dir etwas damit sagen. Entweder schmerzt die Trense und das Reithalfter oder sie ist unangenehm oder die Art wie der Reiter sie nutzt ist unangenehm. Das wird nicht besser, wenn man das Maul mit einem Riemen zusperrt – der Mensch sieht die Schmerzreaktion schlicht und einfach nur nicht mehr. Im Grunde wird das Pferd damit mundtot gemacht. Viel besser wäre es herauszufinden, warum das Pferd die Zunge rausstreckt und daran zu arbeiten.

Nummer 2 – Mein Pferd will die Trense nicht im Maul haben: Wenn es die Trense loswerden will, dann will es auch damit etwas sagen. Im Grunde kann ich die Sätze von Nummer 1 wiederholen. Vielleicht hat es Schmerzen, vielleicht hat es Entzündungen am Kiefer oder Zahnfleisch, vielleicht bekommt es Panik bei dem Gefühl von Metall im Maul, vielleicht ist das Gebiss nicht das Richtige oder die Reitweise. So oder so – sollte der Reiter zuhören und verschiedene Reithalfter ausprobieren und vielleicht auch über gebissloses Reiten nachdenken.

Nummer 3 – Die Anfänger zerren zu viel und die Sperrriemen halten die Trense im Maul, so dass sie nicht durchs Maul gezogen werden kann und keine Schmerzen verursacht: Okay, fassen wir zusammen. Ein ANFÄNGER sitzt auf dem Pferd und hat weder ruhige Hände noch einen ausbalancierten Sitz im Sattel. Was ist also die logische Folge: Er wird versuchen sich auch an den Zügeln festzuhalten. Ja, das reißt im Pferdemaul. Was ist also gut daran, das Pferdemaul zuzuschnüren? Das löst nicht das Problem des reißenden Anfängers. So kann das Reißen vielleicht nur ein bisschen abgefangen werden. Viel besser wäre es, dem Anfänger so lange an der Longe Sitzschulungen zu geben, bis er sicherer sitzt und sich nicht mehr am Zügel festhalten muss. Dann kann man an den ruhigeren Händen arbeiten und dann erst die Zügel in die Hand geben. Zumal der Sperrriemen – so wie er aktuell immer verschnallt wird – die Trense nicht wirklich ruhiger im Maul hält, sondern das Maul einfach nur zusperrt.

So lässt sich im Grunde jedes fadenscheinige Argument entkräften und „das haben wir schon immer so gemacht“ oder „das war halt schon am Zaumzeug dran“ gelten gar nicht. Dafür haben wir ein Hirn, um es einzuschalten und zu denken.

Findest Du auch, dass es höchste Zeit ist etwas gegen Sperrriemen zu tun? Dann schenk diesem Artikel fünf Herzen und teile ihn weiter:

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Geschichte des Sperrriemen

Bevor ich aber die Argumente aufliste, die gegen den Sperrriemen sprechen, erst einmal kurz etwas zu der Geschichte dieses „Hilfsmittels“.

Viele Jahre hat man überall die Info gefunden, dass er in den Kriegszeiten des 19. Jahrhunderts erfunden worden sei, um den Zug durch die Reiterhand auf das Gebiss durch die spezielle Verschnürung auf Nase und Gebiss zu verteilen. Mittlerweile gibt es immer wieder Recherchen, die genau das widerlegen und eher darauf hinweisen, dass er um die 1960er erfunden worden sein soll.

“Das älteste Bilddokument des Kombinierten Reithalfters mit „Sperrriemen“, das gefunden werden konnte, stammt von den Olympischen Reitwettbewerben 1956 in Stockholm und zeigt den US-amerikanischen Springreiter Frank Chapot deutlich erkennbar mit einem „Kombinierten Reithalfter“. Was aber nie gefunden werden konnte” (ZItat VFD)

Damals wurde der sogenannte “Pullerriemen” offenbar zum Sperrriemen umfunktioniert. Mit dem Pullerriemen und seiner speziellen Verschnallung wollte man den Druck / Zug aufs Pferdemaul verringern, in dem der Druck teilweise über die Nase umgeleitet wurde und sich so auf zwei Punkte verteilt hat: Gebiss und Nase. Der Leder Riemen wurde damals durch die Aufhängung der Trense durchgezogen und oben an der Nase verschnallt. So sollte der Druck zwischen dem Pferdemaul und den Trensen im Maul sozusagen aufgeteilt werden. So heißt es zumindest überall, wenn du recherchierst. Letztlich gibt es da verschiedene Geschichten und Variationen dieser Verschnallung dazu.

“Das Zuschnüren des Pferdemauls war nie ein Element der Pferdeausbildung. Bis 1937 war der Standardzaum ein Zaum ohne Nasenriemen. Für Pferde mit unruhigem Maul war temporär der Einsatz des Hannoverschen Reithalfters vorgesehen, das mit der H.Dv. 12 von 1937 zum Standard-Ausbildungszaum für Remonten wurde, dem nach ca. einem Jahr die Kandare folgte. Der vielfache Einsatz des „Hannoverschen Reithalfters“ während des 2. Weltkriegs war einzig dem Mangel geschuldet. Nie gab es einen Zusammenhang zu Verletzungen des Unterkiefers.” (ZItat VFD)

Der Sperrriemen wird aber komplett anders verschnallt und schnürt dadurch den Pferden im Grunde das Maul zu.

HIER findest du einen Artikel über die alten Meister und warum es so wichtig ist, dass wir endlich den Friedensvertrag mit unseren Pferden unterschreiben müssen

Der Sperrriemen soll trotzdem den Druck auch verteilen, heißt es so schön. QUATSCH! Er sperrt das Maul des Pferdes zu. Punkt. Wer etwas anderes behauptet redet sich das ganze Prozedere schön.

Heute wird einfach „nur“ zugeschnürt. SO oder so ist das Teil sinnlos bis kontraproduktiv. Denn wir Reiter sollten lieber an uns und unseren Hilfen arbeiten oder dem Pferd für seine Ausbildung so viel Zeit geben wie es braucht, statt “Hilfsmittel” zu erfinden, die den Druck verteilen oder das Pferd rittiger machen sollen..

INFO: Dazu sagte schon der alte Reitmeister aus der griechischen Antike, Xenophon, über Hilfsmittel: “Mach dir klar, dass die Lektionen der höheren Dressur keine Kunststücke sind, die du deinem Pferd mit Hilfe unnatürlicher Zwangsmittel beibringen kannst. Sie sind Formen der imponierenden Selbstdarstellung des Pferdes, die es in besonderen Erregungszuständen vor seinen Artgenossen von sich aus zeigt.” (Zitat Xenophon)

Pullerriemen – das Gleiche?

Der Sperrriemen kommt übrigens auch heute noch manchmal als „Pullerriemen“ in Beschreibungen daher. Kommt von „to pull“ und bedeutet „ziehen“. ZUm einen war der Pullerriemen anders verschnallt, zum anderen gilt: Riemen, Zügel und Ziehen sollten aber sowieso nicht unbedingt in einem Satz vorkommen. Denn wenn der Reiter ziehen muss, ist er entweder noch nicht gut genug oder das Pferd nicht gut genug ausgebildet. Und wenn das Pferd zieht und sich auf das Gebiss legt, ist es wohl noch nicht geduldig genug ausgebildet worden und hat nicht verstanden, was das Ganze soll. So oder so ist das ein Kreislauf der besser mit umsichtigem Training durchbrochen werden sollte, als mit Druck und einem Riemen gelöst zu werden.

Wikipedia sagt übrigens dazu: „Es stellt ein pferdefreundliches, wirksames Hilfsmittel insbesondere für heftigere Pferde dar, die häufig den Zügel aus der Hand ziehen („pullen“).“

Das ärgert mich maßlos, denn wer diesen Artikel verfasst hat, hat keine Ahnung oder ein wirklich armes Pferd. Wie kann es sein, dass die Lösung für schlechte Ausbildung und Erziehung und fehlerhaftes Verhalten des Menschen, die dann zu einem Pferd führen das sich wehrt, ein Sperrriemen sein soll, der das Maul zuschnürt? Und wie kann man das Ganze dann noch im weltweit größten Online-Lexikon als „pferdefreundliches wirksames Hilfsmittel“ bezeichnen?

Sperrriemen - No Go

Warum der Sperrriemen weg muss

Der Sperrriemen ist nicht wie die Sporen oder die Gerte, die bei sanfter Verwendung feine punktuelle Hilfen geben können. Es ist beim Sperrriemen wie bei den Hilfszügeln (auch als Ausbinder bekannt) – sie greifen in die Pferdeanatomie ein und stören den Bewegungsablauf der Pferde dadurch. Das führt zu Verspannungen, Blockaden und verhindert natürliche Prozesse im Pferdekörper und das schadet den Pferden. Punkt. Egal wie korrekt jemand meint den Sperrriemen verschnallt zu haben.

Das muss sich ändern. Deswegen will ich mit diesem Artikel aufklären über die Probleme, die dieses grauenvolle und bei Wikipedia als „pferdefreundliche“ Hilfsmittel bezeichnete Ding namens Sperrriemen verursacht.

HIER noch der Link zu einer Studie zum Thema

Die Nachteile des Sperrriemen und was er mit der Anatomie deines Pferdes macht

  1. Das Pferd ist ein in sich ausgeklügeltes System. Mutter Natur hat sich einiges bei seiner Entwicklung gedacht. Jeder Muskel greift in den anderen – wie bei einem Uhrenrädchen. Wenn der Kiefer durch den Sperrriemen festgebunden ist, also nicht so richtig locker ist, hat das Auswirkungen auf die umgebende Muskulatur. Die federt normalerweise in der Bewegung die Stöße des Körpers mit ab. Das Pferd muss im Grunde mit zusammengebissenen Zähnen zum Marathonläufer werden. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Wirbel der Wirbelsäule, die so bei jedem Schritt das abfangen müssen, was sonst die Muskulatur um den Kiefers abgefangen hätte. Die Folgen: Prellungen und Gelenkschäden.
  2. Oben zwischen Hals und Genick und Kopf des Pferdes ungefähr befindet sich die Ohrspeicheldrüse. Sie ist essentiell für das Pferd. Sie steuert unter anderem auch die Speichelproduktion des Pferdes, die absolut wichtig ist für die Pferdegesundheit. Kann der Kiefer nicht richtig bewegt werden, kann das die Ohrspeicheldrüse beeinflussen. Zumal sie besser nicht gedrückt werden sollte. Deswegen sind auch die Ausbinder, Hilfszügel oder sogar die Rollkur unter anderem schädlich für das Pferd. Mal ganz abgesehen davon, dass sie Schmerzen verursachen und als Tierquälerei bezeichnet werden können.
  3. Der Sperrriemen sperrt im wahrsten Sinne des Wortes das Pferdemaul zu. Das Pferd öffnet normalerweise das Maul etwas, wenn Druck auf die Trense ausgeübt wird, um auszugleichen. Das kann es logischerweise nicht, wenn das Maul zugeschnürt ist. Dazu kommt, dass ganz viele Nerven im Pferdemaul sitzen. Auch dort, wo der Trensendruck landet, wenn der Reiter die Zügel annimmt. Das hindert den Schluckreflex daran loszulegen und das wiederum blockiert den Kehlkopf. Wenn also ein Pferd so richtig schön schäumt ist das kein gutes Zeichen. Wird ja gerne so behauptet.
  4. Die Pferdeanatomie erlaubt Pferden übrigens nur fressen oder atmen gleichzeitig, das hat auch etwas mit Luft- und Speiseröhre zu tun, sagt der Forscher Robert Cook, der das Bitless Bridle daraufhin erfunden hat. Speichelt also das Pferd fröhlich und kann nicht schlucken, kann es auch schlechter Atmen. Pferde speicheln aber beim Laufen und können dann ihren Speichel nicht mehr richtig schlucken. Das erschwert wiederum das Atmen und es fühlt sich mehr als unangenehm an. Ist das Maul zugesperrt, wird das nicht besser. Kann man sich gut vorstellen, wenn man weiß, wie schnell ein fieses Gefühl entsteht, sobald wir unseren Gaumen „kitzeln“.
  5. Speichel ist aber nicht nur nass, er sorgt auch dafür, dass der Magen des Pferdes einwandfrei funktioniert. Der Pferdemagen arbeitet konsequent – 24 Stunden täglich – anders als bei uns Menschen. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Pferde nie länger als 4 Stunden ohne Futter sind. Denn es schießt permanent Magensäure in den Magen ein. Ist da weder Futter noch schützender Speichel (der basische Mineralien enthält), dann greift die Magensäure zwangsläufig die Magenwand an. Das führt zu Magenproblemen und natürlich langfristig auch zu Schmerzen beim Pferd.
  6. Habe ich schon erwähnt, dass am ganzen Pferdekopf an verschiedenen Punkten empfindliche Nerven liegen? Deswegen ist es auch so wichtig, dass jede Zäumung wirklich gut und richtig sitzt. Da wo der Sperrriemen sich in aller Regel befindet, wächst ein empfindlicher Nerv aus dem Schädel der Pferde und verläuft quasi unter der Haut.

Dazu kommt die Zeit ist Geld-Mentalität vieler Reitschulen und auch Reiter. Der Sperrriemen, genau wie der Hilfszügel kaschiert vieles:

  • Schlechter Sitz in den Sätteln
  • Reiter hält sich über die Zügel fest oder sein Gleichgewicht
  • zu unruhige Hände
  • zuviel Einfluss über die Reiterhand und zu wenig über Gewicht und Schenkelhilfen
  • zu schlecht und schnell ausgebildete Pferde die über zu starke Einwirkung in die Übungen gepresst werden

Statt also all das mit dem Sperrriemen zu kaschieren, könnte man doch besser an der Ausbildung von Reiter und Pferd arbeiten, oder?  

Du siehst also, dass es viele anatomisch relevante Gründe gibt, die dagegen sprechen. Die Pferde sind im Grunde die ganze Zeit dabei sich mit ihrem Körper irgendwie gegen all die Schwierigkeiten zu gewöhnen, die ihnen der Sperrriemen macht – das bedeutet auch, dass sie mit dem Kopf nicht so sehr bei ihrem Reiter sein können, weil sie leiden. Es ist aber nicht wie mit den Kandaren, vielen anderen Reithalftern oder Sporen, dass der Nasenriemen eine Frage der weichen und sanften Reiterhilfen ist, sondern er ist grundsätzlich ein Hilfsmittel, das weder nötig ist, noch dem Pferd nutzt, sondern (betrachtet man all die Studien zu diesem Thema) dem Pferd eher schadet.

HIER in dem Buch findest du alles, was du über die Pferdeanatomie wissen musst:“Finger in der Wunde: Was Reiter wissen müssen, damit ihr Pferd gesund bleibt“*Sperrriemen 1

Sperrriemen 2

Es wäre also nicht nur pferdegerecht und fair, sondern sogar noch egoistisch von dir den Sperrriemen sofort abzuschnallen – denn dein Pferd wird mehr Geist, Kopf und Energie haben, um sie in eure gemeinsame Zeit zu investieren, wenn es dieses unsägliche Ding nicht mehr ums Maul geschnürt hat.

Bestätigt wird das übrigens durch eine Studie des emeritierten Professor Dr. Holger Preuschoft von der Universität Bochum, der in einer mathematischen Studie berechnet hat, ob ein Sperrriemen einem Pferd anatomisch überhaupt all das erlauben kann, was es braucht um sich schmerzfrei und stressfrei unter dem Reiter bewegen zu können.

„Damit ein Pferd wirklich kauen und eine Belohnung aufnehmen kann, muss es seine Schneidezähne mindestens 16 Millimeter auseinander bewegen können. Festgeschnallte Nasenriemen sind nicht nur sinnlos, sondern ein Fall für den Tierschutz!“ (Zitat Holger Preuschoft)

Wir müssen wieder zurück zum feinen Reiten, dem ausbalancierten Sitz, den Gewichts- und Schenkelhilfen.

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Warum auch das Hannoveranische Reithalfter eine Art “Sperrriemen” hat

Das hannoveranische Reithalfter hat tatsächlich ein paar Tücken, die vielen nicht bewusst sind. Der Nasenriemen wird beispielsweise tiefer verschnallt als normalerweise üblich – etwa 4 Fingerbreit über den Nüstern – das bedeutet, dass er sehr schnell von außen auf die Atem”wege” drücken kann, wenn er minimal zu tief verschnallt wird oder gar das Nasenbein brechen kann, wenn er zu tief liegt.

Es ist ein schärferer Zaum, der auf Maul, Kinn und Nasenbein Druck ausübt in der Einwirkung. Außerdem hat er eine Maulsperre durch seine Verschnallung, die ähnlich einem Sperrriemen wirkt. Das soll für eine ruhigere Lage des Gebisses im Pferdemaul sorgen. Kommt dir dieser Satz aus den Beschreibungen zum Sperrriemen weiter oben bekannt vor? Genau! Deswegen erwähne ich das Teil hier auch explizit.

Das Ergebnis zur Studie über Sinn und Unsinn des Sperrriemens

„Damit ein Pferd wirklich kauen und eine Belohnung aufnehmen kann, muss es seine Schneidezähne mindestens 16 Millimeter auseinander bewegen können. Festgeschnallte Nasenriemen sind nicht nur sinnlos, sondern ein Fall für den Tierschutz!“ (Zitat Holger Preuschoft)

FALLSTUDIE: NASENRIEMEN BEEINFLUSSEN DIE FASZIEN UND NERVEN DES PFERDEKOPFES

Wie wirken sich die verschiedenen Nasenriemen von gängigen Kopfstücken auf die Faszien und Nerven am Pferdekopf aus? Damit beschäftigte sich ein Vortrag des 5. “International Fascia Research Congress”, der Mitte November in Berlin stattfand. Der Kongress drehte sich um Forschung und Rehabilitation sowohl in der Humanmedizin als auch im Veterinär-Bereich.

SO BEEINFLUSSEN NASENRIEMEN DIE FASZIEN UND NERVEN DES PFERDEKOPFES

Der Titel der vorgestellten Fallsudie lautet: “Effect of noseband positioning to the fascial and neural dynamics of the head – Effekt der Positionierung von Nasenriemen auf die Faszien- und Nervendynamik des Kopfes”. Sie fasste neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von Druck und Positionierung der Nasenriemen zusammen.

SPERRRIEMEN UND NASENRIEMEN UNTER DER LUPE

Die Wissenschaftler untersuchten dabei drei verschiedenen Positionen: der Sperrriemen über dem Maul, der Nasenriemen eines kombinierten Reithalfters sowie der etwas höher sitzende Nasenriemen einer Kandare. Dafür wurde ein Pferdekadaver-Kopf mit Klebeband an den drei betroffenen Stellen präpariert. Dann wurden Gesichtsnerven gezogen. Die Positionen und Bewegungen der Faszie und des Nervs wurden mit Videokamera und Imaging aufgezeichnet.

Das Ergebnis: Der von den Nasenbändern ausgeübte Druck begrenzt die Bewegung des Nervs und die Elastizität der umgebenden Faszienschicht – vor allem dann, wenn er über, unter oder relativ weit vom Nervenrumpf gelenkt wird. Das bedeutet, dass die tiefste Positionierung wie die eines Sperrriemens die größte Auswirkung habe, da sie die Gleitfunktion der Faszie einschränke und die Nerven sogar direkt drücken könne. Die höchste Positionierung wie sie bei Kandaren-Zäumungen gängig ist und dabei die Jochbeine berühren kann, verursache ebenfalls Bewegungsstörungen sowohl der Faszien als auch der Nerven. Die mittlere Position schien den geringsten Einfluss auf den Gesichtsnerv und die Faszie zu haben.

AUCH DAS STIRNBAND KANN NERVEN UND FASZIEN BEEINFLUSSEN

Die Studie zeigte auch auf, dass sich Verspannungen des Kaumuskels Musculus Masseter und der Ohrregion auf die Faszien- und Nervendynamik des Kopfes auswirkten. Da das neuronale System aus mehreren Komponenten besteht, kann jede Spannung, die vom Fasziensystem ausgeht, die Nerven auf vielen Ebenen beeinflussen.

Der Rat der Forscher: Daher sollte die gesamte Trense korrekt und individuell angebracht werden, um sicherzustellen, dass der Nasenriemen und das Stirnband locker genug sind und keinen Druck auf den Pferdekopf ausüben. Ein niedriger Nasenriemen in Kombination mit hohem Druck scheint die meisten Funktionsstörungen des Faszien- und Nervensystems zu verursachen.

DIE AUTOREN DER FALLSTUDIE

Beteiligt an der Fallstudie und Vortrag waren die finnischen Physiotherapeuten, Tuulia Luomala und Mika Pihlman, in Zusammenarbeit mit Rikke M. Schultz (DVM, RMS Equine Practice, Dänemark) und Vibeke S. Elbrond (DVM, Ass. Prof. Anatomy, Fakultät für Gesundheit und Gesundheit, Kopenhagen Universität Dänemark).

Quellen

http://www.eurodressage.com/2018/11/25/effect-noseband-positioning-fascial-and-neural-dynamics-head?fbclid=IwAR1H_eubLOS92mtTdua5AtC9NCjWkO4CK-pup7YWqDWLrwden5UtbK7JMRw

Abstract: http://fasciacongress.org/wp-content/uploads/2018-abstracts/191.pdf

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