Kandare
Die Kandare ist eine Zäumung für Pferde. Neben den verschiedenen Trensen und gebisslosen Zäumungen, hat auch die Kandare einen festen Platz in der Reiterwelt. Vor allem in der Dressur und bei klassischen Reitweisen gehört die Kandare oft dazu, da sie in einer feinen und sehr ruhigen erfahrenen Reiterhand und in den höheren Lektionen der Dressur durchaus unterstützend und positiv für das Pferd genutzt werden kann. Gleichzeitig ist sie aber auch sehr “scharf” und hat eine Hebelwirkung, die nicht in unerfahrene Reiterhände gehört.
Wie jede Zäumung hat sie eine Wirkung und wir müssen uns als Reiter der Wirkung bewusset sein, wenn wir sie einsetzen.
Die Kandare gehört nicht in Anfängerhände und sollte niemals genutzt werden, um das Pferd zu “kontrollieren” oder besonders “heisse” Pferde besser zurückhalten oder gar stoppen zu können. Sie ist nicht fürs “halten” gedacht und muss – wenn überhaupt – mit sehr weicher Hand geritten werden.
Welche Wirkung hat die Kandare und wieso
Die Kandare hat eine Hebelwirkung. Erstens aufgrund der Tatsache, dass das Gebisstück nicht gebrochen ist und zweitens weil sie eine Verstärkung an der Seite hat. Sie wirkt also deutlich schärfer im Pferdemaul als zum Beispiel eine gerne genutzte Wassertrense oder auch eine Stange.
Was bedeutet Kandare und wird sie definiert
Das Wort Kandare kommt aus dem Ungarischen und wird von dem Wort “kantar” = Zaumzeug abgeleitet.
Eine Kandare ist ein ungebrochenes Gebissstück mit einer sehr starken Hebelwirkung. Dein Pferd spürt kleinste Bewegungen der Hand schon sehr deutlich im Maul. Genau deswegen gehört sie auch nicht in Anfängerhände und sollte erst Recht nicht zur Kontrolle von Pferden eingesetzt werden.
Sie ist ein sehr feines Kommunikationstool für erfahrene Reiter in den höheren Dressurlektionen. Erfahrene Reiter nutzen sie zur Verfeinerung der Hilfen, vor allem für die hohen Dressurlektionen, Biegung und Stellung und um das Pferd im Kiefergelenk besser lösen zu können.
Warum die Kandare für die meisten Reiter nichts ist
Du darfst nie vergessen, dass durch die Hebelwirkung enorme Kraft auf das Pferdemaul ausgeübt wird und es zu Verletzungen im Pferdemaul kommen kann, wenn die Kandare falsch genutzt wird. Wir Reiter sollten jedem Ausrüstungsgegenstand kritisch gegenüberstehen und uns immer der Wirkung bewusst sein – besonders gilt das für Ausrüstungsgegenstände, die Kraft entwickeln können. Deswegen solltest du die Kandare und deren Einsatz immer kritisch auf den Prüfstand stellen und dir genau überlegen, ob du sie nutzen möchtest und wozu.
Ich bitte dich also – falls du gerade überlegst sie zu nutzen – dir genau zu überlegen, ob du so ruhige und feine Hände und einen so ausbalancierten Sitz hast, dass du gewährleisten kannst, dein Pferd nicht zu verletzen und deinem Pferd keine Schmerzen zuzufügen. Letztlich kann die Kandare in der falschen Hand zu einem “Folterinstrument” werden. Deswegen gehört sie – ehrlich gesagt – nicht in viele der Hände, die vielleicht aktuell nutzen.
Frage dich ganz ehrlich und genau, ob du die Reiterliche Fähigkeit besitzst mit einer so scharfen Zäumung umzugehen und natürlich: ob die Kandare wirklich sein muss.
Denn viele Reiter nutzen sie leider, um ihr Pferd halten oder ein Pferd, das vermeintlich Hilfen der Zügel ignoriert, besser lenken zu können oder eine Anlehnung zu erreichen, die ihnen mit einer sanfteren Trense nicht gelingt.
Das Pferd wird vielleicht dem Kandarenzügel optisch nachgeben, weil es Schmerzen hat. Aber die Muskeln werden gleichzeitig verspannen, es wird tendenziell eher versteifen, nach und nach sein Vertrauen in die Fairness des Menschen verlieren und letztlich nur versuchen dem Schmerz zu entgehen. Es gibt dann nicht NACH sondern AUF. Das ist weder besonders förderlich für gutes und gesundes Reiten, noch in irgendeiner Form artgerecht, tiergerecht oder fair. Es ist schlicht falsch aus diesen Gründen eine Kandare zu nutzen. Es macht nur Probleme und fügt dem Pferd Schmerzen zu.
HIER schreiben die Pferdeblogger von “Wege zum Pferd” warum und wie sie die Kandare nutzen
Die Kandare – so sieht sie aus
Die Kandare ist im Grunde eine Stange, die quer durch das Pferdemaul geführt wird, rechts und links außerhalb des Pferdemaules sind die Querstangen (Bäume), die zusammen mit der Stange für die Hebelwirkung sorgen. Zwischen Backenstück des Kandarenzaumes und Zügeln am unteren Teil der Bäume bestehen Verbindungen. Dazu kommt die Kinnkette, die unter dem Kinn des Pferdes (Kinngrube) verläuft und in den Haken verschnallt sind. Das verstärkt die Hebelwirkung noch.
Die 3 Hebel der Kandare
- Das Gebiss in Stangenform in Kombination mit den “Bäumen”: Durch den Zug am Zügel auf das Pferdemaul –> kann es zu Verletzungen am Maul kommen
- Kinnkette und Stangen: Durch den Druck auf den Unterkiefer zwischen Stange und Kette am Kinn –> kann es zu Quetsch-Verletzungen führen
- Außerdem entsteht ein Zug auf das Pferdegenick durch die Form des Zaumzeuges
Die Unterlegtrense
Anders als beim Westernreiten (da entspricht tendenziell das Bridle (Bosal mit Kandarengebiss) der Kandare in der Ausbildungsstufe) wird die Kandare in der Dressur immer von einer Unterlegtrense begleitet. Das ist eine dünne Trense, die über der Stange ist und mit einem weiteren Zügel verbunden ist. Die Unterlegtrense ist über der Kandare.
Dadurch wirkt erstmal die Trense – sie sollte übrigens auch ein bisschen breiter sein als die Kandare und jeweils etwa einen halben Zentimeter außerhalb des Maules ragen – an dem einen Zügel und dann die Kandare am anderen Zügel.
Es gibt verschiedene Versionen, die Kandare zu reiten. Drei zu eins, in einer Faust bis zu geteilten Zügeln. Mehr dazu erfährst du HIER.
Eine Kandare ist je weicher, desto fester die Hebel verbunden sind, je nach Gestaltung der Unterlegtrense (einfach oder doppelt gebrochen) und je nach Gestaltung der Kette am Kinn (sehr eng verbundene Glieder), weil der Druck sich dann auf mehrere Glieder verteilt.
Kandaren sind im Grunde feste Metallstangen, die durch das Pferdemaul geführt werden und die für die Hebelwirkung rechts und links jeweils eine Art Querstange angebracht haben (die Bäume). Die Zügel sind an dieser Querstange rechts und links befestigt. Dazu kommt dann noch eine Metallkette unterm Pferdemaul, die zusammen mit den Querstangen und der Metallstange im Maul eine ganz schön heftige Hebelwirkung auf das empfindliche Kiefer, Maul und die Zunge des Pferdes ausüben kann.
Deswegen ist es wichtig, dass bei den Kandaren nicht einseitig Kraft auf den Zügel ausgeübt werden. Es entsteht ein Gefühl des Ungleichgewichts durch die ungebrochene Form der Gebissstange. Auf der einen Seite am Unterkiefer, auf der anderen Seite am Oberkiefer. Das kann verwirrend sein für das Pferd.
Deswegen muss das Pferd also schon sehr gut auf Gewicht und Schenkel reagieren, da die Kandare sonst nicht richtig genutzt werden kann. Es sollte schon eine vage Ahnung haben, was Versammlung bedeutet. Durch den Druck der Gebissstange auf einerseits Unterkiefer und andererseits die Zäumung im Genick wird ein fein gerittenes Pferd dann schneller verstehen, dass es sich einerseits aufrichten und andererseits mehr auf die Hinterhand setzen soll. Das ist die Idee hinter der Kandare. Das muss man mit Vorsicht genießen – denn falsch eingesetzt wird die Kandare zu einem Marterinstrument.
Wozu dient die Kandare
Die Kandare dient aufgrund all dieser Punkte nur dazu, um die Hilfengebung auf höchstem Niveau zu verfeinern. Das bedeutet, dass sowohl Pferde als auch Reiter wirklich gut ausgebildet sein müssen, um mit der Kandare zu arbeiten. Beide müssen das Konzept der Anlehnung beherrschen, der Reiter braucht eine sehr ruhige und feine Hand und sowohl das Pferd als auch der Reiter brauchen schon eine sehr gute Idee von der Versammlung.
Sie dient NICHT dazu Pferde am Durchgehen zu hindern. Erfahrene Reiter, vor allem in der Dressur, sollten die Kandare eigentlich nutzen um feinere Hilfen geben zu können. Leider wird die Kandare oft genutzt, wenn Reiter ihr Pferd mit der einfachen Trense nicht unter Kontrolle haben, da sie eine schärfere und schmerzhaftere Wirkung auf das Pferd hat.
Wer mit Kandare reiten will, muss also über eine ruhige Hand verfügen, einen unabhängigen Sitz und sensible Hände beim Reiten. Das Pferd muss in der Ausbildung soweit sein, Anlehnung und Versammlung beherrschen und der Reiter sollte über das Koordinationsvermögen verfügen mit vier Zügeln zu reiten.
Mir sträubt sich alles, wenn ich lese, wie viele Reiter die Kandare nutzen
Bestimmt kannst du die Kandare bzw. ein Kandarengebiss auch fein nutzen, aber in mir sträubt sich alles, wenn ich lese, dass Menschen im Reitsport die Kandare nutzen um ihr bockiges Pferd im Gelände besser im Griff zu haben. Es ist schlimm, wenn der Mensch sein Tier mit Schmerz im Griff haben will. Dann doch lieber in kleinen Schritten am Vertrauen arbeiten und ein einfaches Reithalfter nutzen – sei es nun mit oder ohne Wassertrense.
Wenn die Kommunikation nicht stimmt, dann macht es eher Sinn wieder abzusteigen und die Bindung sowie Kommunikation über Bodenarbeit und Training zu erarbeiten, statt über mehr Hilfsmittel, Hebelwirkung und letztlich Gewalt – wie mit einer falsch angewendeten Kandare.
Die Dressurkandare übt im Gegensatz zu einem “normalen” Reithalfter extremen Zug auf das Maul aus. Dann wird der Unterkiefer durch Gebissstange und Kinnkette gepresst , die damit verschnallt sind, und es entsteht Zug auf das Genick.
By the way: Wenn der Zug zwischen Kinnkette und Gebiss zu stark ausgeübt wird, kannst du deinem Pferd durch die Art und Weise, wie sie verschnallt ist und die dadurch entstehende Hebelwirkung, tatsächlich das Kiefer brechen. Das sollte sich jeder Pferdemensch erst einmal vor Augen halten, bevor die Dressurkandare zum Einsatz kommt.