Trifft ein Franzose einen Holländer.. so ähnlich fangen immer besonders schlechte Witze an. Warum ich dir das jetzt erzähle? Weil du im Grunde der Franzose bist und dein Pferd der Holländer. Ihr kommt aus verschiedenen Kulturen und sprecht verschiedene Sprachen. Aber keine Angst – ihr müsst kein Dasein als “schlechter Witz” fristen. Denn es gibt einen gemeinsamen Nenner. Eine universelle Sprache.
Das ist das Gefühl. Daran glaube ich fest. Das ist der Faden der euch verbinden kann – fester und stärker als jede Technik. Das ist die Kommunikationsebene, die Pferd und Mensch verstehen. Das ist der gemeinsame Nenner und die Ebene auf der ihr euch treffen könnt. Du und dein Pferd.
- Das Gefühl: als gemeinsame Ebene
- Das Gefühl: als Band zwischen dir und deinem Pferd
- Das Gefühl: als Bauchgefühl
- Das Gefühl: als Kommunikationsmittel
Technik und Gefühl beim Pferdetraining
Technik ist gut und schön. Es macht auch Sinn zu wissen wie Pferde ticken. Es ist durchaus gut zu wissen, was Biomechanik ist und wie die Anatomie deines Pferdes funktioniert. Es ist schön, wenn du Kurse besuchst und dir Techniken aneignest, wenn es eine konsistente Hilfengebung gibt. All das ist wichtig und ein großer Teil des gemeinsamen Zusammenseins. Aber letztlich ist die ganze Technik aus meiner Sicht Teil einer Sprache, die du und dein Pferd beide neu lernen müsst, um konkret miteinander kommunizieren zu können. Die Sprache, die ihr beide aber schon perfekt beherrscht ist das Gefühl. Dieses unsichtbare und wunderschöne Band, das zwei Wesen miteinander verbinden kann. Wenn das Gefühl fehlt oder im schlimmsten Fall sogar aus Aggression, Wut, Angst, Unsicherheit und all den anderen möglichen negativen Facetten besteht, dann kann es jegliche gute Beziehung verhindern. Dann hilft dir aus meiner Sicht keine Technik weiter – wenn es dir wirklich um eine Beziehung geht.
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Versteh mich nicht falsch – die Technik ist auch wichtig. Sie kann weiterhelfen, wenn gerade Verwirrung im Gefühlschaos herrscht oder wenn das Pferd deine Gefühle gerade nicht versteht oder wenn du einen Fixpunkt brauchst an dem du dich orientieren kannst oder wenn du klare einfache Signale setzen willst. Zum Beispiel wenn du reitest und deinem Pferd sagen willst, dass es rechts oder links gehen soll.
Aber ich würde so weit gehen und sagen: Ohne Gefühl ist alles nichts.
Das Gefühl als gemeinsame Ebene – Trifft ein Franzose einen Holländer
Die Sprache der Gefühle hat verschiedene Facetten. Eine ist das Gefühl, das wir ausstrahlen und in der Kommunikation mit dem Pferd bewusst oder unbewusst nutzen.
Kommen wir zurück zu dem schlechten Witz:
Trifft ein Franzose einen Holländer… Dann versteht erst einmal keiner, was der andere sagen will. Sie stammen aus unterschiedlichen Kulturen und haben deswegen einen unterschiedlichen Blickwinkel auf die Geschehnisse. Sie reden unterschiedliche Sprachen mit einer unterschiedlichen Grammatik. Sie reagieren unterschiedlich auf Dinge, die passieren, weil sie unterschiedliche sozialisiert wurden. Du ahnst, was ich sagen will? Dein Pferd kommt aus einer anderen Kultur, es spricht eine andere Sprache und es anders sozialisiert worden als du.
Trifft ein Franzose einen Holländer… dann können beide mit Händen und Füßen gestikulieren. Das versteht man. International. Was ein Winken ist oder eine ablehnende Körperhaltung oder ein Fingerzeig in eine Richtung um den Weg zu beschreiben, nach dem der andere fragt. Das ist universell. Die Körpersprache. Auch die eint dein Pferd und dich.
Trifft ein Franzose einen Holländer… und sie sind sich beide wohlgesonnen. Deswegen lächeln sie freundlich. Da geht eine Wärme aus von beiden. Dann spüren beide dieses Gefühl. Sie lächeln vielleicht noch mehr oder stehen entspannt nebeneinander. Genauso wie beide fühlen können wenn der andere wütend ist oder schlechte Laune hat. Dann liegt eine Aggression in der Luft. Du ahnst vielleicht, was ich sagen will?
Das ist die Sprache der Gefühle. Dein Pferd beherrscht sie aus dem Effeff. Denn sie ist neben der Energie und der Körpersprache die meistgesprochene Sprache in der Pferdeherde. Sie können deine Atmung deuten, deinen Herzschlag und deinen Hormonlevel, sagen Experten. Sie sind als Fluchttiere darauf geeicht zu spüren, wann Gefahr in der Luft liegen könnte und wann Frieden das vorherrschende Gefühl ist. Pferde sind Harmonietiere und fühlen sich deswegen zu den guten Gefühlen hingezogen. Gleichzeitig wollen sie als Fluchttiere auch klare Gefühle und Sicherheit spüren bei ihrem Gegenüber.
Das alles kannst du deinem Pferd bieten, wenn du deine Gefühlswelt kennst und lernst sie entspannt im Griff zu haben. Dann wird dein Pferd deine Gefühle analysieren können und sich bei dir wohlfühlen, weil du authentisch bist, weil du kein Gefühlschaos verbreitest und weil du vor allem positive oder kare Gefühle schickst. Gefühle, die dein Pferd versteht.
Was es nicht wirklich versteht sind negative Gefühle wie Aggression, Genervtsein, Wut oder Stress, Unsicherheit oder Hektik. Klar – auch in der Herde ist ein Pferd mal genervt vom anderen. Aber das sind Momentaufnahmen, die sich innerhalb von Sekunden abspielen und danach wieder verpuffen. Diese nachtragende und anhaltende Wut die wir Menschen manchmal in uns tragen können Pferde genauso wenig verstehen wie Stress oder Hektik. Zumindest wenn es grundlos ist, aus der Sicht des Pferdes. Es wird sich vielmehr fragen, warum du so hektisch und gestresst bist und Gefahr vermuten. Entweder wird es dadurch verunsichert, weil es permanent den Löwenangriff erwartet, oder es verliert nach und nach das Vertrauen in dich, weil du offenbar Situationen als gefährlich einschätzt, die es gar nicht sind. Und kein Pferd will unnötig Stress verspüren. Sie streben nach Gleichklang, Ruhe und Sicherheit.
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Das Gefühl als Band – Hinspüren zum Pferd
Eine weitere Facette ist das Gefühl als Band zwischen dir und dem Pferd. Ob du willst oder nicht – verbindet euch beide immer ein Gefühl sobald du und dein Pferd in einem Raum seid. Es liegt in der Luft. Du strahlst Gefühle aus, die dein Pferd spürt und die es beeinflussen können und dein Pferd hat vielleicht auch Gefühle aus seinem Tag in das Training mitgebracht.
HIER hat Nadja von VerstehePferde über das Gefühl beim Training geschrieben
Gefühle liegen also zwischen euch. Wie Energiebälle schweben sie durch den Raum, legen sich wie eine Decke über dich und dein Pferd. Manchmal spielst du ein Gefühl zum Pferd und manchmal spielt dein Pferd ein Gefühl zurück.
Das Wichtige daran: Du entscheidest maßgeblich mit wie die Gefühle aussehen die zwischen euch schwingen. Ein Pferd ist ein Harmoniewesen – es hat tendenziell das Bestreben mit seinem Gegenüber eine gütliche Lösung zu finden und wird als Herdentier eher dazu neigen nachzugeben – des lieben Friedens willen. Das ist wichtig zu wissen, denn aus genau dem Grund gehen viele Pferde immer wieder über ihre eigenen Bedürfnisse oder auch Schmerzen hinweg und stumpfen uns gegenüber ab, wenn wir ihnen nicht zuhören und immer wieder zeigen, dass sie mitreden dürfen.
Deswegen – und jetzt kommen wir zum Bauchgefühl – ist es wichtig, dass wir zum Pferd hinspüren und hinhören, damit wir merken, wann ein Pferd nicht kann, Schmerzen hat oder mit den Gefühlen überfordert ist, die wir ihm gerade schicken. Wenn wir lernen im Training auf unser Bauchgefühl zu hören, die Gefühle des Pferdes wahrzunehmen und zuzulassen und auch mal von unseren Ideen und Zielen abzuweichen, weil wir das Gefühl haben, dass das Pferd heute gerne etwas anderes machen möchte oder das Gewünschte einfach nicht machen kann – dann werden wir nach und nach eine immer bessere Bindung zu unserem Pferd bekommen.
Das Gefühl als Bauchgefühl – Was Gefühl alles bewirken kann
Ein Beispiel: Meine Stute geht sehr gerne spazieren. Wir machen das häufig und vieloc – doch plötzlich wollte sie nicht mehr mit. Sie hatte keine Angst – dieses Gefühl lag nicht in der Luft. Sie hatte auch keine Widersetzlichkeiten und ihr Nein war auch nicht bockig. Sie hat mich vielmehr angeschaut und das Gefühl, das sie mir geschickt hat war ein “bitte nicht”. Ich hätte jetzt mit Technik und nach Schema F sagen können “ich lasse mich doch nicht verarschen” – “die hat einfach nur keinen Bock”, ich hätte mit Technik darüber hinwegtrainieren und sie durchzwingen können. Aber da für mich Gefühl und Kommunikation keine Einbahnstrasse sind und mir mein Bauchgefühl gesagt hat, dass mein Pferd mir etwas sagen will, habe ich den Tierarzt gerufen.
Er hat festgestellt, dass sie eine leichte Ballenentzündung hat. Auf unseren Spazierwegen liegen jede Menge Kieselsteine. Jeder einzelne hätte Schmerzen verursachen können. Deswegen hat mein kluges Pferd “bitte nicht” gesagt.
Das eigentlich faszinierende an dieser Geschichte ist aber, dass meine eigentlich gar nicht so kuschelige Stute seitdem noch zugewandter ist als vorher. Sie kommt noch eifriger ans Gatter, legt ihren Kopf öfter auf meine Schulter, lässt sich länger kraulen. Sie lässt sich seitdem wieder einen kleinen Hauch mehr fallen als vorher. Ich denke, weil wir miteinander gesprochen haben, weil sie mir ein Gefühl geschickt hat, das ich respektiert habe. Sie hat einmal mehr verstanden, dass sie sich auf mich verlassen kann und ich ihr zuhöre.
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Das Gefühl als Kommunikationsmittel – Wie du in “Gefühlsprache” sprechen kannst
Gefühle liegen in uns, wir tragen sie die ganze Zeit mit uns und je nach Pferd oder Mensch tragen wir sie auch vor uns her. Zum einen ist es also wichtig uns unserer Gefühle bewusst zu sein, zu wissen wer wir sind und wie wir wirken, damit wir sie sortieren und als Sprachrohr nutzen können. Ich versuche hier eine kurze Zusammenfassung, denn letztlich ist das eigentlich einen ganzen riesigen eigenen Artikel wert.
Hier also die kurze Zusammenfassung: Zu wissen wer wir sind ist ein langer Weg der Selbsterkenntnis. Wir können ihn schulen, indem wir uns immer wieder selbst beobachten. Indem wir uns fragen, warum wir in verschiedenen Situationen wie genau reagiert haben. Indem wir mit guten und ehrlichen Freunden sprechen und sie fragen, wie sie uns einschätzen. Und so weiter und so weiter und so weiter.
Je klarer wir unsere Gefühle kennen und je mehr wir in uns ruhen, desto klarer sind auch die Gefühlsworte, die wir an unsere Pferde schicken können, weil uns kein Gefühlschaos mehr umschwirrt und umgibt. Das erleichtert den Pferden das Filtern unserer Kommunikation enorm.
Ganz konkret: Gefühlssprache sprechen
Gefühle sind im Grunde Energie. Gute und schlechte Energie. Fordernde und entspannte Energie – je nach Gefühl. Pferde sind Energiewesen und verstehen die Gefühle und ihre Energie deswegen ziemlich gut. Unsere Gefühle werden also zu Energie. Diese Energie setzt sich in unserem Körper fort und in Körpersprache um. Diese Energie und die Gefühle können wir mit unseren Gedanken und der Atmung beeinflussen.
Hier ein paar Beispiele zur Veranschaulichung:
- Wenn wir ruhig und gelassen atmen werden wir schon einmal das Gefühl “Sicherheit” ausstrahlen. Die Basis für eine gute Kommunikation mt dem Pferd.
- Wenn wir unser Pferd wohlwollend betrachten und kleine Hüpfer oder Dinge, die nicht funktionieren, nicht persönlich nehmen, wird unser Pferd das spüren und sich bei uns aufgehobener fühlen.
- Wenn wir uns in Gedanken ganz genau vorstellen, wie unser Pferd gelassen ein paar Schritte rückwärts tritt, wenn wir es wie in einem Kinofilm in unserem Kopf vor uns sehen, dann wird aus dem Gedanken ein Gefühl, aus dem Gefühl Energie und die Energie überträgt sich auf unseren Körper in kleinsten Muskelbewegung, die das Pferd als Muskelleser sehen und interpretieren wird
- Wenn dein Pferd dir Gefühle schickt, wird es dich dafür lieben, wenn du sie wahrnimmst und darauf reagierst.
- Sei es indem du deinem Pferd sagst, dass du seine Angst bemerkt hast, es aber keinen Grund gibt, weil alles sicher ist gerade.
- Sei es indem du dem Gefühl deines Pferdes folgst und das Training abänderst, weil dein Pferd dir sagt, dass es heute nicht so gut kann oder will
- Sei es indem du das Gefühl wahrnimmst, das im Raum liegt und gemeinsam mit deinem Pferd in dieser Gefühlsblase bleibst und sie genießt oder – wenn es eine negative Gefühlsblase ist du sie weglächelst, ausatmest und mit deinem Pferd wieder entspannst
Um dieses ausführliche Thema kurz zusammenzufassen: Wenn du dir über dich selbst im Klaren bist, kein Gefühlschaos dich umschwirrt und du in Gedanken und Bildern kommunizierst und wenn du die Gefühle deines Pferdes wahrnimmst, ihm zuhörst und sie in das Training einfließen lässt, wirst du so viel schneller, so viel mehr erreichen mit deinem Pferd. Davon bin ich überzeugt.
Gedankenreise mit dem Pferd
Darf ich dich auf eine Reise mitnehmen? Eine Reise zu deinem Pferd, zu all den kleinen und großen Momenten, die ihr miteinander teilt und eine Reise in eure Vergangenheit. In eure Anfänge zum Beispiel oder in die ersten gemeinsamen Monate und Jahre. In dein Leben, bevor dein Pferd da war und in die letzte Woche, die letzten Monate. Eine Reise durch dein Leben und deinen Alltag mit deinem Pferd. Eine Gedankenreise durch die letzten Tage und Wochen. Das Ziel dieser Reise? Achtsamkeit, Erkenntnis und vielleicht auch Glück. Das liegt bei dir.
Gedankenreisen Pferd. Beide Wörter klingen zusammen erst einmal esoterisch und vielleicht auch ein bisschen merkwürdig. Und du fragst dich vielleicht, warum du jetzt in meinen Gedankenzug einsteigen und mitreisen solltest? So esoterisch ist das gar nicht, ich kann dich beruhigen. Es ist einfach nur eine schöne Art und Weise, das Leben aus dem richtigen Blickwinkel zu betrachten. Und das wiederum wird dir zeigen, wie wundervoll schon vieles ist, wie viel du erreicht hast, es kann dir helfen deine Erwartungen gerade zu rücken oder deinen Stress zu minimieren, es kann dir dabei helfen dich selbst, dein Pferd und eure Beziehung zu entdecken.
Diese Reise hat vor allem ein Ziel: Mehr Glück und Zufriedenheit mit deinem Pferd.Denn immer wieder stelle ich fest – wenn ich Mails lese oder mit Pferdemenschen reden oder auch mich selbst ansehe – dass die Erwartungen oft sehr hoch sind. An uns und an unsere Pferde. Wir wollen oft zu schnell zuviel. Bei all den Erwartungen, die wir haben, vergessen wir dann manchmal die vielen kleinen Dinge, die jeden Tag passieren und die vielen Erfolge, die wir zusammen mit unseren Pferden haben. Und die kurze Zeit, die wir erst zusammen verbringen. Oder wenn das Pferd plötzlich anders ist, etwas nicht macht, was es schon konnte oder mal ein paar Tage nicht mehr ans Gatter kommt – hinterfragen wir manchmal zuviel.
KOMMST DU MIT AUF EINE REISE? ZU MEHR GLÜCK UND ZUFRIEDENHEIT
Denn immer wieder stelle ich fest – wenn ich Mails lese oder mit Pferdemenschen reden oder auch mich selbst ansehe – dass die Erwartungen oft sehr hoch sind. An uns und an unsere Pferde. Wir wollen oft zu schnell zuviel. Bei all den Erwartungen, die wir haben, vergessen wir dann manchmal die vielen kleinen Dinge, die jeden Tag passieren und die vielen Erfolge, die wir zusammen mit unseren Pferden haben. Und die kurze Zeit, die wir erst zusammen verbringen. Oder wenn das Pferd plötzlich anders ist, etwas nicht macht, was es schon konnte oder mal ein paar Tage nicht mehr ans Gatter kommt – hinterfragen wir manchmal zuviel.
Übrigens – so eine Gedankenreise kann vieles wieder geraderichten – egal um was es im Leben geht. Aber ganz besonders bei den Pferden. Weil ziemlich viele Erwartungen, Wünsche und Gedanken an dem Pferd hängen.
GEDANKENREISEN PFERD
Deswegen mache ich die Reise immer mal wieder und jedes Mal steige ich mit einem Lächeln aus, atme tief ein und bin dankbar für all das, was ich während dieser Reise gesehen und erlebt habe. Ich gehe dann zu meinem Pferd, streichle ihr über die weiche Pferdenase und wir stehen zusammen. Einfach nur so. Weil wir gar nicht mehr brauchen als das, weil ich auf meiner Gedankenreise wieder einmal gesehen habe, wie viel wir schon zusammen erreicht haben. Und genau dieses Gefühl, wird dir mehr Glück und Zufriedenheit für dich selbst und für euer Beisammensein schenken.
Denn – das glaube ich fest – die Pferde verändern uns. Sie machen uns viele kleine und große Geschenke. Sie bringen uns zum Lächeln, sie machen uns größer und stärker.Weil sie uns beibringen das Augenmerk auf die wirklich wichtigen Dinge zu legen und weil sie von uns verlangen im hier und jetzt zu sein. Das ist vermutlich das größte Geschenk, das sie uns machen können. Aber sie machen uns auch viele kleine Geschenke, die wir oft gar nicht wahrnehmen.
DIE KLEINEN GESCHENKE DER PFERDE
Meine Jungstute zum Beispiel macht mir immer wieder kleine Geschenke. Würde ich nur auf ihren Ausbildungsstand blicken, müsste ich vermutlich enttäuscht sein von uns beiden. Weder können wir am Boden richtig „Kruppe herein“ noch kann sie auf ein Signal hin angaloppieren und von Traversalen ganz zu schweigen. Die Hinterhand ist weit davon entfernt unterzutreten. Das sind die harten Fakten. Sie tut sich schwer damit sich zu biegen oder in Stellung zu laufen. Aber – und das ist das erste Geschenk – sie bemüht sich, für mich. Weil ich sie darum bitte, es zu versuchen. Obwohl sie vermutlich sehr wenig Sinn darin sieht.
Noch vor einem Jahr, hat sie sich aufgebaut und ist aufgeregt mit hoch erhobenem Kopf um mich herum getänzelt. Das war kurz nach ihrer Ankunft. Heute macht sie erste Schritte im Seitengang, nur auf eine leises Schnalzen und eine über ihrer Kruppe schwebenden Gerte. Sie ist unfassbar stolz, wenn ich sie dann lobe und das macht mich wiederum stolz. Ich bin glücklich. Weil sie sich bemüht.
Noch ein Beispiel: Vor einem Jahr war an eine Sprühflasche in ihrer Gegenwart nicht zu denken. Allein das schütteln der Flasche hat sie in Aufregung versetzt. Dann kam der Herbst und der Winter. Es war nicht mehr nötig sie zu nutzen. Ich habe nicht daran gearbeitet oder trainiert. Dieses Frühjahr, mit der Rückkehr all der Mücken und Fliegen, habe ich das Fliegenspray wieder ausgepackt – voll Erwartung es mühsam trainieren zu müssen. Mein Pferd hat mir aber wieder ein Geschenk gemacht. Sie stand da – hat leicht nervös auf die Flasche geschaut, aber sie hat mich sprühen lassen und dann entspannt. Ich darf also heute etwas, was ich vor einem Jahr noch nicht durfte. Das macht mich glücklich. Weil sie mir genug vertraut um darauf zu vertrauen, dass ich auf sie aufpasse und sie beschütze.
Ich könnte diese Beispiele noch weiter aufzählen. Es gibt einiges, was ich heute darf und in den Monaten nach ihrer Ankunft nicht durfte. Egal ob es die Art ist, wie sie auf mich wartet, wie sie mir ihren Hintern entgegenstreckt weil sie gekratzt werden will oder wie sie nicht mehr versucht mich zu schubsen und stattdessen entspannt neben mir läuft. Wie sie auf ein Handsignal anhält oder mit dem Halsring neben mir von der Koppel an Grasstellen vorbeiläuft.Klar, das ist alles keine Traversale, es ist kein Kruppe Herein, es ist kein Schulhalt und es ist auch nicht spanische Schritt oder andere große Trainingssektionen. Aber es sind viele kleine und große Geschenke, die das Pferd mir macht und die mir auf meiner Gedankenreise immer wieder in den Kopf gerufen werden, wenn ich darüber nachdenke, wie es noch vor einem Jahr war, als sie angekommen ist. Es ist auch die Art, wie ich heute bin und wie ich noch vor einem Jahr war. Sie hat in mir einiges losgestossen und verändert. Dafür bin ich meinem Pferd unglaublich dankbar. Auch das lässt mich lächeln.
WELCHE GESCHENKE MACHT DEIN PFERD DIR?
Ich wette, dass du von deinem Pferd auch jeden Tag all diese kleinen und manchmal auch großen Geschenke bekommst. Und ich wette, dass auch dein Pferd viel in dir verändert hat.
WOLLEN WIR DIE REISE ZUM GLÜCK STARTEN?
Erst einmal die Frage an dich: Nimmst du all die kleinen Geschenke wahr, die dein Pferd dir macht? Und nimmst du all die kleinen und großen Dinge wahr, die sich verändert haben, seitdem die Pferde in dein Leben getreten sind? Und vor allem: seitdem dein Pferd oder deine Reitbeteiligung in dein Leben getreten ist? Ich meine ganz ehrlich und tief in dir drin: Nimmst du das wirklich wahr? Oder rollt der Alltag oft so schnell dahin, dass du gar nicht dazu kommst? Pferde können nämlich so eine Art Instant-Meditation sein – wenn wir uns erlauben, die großen Ziele und Pläne beiseite zu stellen, den Tag so zu nehmen wie er kommt und auch mal an all die kleinen Erfolgsschritte zu denken oder sie überhaupt bewusst wahrzunehmen.
Pferde verändern ganz viel in unserem Leben. Nicht nur die Art und Weise, wie unser Auto aussieht oder wie der Kleiderschrank riecht, sondern vor allem die Art und weise wie wir sind.
Ich wette, dein Pferd bemüht sich auch für dich und ich wette, dass du auch viele Gründe hast zu lächeln und Glück zu empfinden, wenn du dich auf die Gedankenreise eurer gemeinsamen Zeit begibst.
WARUM ES WICHTIGERES GIBT ALS “KRUPPE HEREIN” UND “TRAVERSALE”
Manchmal vergessen wir über dem rasenden Alltag, wie viel sich schon in unserer Beziehung zum Pferd verändert hat. Wir vergessen vielleicht auch, wie viel unser Pferd uns schon gibt. Jeden Tag. Weil wir große Erwartungen haben. Weil wir Stress und Zeitdruck haben. Weil wir in unserer Lebens- und Arbeitswelt immer die ganz großen Sprünge machen müssen. Weil unsere Gesellschaft nach dem Prinzip des „schneller, höher und weiter“ funktioniert und wir gelernt haben mitzulaufen. Deswegen sind wir vielleicht manchmal zu sehr in den Erwartungen gefangen. Wir stellen uns vielleicht vor, dass unser Pferd den Spanischen Schritt beherrschen soll und vergessen dabei zu sehen, dass es schon freudiger ans Gatter kommt als noch vor einem Jahr.
Wir hätten so gerne endlich perfekte Seitengänge und übersehen vielleicht, dass das Pferd schon einen Zentimeter mehr untertritt als noch vor einigen Monaten. Wir blicken zu unserer Stallkollegin, deren Pferd schon fast in höchster Versammlung unter ihrem Sattel quer über den Platz schwingt und ärgern uns, dass wir immer noch am aktivieren der Hinterhand arbeiten – statt zu sehen, dass unser Pferd vielleicht viel schöner antrabt und auf ein leises Ausatmen in den Schritt fällt.
- Vielleicht kannst du gelassener „Nein“ sagen zu deinem Chef oder deinen Kollegen, seitdem du ein Pferd hast. Vielleicht ärgerst du dich nicht mehr so über das Wetter oder all die anderen kleinen Dinge, über die sich Menschen gerne ärgern, seit du ein Pferd hast. Weil es Wichtigeres gibt als das.
- Vielleicht bist du ruhiger, ganz tief in dir drin, weil du für dein Pferd lernen musstest ruhiger zu werden. Vielleicht bist du aktiver und selbstbewusster geworden, weil dein Pferd einen selbstbewussteren Partner an seiner Seite brauchte. Vielleicht bist du auch gelassener oder weniger hektisch, weil dein Pferd dir diese Hektik sonst gespiegelt hat?
- Vielleicht hat dein Pferd etwas ganz anderes in dir verändert?
Für jeden sieht diese Gedankenreise anders aus. Und jedes Pferd verändert unterschiedliche Dinge in uns. Genau wie jedes Pferd auch andere Geschenke macht.
LASS UNS LOSREISEN!
Ich kann dir nicht genau sagen, wie deine Gedankenreise aussehen könnte oder in welchen Momenten du die Ruhe hast, loszureisen. Es ist deine Reise. Ich kann dir nur sagen, dass es gut tun kann, sich immer wieder daran zu erinnern, wie viel Gutes schon passiert ist, wie viel sich verändert hat und das Leben mit einem Lächeln zu betrachten.
Ich sitze vielleicht an der Weide und beobachte mein Pferd beim Grasen oder ich sitze im Auto und fahre zur Arbeit oder höre einen bestimmten Song und beginne nachzudenken, was sich verändert hat.
Du kannst die Augen schließen und dir wie in einem Film die ersten Tage und wochen mit deinem Pferd vorstellen, zum Beispiel wie dein Pferd angekommen ist:
- Wie war es damals?
- Wie hat es auf dich reagiert?
- Wie war euer Training und euer Zusammensein in den ersten Tagen und Wochen?
- Wie warst du damals?
- Wie hätten deine Freunde dich damals beschrieben?
- Wie hast du dich gefühlt – egal ob im Alltag, in der Familie oder auf der Arbeit
VOM GLÜCK DER KLEINEN GESCHENKE
Und dann reist du eine Station weiter. Je nachdem wie lange du und dein Pferd schon zusammen seid, kannst du durch die Wochen, Monate und Jahre reisen, die ihr zusammen verbringt und dir verschiedene Situationen vor Augen rufen.
- Wie hast du in den Anfängen reagiert und wie reagierst du heute?
- Was hat dein Pferd in den ersten Tagen und Wochen und Jahren für dich getan und was erlaubt es dir heute?
- Waren die ersten Spaziergänge vielleicht voll Aufregung und Spannung und marschiert ihr heute im Gleichklang und entspannt durch die Natur?
- Gibt es dir heute entspannter die Hufe, während es zufrieden da steht?
- Lehnt es vielleicht seinen Kopf auf deine Schulter?
Stell dir eure gemeinsamen Momente vor und spätestens dann wird dir auffallen, wie viel sich verändert hat und spätestens dann wirst du lächeln und du wirst sehen, dass dein Pferd dir schon so viele Schritte entgegengekommen ist und viele kleine Geschenke gemacht hat und jeden Tag macht. Das macht glücklich.
12 Kommentare
Vielen herzlichen Dank für diesen Beitrag ❤
Ich denke, dass die emotionale Bindung zwischen Pferd und Reiter nur jemand nachvollziehen kann, der auch selbst reitet. Oder zumindest selber andere Tiere als Haustier besitzt, dann geht das womöglich auch.
Hier wird mir wohl jeder zustimmen, dass man defakto gar nicht genug Zeit mit seinen Pferdis verbringen kann ❤ Ich finde es sehr faszinierend, wie sich das Verhältnis mit der Zeit entwickelt, wie gegenseitiges Vertrauen aufgebaut etc.
Mal wieder ein sehr schöner Beitrag, ich freue mich auf mehr!
Liebe Grüße und einen schönen Abend,
Christina
Hallo liebe Christina, da schreibst du was..Ich stelle tatsächlich fest, dass nur Tierbesitzer nachvollziehen können, wie verrückt ich nach meinen felligen Familienitglieder bin. Aber es ist eben auch einfach schön sie um sich zu haben. Viele liebe Grüße auf jeden Fall und danke für deinen lieben Kommentar, Petra
Liebe Petra,
wieder ein wunderbarer, treffender Artikel, und wahrscheinlich allen Pferden aus der Seele geschrieben;-))
Bei vielen Problemen mit den Pferden, die ich mangels eigener Erfahrung mit menschlicher Hilfe lösen wollte, fand ich die Antworten und Ratschläge unbefriedigend und nicht stimmig. Auch die Reaktion meiner zwei Herren darauf war eindeutig in allen mir bekannten Sprachen ein “NEIN, SO NICHT. PUNKT”
Erst als ich auf mein Bauchgefühl gehört und mich auf die beiden wirklich eingelassen habe, fingen die Dinge an, so zu laufen wie ich mir das gewünscht habe. Wir sind zwar noch nicht am Ziel, aber auf einem schönen Weg dahin.
Es ist allerdings wirklich keine zu erlernende Technik, sondern ein Prozess, der auch mich selbst verändert, und manche tiefergehende und auch mal schmerzhafte Erkenntnis mit sich bringt.
Bei uns zum Beispiel hat es viel mit unserer inneren Sicherheit und unserem inneren Gleichgewicht zu tun, und mit dem Gleichgewicht sind wir jetzt dank “Wege zum Pferd” mit Balance Pads auf ein tolles Hilfmittel gekommen!
Liebe Grüße
Alexandra
Hallo liebe Alexandra, wie spannend – die Balance Pads sind mir auch schon über den Weg gelaufen. Ich habe die “Menschenvariante” am Stall. Aber die Pferdevariante, die Tanja und Babette vorgestellt haben scheint mir noch sinnvoller. Berichte gerne mal, wie es bei dir läuft – würde mich sehr interessieren. Und danke auch für deinen wunderbaren Kommentar – das ist für mich eines der schönsten Dinge am Leben mit Pferden – sie stubsen uns auf unsere Baustellen, wenn wir das zulassen. Und das hilft nicht nur für den Pferdeumgang, sondern für das ganze Leben. Viele liebe Grüße, Petra
Wunderschöner Artikel! <3 Bitte mehr davon!
Ich habe eine Frage an dich, Petra…mir kam beim Lesen ein Gedanke in Bezug auf "Gelassenheit ausstrahlen". Ich bin eine sehr geräuschempfindlich und schreckhafte Person und spüre jetzt auf einmal Zweifel..wie kann ich denn meinem Pferd vermitteln, dass ich ein sicherer Hafen bin, wenn ich selbst bei einem hupenden Auto zusammenzucke? Ich kann das ja nicht einfach ausschalten… das beeinträchtigt doch die Beziehung zum Pferd permanent oder? :( :(
Liebe Grüße Sarah
Hallo liebe Sarah, danke für deinen lieben Kommentar :-) Zu deiner Frage: Ich würde es anders sehen – es ist nicht unbedingt wichtig für dein Pferd ob du dich erschreckst, sondern wie du mit deinem Erschrecken umgehst. Wenn du Geräuschempfindlich bist, kannst du dein Pferd sogar beeindrucken, weil du beim Spazieren gehen oder Reiten vielleicht manchmal sogar Dinge wahrnimmst bevor dein Pferd sie bemerkt und dein Pferd darauf aufmerksam machen. Wenn du dich erschreckst, ist ja nur wichtig, dass du danach sofort wieder ruhig bist und über dich selbst lachen kannst. Selbst die tollste Herdenchefin oder der mutigste von allen respektierte Hengst erschreckt sich manchmal. Wichtig ist für das Fluchttier ja vor allem, ob du deinen Schrecken gut einordnen und ruhig bleiben kannst. Das macht Stärke und Verantwortung aus. So sehe ich das zumindest. Also sei einfach authentisch, bleie du selbst, erlaube dir dich zu erschrecken, aber lerne vielleicht eher nach dem Erschrecken schnell wieder runterzukommen :-) Dann merkt dein Pferd, dass du aufmerksam bist, Gefahren wahrnimmst, aber gut und sicher und ruhig bleiben und entscheiden kannst :-) Mal kurz zusammengefasst. Viele liebe Grüße auf jeden Fall, Petra
Interessanter Artikel,sehr gut geschrieben. Wäre schön wenn es bei meinem Problempferdchen dadurch für beide Seiten einfacher würde. Werde es auf jeden Fall versuchen!
Das freut mich sehr – vielen lieben Dank und ganz viel Erfolg euch beiden, Petra
Was für ein toller Artikel ❤ mir ging beim Lesen echt das Herz auf!
Allerdings fällt es vielen Reitern schwer ihre Gefühle zu kontrollieren… gerade wenn es um angespannte Situationen wie z.B. ein Bocken oder ein Erschrecken des Pferdes geht, ist es nicht immer einfach den “Reflex” zu kontrollieren, der zu negativen Gefühlen führt. Insbesondere, wenn Reiter nicht die nötige Sattelfestigkeit mitbringen
Das stimmt – kann ich auch nachvollziehen. Geht mir ja auch immer mal wieder so – aber mit jedem Mal wird man besser, wenn man sich bemüht :-)
Danke für diesen ganz ganz wunderbaren Artikel, du sprichst mir aus der Seele!!
Danke für diesen wunderbaren Kommentar – so lieb <3