Du darfst Angst haben. Du darfst auch Zweifel oder Unsicherheiten haben. Das ist okay für dein Pferd. Denn du bist ein Mensch und darfst Gefühle haben. Wichtig für dein Pferd ist nur, wie du mit deinen Gefühlen umgehst. Denn dein Pferd ist auch ein Lebewesen und hat ebenfalls ein großes Gefühlsportfolio in sich. Es ist als Gefühlsleser und Herdentier gewohnt die Emotionen der Herde zu lesen. Wenn du mit deinem Pferd trainierst oder ausreitest, bist aber du seine Herde.
Warum ich dir das alles sage? Weil Angst leider in der Reiterwelt gerne ein Tabu-Thema ist. Dabei ist das wirklich Blödsinn. Denn Angst ist etwas Gutes. Sie warnt uns und sie ist unser Freund.
Angst ist ein Gefühl, das dein Gehirn dir schickt, weil es dich und deinen Körper schützen möchte. Deswegen „heiße deine Angst Willkommen“ wie die Pferdetrainerin Hero Merkel so schön sagt und mach etwas Gutes daraus. Du kannst gemeinsam mit deinem Pferd im gesicherten Training lernen auch in stressigen Situationen ruhig zu bleiben, das Gehirn einzuschalten und zu entspannen. Dabei kann dir die Bodenarbeit super helfen.
Angstfrei und sicher im Gelände durch Bodenarbeit
Wie kannst du etwas Gutes daraus machen? Du bereitest dein Pferd und dich gut am Boden vor und lernst deine Angst mit neuen Augen zu sehen. Außerdem lernt dein Pferd mit den richtigen Lektionen, dass es lieber seinen Kopf einschalten sollte, statt seine Fluchtinstinkte, dass es neugierig auf Neues zugehen und sich mit vermeintlich gruseligen Situationen auseinandersetzen soll. Denn du möchtest ja kein instinktgesteuertes Pferd, sondern ein denkendes Pferd. Das erreichst du, indem du deinem Pferd immer wieder zeigst, dass es sich lohnt den Kopf einzuschalten, dass es überlebt, wenn du dabei bist, dass es sich an dir orientieren kann und soll und dass es sicher an deiner Seite ist.
Gleichzeitig kannst du dein Pferd besser kennenlernen und siehst, wie es reagiert, wenn es gestresst ist, kannst an dir und deinem Mindset arbeiten, so dass du mit deinen Ängsten und Unsicherheiten besser umgehen und deinem Gehirn bewusst und aktiv andere Denkmuster geben kannst.
Wenn wir die Kombination aus beidem schaffen, ist ein großer Schritt zu mehr Sicherheit mit dem Pferd im Gelände getan.
Wie kannst du dich und dein Pferd so vorbereiten, dass ihr sicherer miteinander werdet
Wenn du dir die Zeit nimmst dein Pferd am Boden besser kennenzulernen und deinem Pferd auch die Zeit gibst, dich am am Boden besser kennenzulernen, ist ganz viel erreicht. Du hast mehrere Möglichkeiten das ganze Thema anzugehen.
Du kannst beispielsweise über Führtraining und Gelassenheitstraining dein Pferd und seine Reaktionen sowie seinen Charakter kinderleicht besser kennenlernen. Außerdem kannst du deinem Pferd dabei beibringen, sich an dir und deiner Körpersprache zu orientieren, erst zu denken statt auf die Instinkte zu hören und dich als Ruhepol anzunehmen.
–> Beim Führtraining kannst du an deiner Körpersprache arbeiten und deine Kommunikation verfeinern, so wie eine schöne starke Basis für eine gute Kommunikation mit deinem Pferd setzen.
Mehr zum Führtraining kannst du in diesem Artikel weiterlesen – da findest du auch praktische Beispiele.
–> Beim Gelassenheitstraining kannst deinem Pferd mehr Gelassenheit beibringen und es kann lernen mit Unsicherheit und Ängsten umzugehen. Seine Fluchtinstinkte besser auszuschalten und sich mit neuen Gegenständen und unbekannten Dingen auseinanderzusetzen, statt die Flucht zu ergreifen. Das macht dein Pferd insgesamt gelassener, mutiger und damit sicherer.
Mehr zum Gelassenheitstraining und vielen Tipps kannst du hier in diesem Artikel lesen.
Prinzipiell geht es darum deine Körpersprache zu verfeinern und mit deinem Pferd eine gute Kommunikation zu etablieren, so dass ihr in stressigen Situationen auf geübte Verhaltensweisen zurückgreifen und sie miteinander easy meistern könnt. Dabei kann dir die Bodenarbeit enorm weiterhelfen, weil du für dein Pferd lesbarer bist als im Sattel und ihr gemeinsam im Team Abenteuer bestehen könnt.
Gleichzeitig erlebt dein Pferd aber auch dich als Fels in der Brandung beim Gelassenheitstraining und das ist genial. Ihr nähert euch der potentiellen Gefahr und du hilfst deinem Pferd genau da durch. Ihr beide übersteht das Ganze auch noch unbeschadet und dein Pferd erkennt, dass du wirklich Führungspotential und gute Ideen hast.
Ihr erlebt gemeinsam im kontrollierten Raum kleine und größere Abenteuer und überlebt sie auch noch supergut. Das ist perfekte Bodenarbeit für mehr Sicherheit im Gelände.
Das gilt aber nur, wenn du dein Pferd nicht mit Druck durchzwingst, sondern mit Zeit und Geduld mit deinem Pferd die Hindernisse erarbeitest und deinem Pferd grundsätzlich beibringst sich mit neuen Dingen auseinanderzusetzen. Das erreichst du durch Geduld, Ruhe, Kleinschrittigkeit und Platz und Raum für Neugierde seitens deines Pferdes. Kein Lebewesen kann im Stressmodus lernen – denn das ist ein Instinktmodus. Mache dir also immer bewusst, dass dein Pferd nur lernen kann, wenn du nicht den Druck erhöhst, sondern über kleine Schritte, viele Erfolgserlebnisse und eine klare Körpersprache mit deinem Pferd durch das Gelassenheitstraining gehst.
Ein weiterer Tipp: Außerdem kannst du ganz viel mit deinem Pferd Spazierengehen. Denn das ist Abenteuer auf Augenhöhe für dein Pferd, so dass es mit dir als Herde draussen die Welt erobern kann. Es lernt mit dir alleine – ohne andere Pferde – draussen unterwegs zu sein. Außerdem kannst du immer wieder – wenn der Rest entspannt klappt – auf Sattelhöhe mitlaufen, so dass es lernt vorauszugehen. Es klingt merkwürdig, aber das kann für einige Pferde ein echtes Problem sein, wenn sie vorausgehen sollen, sobald der Reiter auf ihrem Rücken sitzt.
Hier findest du einen ganzen Artikel zu dem Thema.
Auch das fördert das Vertrauen und setzt eine schöne tiefe Basis. Dein Pferd lernt außerdem mit dir alleine als „Herde“ draussen unterwegs zu sein. Du kannst dein Pferd besser beobachten und ihm mit deiner Anwesenheit auf Augenhöhe und Körpersprache in unbekanntem Gelände helfen.
„Der Spaziergang ist unbekanntes Terrain mit unplanbaren Begegnungen und damit ein geniales vorbereitendes Training für ein sicheres Reitpferd.“
Hero Merkel
Achte aber bei allem, was du tust, darauf, dass du dich durch nichts durchzwingst. Es ist für dein Pferd okay, wenn du Angst hast oder dich unwohl fühlst. Das mindert sein Vertrauen überhaupt nicht. Es ist nur wichtig, wie du deine Ängste managst, wie du damit umgehst und welche Entscheidungen du triffst.
Wenn du dich irgendwo unwohl fühlst, dir etwas noch nicht zutraust oder einfach Angst verspürst, kannst du auch einen Schritt zurückgehen und langsamer machen, die Route ändern oder das Training anpassen, solange bis du dich wieder wohlfühlen. Dein Pferd wird dich dafür noch mehr lieben, weil du verantwortungsvoll und weitsichtig gehandelt hast und authentisch bist.
HIER findest du einen Artikel zu der Frage, wie die Stuntfrau und Pferdetrainerin Hero Merkel mit ihren Stuntpferden an deren Sicherheit arbeitet. Mehr über Hero und ihre Arbeit erfährst du HIER.
6 schnelle Stellschrauben, die du im akuten Stressfall drehen kannst
Wenn du ganz akut in Stress bist oder dein Pferd Stress hast, kannst du auch ein paar Stellschrauben drehen, damit ihr beide wieder sicherer werdet. Ein paar davon sind für dich und ein paar für dein Pferd. Du kannst sie – je nach Gefühl – üben und mit deinem Pferd zusammen anwenden. Es gibt noch viel mehr Mentaltechniken für dich und Übungen oder Lektionen für dein Pferd. Das ist nur ein winzig winzig kleiner Auszug, um dir einen ersten „Hack“ an die Hand zu geben.
1.Steig ab
Wenn du gerade reitest, ist es vollkommen in Ordnung, wenn du absteigst. Du musst nicht sitzen bleiben. Es ist sogar beziehungsfördernd, wenn du deinem Pferd durch die Gefahr hilfst und an seiner Seite mit ihm die Ängste angehst.
Es ist eine „urban legend“ der Pferdewelt, dass man niemals absteigen dürfe, weil das Pferd das ausnutzen würde. Im Gegenteil ist es eher so, dass wir dem Pferd dadurch weiterhelfen und damit an Führunskompetenz gewinnen in den Augen des Pferdes.
Kein Lebewesen dieser Welt wird ein unangenehmes Instinktverhalten – wie die Angst – bewusst einsetzen, um den Reiter zu verarschen. Zumal Lebewesen im Instinktmodus gar nicht mehr Lernfähig sind.
2.Atme
Vergiss nie zu atmen! Wenn wir im Stress sind switchen wir von einer entspannten Bauchatmung zu einer gestressten Brustatmung. Das macht wiederum etwas mit unserem Hormonpegel und unserer Körperspannung. Genau das spürt und liest dein Pferd. Dabei braucht es eher Sicherheit und dieses wundervolle und wichtige „Fels-in-der-Brandung-Feeling“ von dir. Deswegen atme bewusst in den Bauch ein und aus und singe vielleicht (denn das lässt den Atmen fliessen).
3.Lächle
Das kommt aus der Welt des „Embodiment“ – also: Deine Körpersprache und Körperbewegungen beeinflussen deine Psyche. Wenn du lächelst wirst du automatisch entspannter sein.
4.Denke positiv
Liefere deinem Gehirn andere Gedankenmuster. Dein Gehirn wird sich irgendein Muster greifen. Wenn du ihm von Anfang an ein positives Bild lieferst und davon ausgehst, dass alles gut wird, wird dein Gehirn das auch gerne nehmen. Vielleicht magst du dir schon vor dem Spaziergang ein schönes Bild zurecht legen, dass du im Notfall visualisieren kannst.
5.Embodiment
Ist auch etwas für dein Pferd. Hero Merkel – Stuntfrau und Pferdetrainerin – hat das „Embodiment for Horses“ entwickelt. Du beeinflusst das Gefühlsleben der Pferde durch Training und Lektionen. Du kannst deinem Pferd beispielsweise über die Augen streichen und so das „Blinzeln“ auslösen. Ein ängstliches Pferd blinzelt nicht mehr. Dadurch, dass du diese Körperbewegung auslöst, löst du auch dazugehörige Gefühle aus und bringst ein bisschen Entspannung ins Pferd.
Mehr Infos zu dieser wunderbaren Methode erfährst du in DIESEM Artikel.
6.Ablenkung!
Lass dein Pferd kleine Kommunikationslektionen machen wie Rückwärts, Seitwärts, Volten usw. Sie lenken ab und bringen durch die Biegungen und ihren „Embodiment“-Faktor wieder Entspannung in dein Pferd.
Jetzt starte unbedingt mit der gelassenheitsfördernden Bodenarbeit und hole dir unsere 3 kostenlosen Tipps für eine bessere Körpersprache bei der Bodenarbeit – inklusive Booklet und Videoanleitungen. Dann kannst du easypeasy noch mehr an eurer gemeinsamen Kommunikation und Sicherheit arbeiten. Denn Pferde LIEBEN Sicherheit und Klarheit!
“Pferdeflüstern bedeutet, dass wir lernen das Flüstern der Pferde zu hören und zu verstehen.”
Die Pferdeflüsterei ist ein Wissensblog und Herzensprojekt – denn wir wünschen uns, dass alle Pferde und ihre Menschen glücklich miteinander sind. Wenn wir lernen die Pferde zu verstehen, fein und fair zu trainieren und der beste Pferdemensch zu werden, der wir sein können – wird es auch deinem Pferd gut gehen und es wird immer sein Bestes für dich geben. Versprochen!
Wir unterstützen dich mit unseren Artikeln, Interviews und Kursen – Du bekommst Facts zu pferdegerechter Haltung und Fütterung, feinem Training und Pferdeverhalten.
Petra und Carey
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