Was macht einen Huf aus? Welche Bestandteile gibt es am Huf und welche Funktion erfüllen sie? Wie funktioniert der Hufmechanismus und was braucht es damit dein Pferd entspannt und gesund Barhuf laufen kann? Wir beantworten dir im Artikel alle Fragen zum Thema Huf, Hufpflege und Barhuf – damit dein in Zukunft auch ohne Eisen mit gesunden Hufen durch die Gegend laufen kann.
Barhuf beim Pferd
Die Natur hat den Pferden Hufe gebaut, damit sie gut und sicher über verschiedenstes Gelände laufen können. Der Huf selbst sieht zwar von außen hart und leblos aus – es steckt aber im Huf sehr viel Leben, Mechanismus, Blutbahnen und Nerven. Im Huf ist also Bewegung drin.

Eisen und das Pferd
Da ist es doch eigentlich logisch, dass feste Eisen genau diese Bewegung stören. Jetzt kommen natürlich die Verfechter von Eisen und sagen, dass Pferde aber nicht zum Reiten gemacht wurden und die Natur bei der Erfindung der Pferde auch noch nichts von Kieswegen und Asphaltstrassen wusste und das will ich auch gar nicht bestreiten – es stellt sich aber die Frage ob es nicht eine bessere Alternative als Eisen gibt. Hufschuhe zum Beispiel.

Viele nutzen Eisen:
- Weil man es so macht…
- Weil alle es so machen…
- Weil das Pferd ein bisschen klamm oder fühlig läuft…
- Weil das Pferd sonst so brüchige Hufe hätte..
Es gibt viele Gründe, die vermeintlich erst einmal für Eisen zu sprechen scheinen. Dabei bräuchte das Pferd vielleicht gar keine Eisen, weil die Hufe fest genug sind, weil die Sohle schön dick ist oder weil das Pferd mit Hufschuhen und der richtigen Ernährung weder klamm, noch fühlig laufen würde.
Eisen können viele Probleme auslösen
Eisen schützen den Huf vor Abrieb und sie sorgen erst einmal dafür, dass das Pferd ziemlich einsetzbar ist in allen Lebenslagen.
Aber Eisen können auch viele Probleme verursachen:
- Die Nagellöcher der Eisen am Huf sind die perfekte Einladung für Bakterien und Pilze
- Eisen geben bei jedem Tritt einen Schlag Richtung Bein ab
- Das Eisen hebt den Huf höher, so dass nur noch der Hufrand das ganze Pferd trägt und der Strahl auch nicht mehr so richtig Bodenkontakt bekommt – der Strahl dient dem Pferd aber zum Fühlen und Tasten, genau wie die Sohle – kommt da keine Bewegung und keine Impulse drauf, kann sich beides zurückbilden
- Das Eisen ist einfach starr und das wiederum kann den Hufmechanismus einschränken – dabei ist auch der Huf dafür zuständig, dass Blut durch die Fesseln und Beine gepumpt wird – der Huf ist also auch wichtig für das Herz deines Pferdes und die Blutzirkulation
Aber heute soll es erst einmal um die Hufe gehen und die Frage, wie man es schaffen kann, dass wirklich jedes Pferd Barhuf gehen kann. Die Fragen beantwortet der Barhuf-Experte und Hufpfleger nach Natural Hoofcare, Claus Oberle, im Interview.

Barhuf – was brauchst du?
Du brauchst ein Pferd mit guten Hufen und einen guten Barhufpfleger. Mehr erst einmal nicht. Klingt ganz einfach, oder? Ist es auch, du musst nur wissen, wie es geht. Du brauchst das richtige Futter, einen gesunden Stoffwechsel beim Pferd und Zeit und Geduld, wenn dein Pferd umgestellt werden soll oder gerade noch nicht die perfekten Hufe hat.
Wenn dein Pferd ohnehin schon Barhuf läuft, kannst du dir im Interview noch ein paar Tipps holen zur Hufpflege und wie du erkennen kannst ob dein Hufpfleger einen guten Job macht. Über die Hufpflege kann man so viel beim Pferd verbessern und erreichen, dass es sich lohnt mehr über den Huf zu wissen.
So kann jedes Pferd Barhuf gehen
Im Interview beantwortet dir der Barhuf-Experte, Claus Oberle von oberle.horse, alle Fragen zum Thema Barhuf

Pferdeflüsterei.de: Wir reden ja jetzt über den Huf und dabei vor allem über Barhuf bei Pferden. Also Pferdehufe ohne Eisen. Kommen wir aber erstmal direkt zum Huf, wenn ich mir den jetzt angucke, woran erkenne ich eigentlich, dass der Huf gesund ist?
Claus: Also in erster Linie ist mir bei einem gesunden Huf ein gesunder tragender kräftiger derber Strahlt wichtig. Das ist ein wesentlicher Bestandteil von einem gesunden Barhuf.
Pferdeflüsterei.de: Und der perfekte Huf darumherum, wie sieht der dann für dich aus?
Claus: Neben dem Strahl, braucht es eine kräftige, dicke Sohle und im Idealfall ein schönes hohes Gewölbe. Und da haben wir auch gleich einen Punkt, der oft schief geht bei der Barhufbearbeitung. Es wird zu viel in der Sohle und am Strahl herumgeschnitten. Eine Wand, wenn die ein bisschen ausgefranst ist, stört den Besitzer mehr wie das Pferd. Sie sollte aber trotzdem eine schöne Verbindung haben zur Lamellenschicht, die weiße Linie sollte nicht allzu weit sein und der Huf sollte keine mechanischen Hebel aufweisen.
Der Huf und seine Bestandteile
Pferdeflüsterei.de: Dann kommen wir doch mal auf die ganzen Punkte zu sprechen, die du jetzt benannt hast. Sohle, was genau ist das?
Claus: Die Sohle ist im Prinzip der Teil, worauf das Pferd läuft. Im Prinzip hast du einen Strahl in der Mitte und dann, was den Huf von unten gesehen ausfüllt im kompletten, ist die Sohle.
Pferdeflüsterei.de: Und dann gibt es noch die Hornwand?
Claus: Ja, genau. Die Wand.
Pferdeflüsterei.de: Das ist außen?
Claus: Außen ist Wandhorn, das bildet normalerweise einen kleinen Tragrand. Das sagt man so, weil er leicht über die Sohle übersteht. Und die Verbindung von der Wand zum Rest vom Huf ist dann die weiße Linie. Die ist selten wirklich weiß, meistens ist sie irgendwie gräulich, gelblich. Bei hellen Hufen sieht man sie nicht so direkt, aber sie ist immer da, das ist diese Lamellenschicht, die die Wand mit dem Rest verbindet.
Pferdeflüsterei.de:: Die soll aber eher dünn als dick sein?
Claus: Genau, die soll eher dünn sein und geschlossen.
Pferdeflüsterei.de: Und dann gibt es noch den Kronrand…
Claus: Kronrand ist der Übergang vorn am Huf zum Fell des Beines.
Pferdeflüsterei.de: Ah okay. Sieht man meistens gar nicht, weil Plüsch drüber ist.
Claus: Genau. Bei manchen Pferden wächst aber auch das Saumhorn relativ weit runter, kann sich auch mal verändern, kann mal weiter runter gehen, kann weiter hochgehen, kann bisschen wegtrocknen, kann feuchter sein. Das ist schon gewissen Veränderungen unterworfen je nach Pferd.
Pferdeflüsterei.de: Und dann gibt es die berühmten Trachten. Da redet ja jeder darüber, wie sie stehen sollen und wie hoch und wie niedrig und überhaupt… Aber wo sind sie denn?
Claus: Die Trachten sind dieser hintere Bereich, wo das Wandhorn übergeht in die sogenannten Eckstreben. Im Idealfall sollten die Trachten einen ähnlichen Winkel haben wie vorne die Zehenwand. Es gibt ja auch den Begriff der „untergeschobenen Trachten“. Das wäre dann, wenn die Trachten im Prinzip flacher stehen als sie sollen und den Druck nach vorne bringen, was dann meistens auch zu einer langen Zehe führt.
Die Trachten sollten eigentlich so lang sein wie nötig, aber nicht länger. Es gibt oft Hufe, die extrem hohe Trachten haben. Da hat dann der Strahl gar keinen Bodenkontakt mehr. Das ist weder für den Strahl gut, noch ist es gut für den ganzen Hufmechanismus. Der Huf wird dann im Prinzip zu dosig. Manchmal sagt man so umgangssprachlich Dosenhuf.
Pferdeflüsterei.de: Ein Dosenhuf? Das habe ich noch nie gehört. Und das ist dann, wenn die Trachten zu lang sind?
Claus: Da ist einfach der ganze Huf zu lang und das meint natürlich auch die Trachten. Im Idealfall sind sie so lang, dass die Verhältnisse stimmen und der Strahl durchaus Bodenkontakt hat.
Pferdeflüsterei.de: Damit er quasi immer wieder in Bewegung kommt und aktiviert wird?
Claus: Genau! Und das Pferd auch mit diesem weichsten, dämpfendsten Teil abfußt.

Der Huf und seine Besonderheiten
Pferdeflüsterei.de: Wie schnell wächst denn das Horn in etwa? Und dann wachsen sie ja auch zu den Jahreszeiten unterschiedlich?
Claus: Genau. Im Frühjahr wachsen sie schneller. Meist schon bevor das Gras richtig sprießt, fangen sie an schneller zu wachsen. Im Schnitt hast du acht bis zehn Millimeter pro Monat Wandhornwachstum. Und bei den meisten Hufen kann man so zirka sagen, der Huf wächst einmal in einem Jahr ganz durch.
Pferdeflüsterei.de: Deswegen sagt man auch immer, dass man bei einem Hufpfleger erst weiß, ob er der Richtige ist, wenn er ein Jahr bearbeitet hat (lacht)
Claus: Vielleicht deshalb. Vielleicht auch weil manche Veränderungen einfach Zeit brauchen.

Typische Probleme bei Barhuf-Pferden
Pferdeflüsterei.de: Welche Probleme sind denn typisch beim Thema Huf, die dir immer wieder begegnen?
Claus: Also ich komme jetzt gleich wieder zu dem Eingangs schon sehr präsent erwähnten Strahl. Ein Barhufpferd braucht einen gesunden Strahl. Denn wenn es damit nicht auffußen will, dann haben wir ein Problem. Wenn es Schmerzen bekommt beim Auffußen im Strahlbereich, dann möchte es nicht über den Strahl gehen, dann hast du im schlimmsten Fall eine Zehenfußung.
Zehenfußung heißt, es setzt zuerst mit der Zehe auf dem Boden auf und wenn du jetzt die ganzen Knochenketten obendran anschaust, dann hast du da keinerlei Dämmfunktion, weil alles in einer Linie gestreckt ist und das schlägt dann richtig rein. Deswegen ist der Strahl so wichtig.
Leider tritt aber gerade Strahlfäule sehr häufig auf. Das ist eines der ganz großen Themen. Bei beschlagenen Pferden vielleicht sogar mehr als bei Barhufpferden, weil da der Hufmechanismus durch die Eisen stark eingeschränkt ist. Aber auch bei Barhufpferden hat man oft die Veranlagung. Das hat viel mit den Rahmenbedingungen zu tun. Wenn die Hygiene nicht stimmt und sie den ganzen Tag im Ammoniak stehen müssen. Aber das ist irgendwo auch immer ein bisschen Veranlagung beim Pferd.
Und ein zweites Thema sind oft zu dünne Sohlen oder zu lange Wandüberstände oder Wände, die weghebeln.
Pferdeflüsterei.de: Ja. Die zu dünne Sohle war ja leider auch bei uns ein Thema, bevor du bei Carey die Barhufpflege übernommen hast.
Claus: Unter anderem… ja.
Pferdeflüsterei.de: Carey war deswegen ziemlich fühlig. Wenn das Pferd eine zu dünne Sohle hat, ist das definitiv nicht schön. Jetzt läuft sie ja wieder ganz toll, dank deiner Barhuf-Bearbeitung. Aber kommen wir nochmal zum Strahl. Wie kann ich denn den Strahl gut pflegen, also unabhängig von den äußeren Bedingungen? Manchmal habe ich die ja gar nicht im Griff, weil mein Pferd da steht, wo es steht und der Stallbesitzer es macht, wie er es macht.
Claus: Ich kann natürlich beim Futter schauen, dass das Pferd alle Nährstoffe hat, die es braucht, um überhaupt gesundes Horn produzieren zu können. Also genug, dass auch so viel nachwächst wie von den Bakterien angegriffen und weggeknabbert wird. Und ich kann natürlich regelmäßig auskratzen. Da sollte ich bei einem Pferd, das immer mal im Mist stehen muss, natürlich schauen, dass ich den Dreck einmal am Tag rausbekomme. Und ganz hart gesagt, wenn ich in einem Stall stehe, wo ich die Rahmenbedingungen überhaupt nicht ändern kann und ich das Gefühl habe, dass mein Pferd damit nicht klarkommt, dann müsste ich in letzter Konsequenz den Stall wechseln.
Pferdeflüsterei.de: Dann bleibt nur der Umzug?
Claus: Genau, der Umzug.
Hufpflege – DOS und DONTS
Pferdeflüsterei.de: Kommen wir zur Hufpflege an sich. Da gibt es ja ein paar Sachen, wo sich immer wieder die Geister scheiden. Huföl, ja oder nein? Wässern, ja oder nein? Wenn ja, wieviel, wie im Sommer? Im Winter natürlich nicht, keine Frage. Hast du da ein paar Tipps?
Claus: Also Ölen und Fetten? Nein!
Pferdeflüsterei.de: Nie?
Claus: Nie. Im besten Fall schadet es nichts und wenn jemand sagt, ich finde es so hübsch, werde ich nicht versuchen, ihn zu bekehren. Aber es gibt gute Gründe es zu lassen. Das Wandhorn hat am wenigsten Feuchtigkeit im Huf und nimmt auch relativ wenig von außen auf. Das bisschen Feuchtigkeit, das es aufnehmen kann, wenn es zum Beispiel durch eine taufeuchte Wiese läuft, das verhindere ich ja durch die Versiegelung mit Öl und Fett.
Pferdeflüsterei.de: Mir wurde mal als Tipp gesagt: Ich soll doch die Hufe erst wässern und dann Öl drüber schmieren, um das Wasser so im Huf zu versiegeln. Weil dann würde ja das Wasser im Huf bleiben.
Claus: Das ist Quatsch. Genau wie das Wässern. Es gibt trockene Perioden, es gibt feuchte Perioden und Pferde kommen damit seit Jahr Millionen klar. Wenn die Pferde artgerecht und naturnah gehalten werden, dann kommen sie morgens raus, wenn das Gras feucht ist und auch im Sommer hat man ein bisschen Tau. In besonders trockenen Sommern, machen sich ganz viele Leute Sorgen, weil die Hufe anfangen zu bröseln an den Wänden und ich sage dann immer: Na ja, Pferde sind von der Natur aus eher Steppentiere, wir leben hier eher in einem Feuchtgebiet, eigentlich passt das trockene heisse Wetter vom Boden her ganz gut zum Pferd und wenn da ein bisschen was wegbricht, wächst das auch wieder nach. Das macht einem gesunden Huf nichts aus.

Pferdeflüsterei.de: Ja, ist dann mehr ein optisches Problem, dass man denkt „oh mein Gott, die Hufe sind nicht hübsch.“
Claus: Genau. Dann werden sie wieder schön poliert und geölt und dann glänzt wieder alles und es sieht zumindest optisch so schön fein und gesund aus.
Pferdeflüsterei.de: Also sollten wir die Hufe eigentlich natürlich lassen und fertig?
Claus: Oft Putzen und Dreck rauskratzen natürlich. Wenn ich aber auf einer Koppel stehe, wo die Pferde sich frei bewegen können, muss ich das auch weniger tun. Pferde stehen von Natur aus nicht gerne in ihrem Mist und ziehen immer weiter. Die Möglichkeiten von einem Hektar Platz pro Pferd oder gar mehr, habe ich aber in der Regel nicht. Deswegen müssen wir ein bisschen nachhelfen mit der Hygiene.

Barhuf Bearbeitung – so gehts!
Pferdeflüsterei.de: Kommen wir mal zum Thema Barhuf. Du machst ja ausschließlich Barhufpflege, Natural Huf Care! Nenn uns mal drei Gründe, warum Pferde unbedingt Barhuf laufen sollten.
Claus: Also ich nenne jetzt mal den Hauptgrund. Das ist der funktionsfähige Hufmechanismus. Wenn du den hast, dann gibt es deutlich mehr als drei gute Gründe, warum man die Pferde barhuf laufen lassen sollte. Wenn ich einen Huf beschlage, dann verhindere ich, dass der Hufmechanismus stattfinden kann. Hufmechanismus heißt, das Pferd fußt auf, der Huf weitet sich.
Pferdeflüsterei.de: Geht nicht, wenn Eisen festhalten…
Claus: Geht nicht. Genau! Dieses Weiten ist zum einen natürlich eine Stoßdämpfung, der Huf flacht sich ab, alles dämpft. Und zum zweiten findet eine Pumpfunktion statt. Diese Pumpfunktion versorgt den Pferdefuß, also alles unterhalb vom Karpalgelenk, mit Blut. In diesem Bereich vom Pferdefuß habe ich keine Muskulatur, ich bin also auf passive Durchblutung angewiesen. Mit einem nicht vorhandenen beziehungsweise extrem stark eingeschränkten Hufmechanismus habe ich da nicht nur im Huf selber, sondern auch in der ganzen Fußstruktur, eine viel schlechtere Durchblutung und schlechtere Nährstoffversorgung.
Diese schlechtere Nährstoffversorgung führt dann im Zweifel natürlich auch zu Anfälligkeiten. Ich habe letztendlich auch bei kleinen Verletzungen weniger Heilung und es kommen weniger Nährstoffe im Huf an.
Also habe ich in der Regel ein stärkeres Hufwachstum und gesündere Hufe, allein durch die Versorgung mit Blut durch den Hufmechanismus. Jetzt sagen ja viele, dass ein Hufeisen nur bis zur weitesten Stelle genagelt wird und dahinter könne der Huf ja weiterarbeiten. Aber das halte ich für nicht ganz logisch, weil der Huf ja wie eine Kapsel am Stück ist. Da ist nirgends ein Scharnier eingebaut. Mit Sicherheit findet auch mit Eisen irgendeine kleine Bewegung statt, denn die Pferde überleben ja ihren Beschlag, ohne dass die Füße absterben, aber die Bewegung muss extrem stark eingeschränkt sein. Dann kommt das Gewicht der Eisen noch dazu. Das ist eine Zusatzbelastung.

Pferdeflüsterei.de: Am Huf meinst du?
Claus: Am Huf und auch in den Gelenken. Da habe ich eine hohe Belastung, die ich ohne Eisen natürlich nicht habe. Und ohne das Eisen entfällt auch die Vibration durch das Eisen. Es ist nachgewiesen, dass die Hufe 80 Prozent weniger Stoßdämpfung haben mit einem Eisen. Ein Eisen schwingt mit zirka 440 Hertz und diese Schwingung geht im Prinzip bei jedem Auffußen dann durch alle Gelenke durch.
Pferdeflüsterei.de: Aber ich kenne einige, die die Vorderhufe beschlagen, weil die Pferde dann nicht mehr so fühlig sind beim Ausritt. Das würde doch deinem Argument eigentlich widersprechen?
Claus: Nein – das hat andere Gründe. Die Pferde laufen vermeintlich weniger füllig – aber nicht weil der Abstand zwischen Boden und Sohle dann größer ist, wie es so gerne dann gesagt wird, sondern dadurch dass man die Durchblutung einschränkt mit dem Eisen,. Dadurch schränke ich auch die Nervenfunktion ein. Das ist ein bisschen wie mit eingeschlafenen Füßen oder Händen. Da spürst du ja auch weniger dann. Wenn ich die Nervenfunktion einschränke, dann kommt da einfach weniger Schmerzinformation durch zum Pferdehirn.

Pferdeflüsterei.de: Also der Schmerz ist im Grund da, er wird nur weniger weitergegeben?
Claus: Er wird nicht wahrgenommen, sagen wir mal. So ein Eisen macht ja in der Regel die Sohle nicht zu. Und wenn ich mir jetzt hier gerade bei uns teilweise die Schotterwege anschaue, da habe ich schon Schottersteine, die definitiv auch bei einem beschlagenen Pferd an die Sohle kommen. Das Pferd merkt es nur nicht mehr so stark.
Ein zweiter Punkt von dieser vermeintlichen „Fühligkeit“ bei Barhufpferden ist der, dass Barhufpferde vorsichtiger über Böden gehen, selbst dann, wenn sie eigentlich nicht fühlig sind, weil die Sohle so dick ist, dass sie das gut aushalten. Weil das Barhufpferd eben durch diese uneingeschränkte Nervenfunktion die ganzen Unterschiede im Boden spürt und auf einem kippeligen Untergrund möchte es halt nicht so gerne stehen. Es sucht sich also einen festen Untergrund.
Pferdeflüsterei.de:: Barhuf bedeutet also auch, dass mein Pferd grundsätzlich sicherer läuft?
Claus: Genau. Es läuft sicherer und es hat mehr Gefühl für den Boden. Als Fluchttier möchte ein Pferd immer einen festen Stand haben, um losrennen zu können und wenn es jetzt auf spitzen Steinen herumbalancieren muss, dann wird es nicht so unbeeindruckt da drüber laufen wie mit Beschlag. Von daher stelle ich mit dem Eisen diese Probleme erstmal ab, ohne Frage. Die Frage ist nur, für welchen Preis und ob es wirklich sein muss.
Wie jedes Pferd Barhuf laufen kann
Pferdeflüsterei.de: Kann denn jedes Pferd barhuf laufen?
Claus: Jedes richtig bearbeitete, richtig gefütterte, artgerecht gehaltene und auch artgerecht gearbeitete Pferd kann Barhuf laufen.
Pferdeflüsterei.de: Weil du ja immer wieder die Leute hast, die sagen: Ich habe es probiert über Wochen, aber die Hufe brechen und brechen und brechen. Mein Pferd hat schon Lahmheiten, es will nicht mehr laufen, deswegen habe ich jetzt wieder die Eisen. Kenne ich einige…
Claus: Kenne ich auch einige. Aber ich kenne auch einige, die es dann doch nochmal versucht haben und es dann trotz allem geklappt. Eine Umstellung auf Barhuf bedeutet nicht: Heute habe ich beschlossen, mein Pferd wird zum Barhufpferd, morgen kommen die Eisen runter und dann läuft es barhuf. Das ist in der Regel zum Scheitern verurteilt.
Pferdeflüsterei.de: Ich brauche Zeit?
Claus: Ich brauche Zeit, ich brauche unter Umständen eine Fütterungsunterstützung, dass das Hufwachstum angeregt wird. Ich brauche die richtige Bearbeitung, die dem Huf überhaupt eine Chance lässt, sich so zu entwickeln wie er muss und ich brauche im Zweifel einen Hufschutz, also sprich auch einen Hufschuh für Ausritte.

Pferdeflüsterei.de: Wie viel Geduld muss ich in etwa mitbringen, wenn ich umstellen möchte? Reden wir da von Wochen, Monaten? Also ich meine, schon klar, dass jedes Pferd auch anders ist – der eine Huf verträgt es sicher schneller, der andere weniger schnell…
Claus: Genau. Es kommt immer auf die Qualität vom Huf an. Auch auf die Qualität vom Beschlag. Ich zitiere immer wieder gerne ein altes Hufbeschlagsbuch von 1800. Da stand schon damals geschrieben: Der Beschlag ist einfach nur da, um Pferde benutzbar zu machen, nicht um sie gesund zu halten.
In dem Buch steht aber auch: Die schädigende Wirkung vom Beschlag hängt ganz stark davon ab, wie gut er gemacht wird, wie früh ein Pferd beschlagen wird und ob die Eisen im Winter wieder runterkommen oder ganzjährig drauf bleiben.
Und wenn ich jetzt einen ehemals beschlagenen Huf habe, bei dem der Strahl gesund ist, dann habe ich sicherlich eine schnellere Umstellung als bei einem Huf, wo ich fast keinen Strahl mehr habe und wegbröselnde Wände oder eine desolate dünne Sohle.
Da brauche ich länger. Eine pauschale Ansage lässt sich da also nicht machen, wie lange es dauert, aber im schlimmsten Fall kann man auch mal von einem Jahr ausgehen, indem das Pferd nur eingeschränkt benutzbar ist oder nur mit Schuhen ins Gelände kann. Aber wenn ich die Zeit mitbringe, schaffe ich es normalerweise.
Pferdeflüsterei.de: Und wenn Pferde so brüchige Hufe haben oder vielleicht die dünnere Sohle, wie kann ich das fördern? Kann ich da mit entsprechendem Futter fördern oder ist es eine Frage des Stoffwechsels?
Claus: Also auf jeden Fall ist es eine Stoffwechselfrage, wobei natürlich der Stoffwechsel die nötigen Mineralstoffe braucht. Ich muss mir immer anschauen, wie das Pferd im Gesamten aussieht und ob ich noch mehr Anhaltspunkte habe, dass das Pferd ein Stoffwechselproblem hat.
Huf gehört immer auch zur Haut. Oftmals haben Pferde, die ein großes Hufproblem haben, auch Fell- und Hautprobleme. Dann stellt sich schon die Frage, ob ich jetzt einfach nur irgendwelche Mineralien pauschal zufüttere, weil ich mal gelesen habe, dass das gut ist für den Huf oder überlege ich ein Konzept, das Huf und Fell und Haut in einem abdeckt.
Muss ich unter Umständen auch erstmal eine Ausleitung machen, um wieder alles zu sanieren und dann aufbauen zu können oder sage ich: Eigentlich sieht das ganz gut aus, ich brauche nur mehr Hufwachstum und füttere dann eben entsprechend.

Pferdeflüsterei.de : Also sollte ich eigentlich die Umstellung immer kombinieren mit Blutbild, Tierarzt, Heilpraktiker, Hufpfleger und dann gemeinsam überlegen, wie gehen wir es bei diesem Pferd speziell an, um umzustellen oder um Barhuf dauerhaft hinzukriegen? Das klingt nach einem ganzen A-Team nur für die Hufe (lacht)..
Claus (lacht auch): Ob man jetzt gleich das große Paket braucht mit 20 Leuten und 20 Rechnungen glaube ich nicht. Aber auf jeden Fall sollte man diesen Umstellungsprozess planen. Vor allen Dingen, wenn ich ein Pferd habe, bei dem es schon mal schief gegangen ist oder ein Pferd, bei dem mir schon mein Schmied gesagt hat, dass es schlechte Hufe hat. Dann sollte ich vielleicht schon vorher anfangen, den Stoffwechsel zu unterstützen, plane meine Reiturlaube, Wanderritte und Kurse für das kommende Jahr entsprechend und mache mir schon Gedanken über Hufschuhe oder über Turnierteilnahmen.
Und wenn ich das alles berücksichtige, dann habe ich auch eine hohe Aussicht auf Erfolg. Wenn ich jetzt einen Huf habe, der supergut aussah und ich habe mein Pferd erst einmal beschlagen gehabt und sage: Nein, ich möchte es doch nicht, dann werde ich vermutlich keine Probleme haben, wenn es vorher gut lief. Am Anfang natürlich erstmal ein bisschen schlechter – je nachdem, wie ausgeschnitten wurde für den Beschlag – aber das soll dann kein Problem sein. Muss man ganz individuell mit ein bisschen Vorlauf und mit ein bisschen Geduld an die Sache rangehen.

Wann machen Eisen doch Sinn
Pferdeflüsterei.de: Jetzt reden wir die ganze Zeit über Barhuf und wie wir die Eisen loswerden können. Ich meine, du bist Hufpfleger, du bist vielleicht auch ein bisschen voreingenommen ;-) Gibt es denn auch Gründe, bei denen auch du sagst, dass ein Eisen besser ist als Barhuf?
Claus: Reden wir von einem Pferd, das Hufprobleme hat oder gesunde Hufe und es einfach nur um Benutzbarkeit geht, die noch im normalen behandelbaren Bereich ist, dann sehe ich persönlich keine Notwendigkeit.
Im Extremfall – im klinischen Bereich – wenn ich zum Beispiel den ganzen Huf aufsägen muss, um irgendetwas rauszumachen und dann habe ich zum Beispiel zwei Hufhälften hinterher, da wäre es dann sicherlich sinnvoll bewusst den Hufmechanismus kurz auszuschalten, damit alles wieder runterwächst. Aber von solchen Extremfällen abgesehen gibt es keinen vernünftigen Grund, dass ein Pferd beschlagen werden muss.
Es gibt im Grunde nur einen Grund es zu tun, nämlich wenn ich ein gesundheitliches Problem habe am Huf und sage: Na ja ich möchte es möglichst schnell benutzbar machen und stelle jetzt einfach mal alle Symptome ab. Das mag ein Grund sein, den muss ich nicht gut finden, aber es ist ein Grund.
Ein anderer Grund wäre, dass ich mit meinem Pferd einfach Dinge mache, die über die normale Nutzbarkeit hinausgehen. Wenn ich zum Beispiel jeden Tag 20 Stunden Kutsche fahre. Das funktioniert ohne Eisen einfach nicht. Dafür wurden sie ja ursprünglich erfunden und das leisten sie auch.
Pferdeflüsterei.de: Ja, da ist natürlich die Frage, wie pferdefreundlich das ist…
Claus: Richtig.
Pferdeflüsterei.de: Das muss dann jeder für sich mit seinem Gewissen entscheiden.
Claus: Genau, das muss jeder für sich entscheiden.
Pferdeflüsterei.de: Dann gibt es aber noch den therapeutischen Beschlag. Der wird als kurzfristige Variante ja auch immer wieder von Tierärzten empfohlen. Mir auch mal. Ich habe mich ja dann dagegen entschieden und es ging super ohne. Aber wie siehst du das?
Claus: Dieser klassische therapeutische Beschlag funktioniert im Sinne der schnelleren Benutzbarkeit auf jeden Fall. Ob er nachhaltigere Erfolge bringt, sei dahingestellt. Ich kriege, Barhuf ja bessere Durchblutung und bessere Nährstoffversorgung. Wenn der Huf also heilen soll, wäre es sicher nachhaltiger Barhuf zu bleiben. Ich halte diese klassischen therapeutischen Beschläge nicht für notwendig. Es ist einfach eine Einstellungsfrage zu meinem Pferd! Wenn es gerade ein Problem hat und gerade deswegen nicht reitbar ist und ich die Geduld mitbringe und ihm Zeit zum Heilen gebe, geht es in aller Regel auch ohne.
Ist ein reines Sportgerät, mit dem ich Geld verdienen will oder Geld verdienen muss oder sehe ich nur die „Nutzbarkeit“, dann habe ich andere Entscheidungsgrundlagen für meine Gewissensentscheidung. Ich verurteile niemanden und ich bekehre auch niemanden, aber ich habe eine klare Meinung, was ich davon halte.

Hufschuhe – die Lösung?
Pferdeflüsterei.de: Was mache ich aber dann, wenn ich viele Schotterwege und Asphaltwege habe, ich meine, dann gibt es ja auch viel Abrieb oder die Reithallenböden, da gibt es ja auch viel Tierärzte, die davon abraten, das Pferd ohne Eisen laufen zu lassen. Da bleibt dann nur der Hufschuh wahrscheinlich?
Claus: Da bleibt zum einen nur der Hufschuh, zum anderen kann sich ein gesunder Pferdeorganismus bis zu einem gewissen Grad an diesen Abrieb anpassen. Nicht von heute auf morgen, aber mittelfristig schon. Wir hätten ja keine wildlebenden Pferde, die auf harten und auf weichen Böden leben können, wenn der Huf immer pauschal wachsen würde. Ein Pferd, das irgendwo in einem weicheren Grasgebiet wild lebt, kommt dort ja klar. Ein Pferd, das über steinige Böden läuft, kommt ja auch klar, obwohl das definitiv mehr Abrieb hat. Also muss irgendwas im Pferdekörper ja darauf reagieren.
Pferdeflüsterei.de: Die Natur ist clever.
Claus: Ist sie! Ob man es hinbekommt komplett ohne Hufschuhe überall und immer zu Reiten ist die Frage. Denn die Natur hat die Pferde ja nicht zum Reiten gemacht. Das ist also eine Zusatzbelastung für den Huf, den wir aber bei Ausritten mit Hufschuhen ganz einfach auffangen kann.

Braucht es Eisen für ein Springpferd?
Pferdeflüsterei.de: Und dann gibt es die, die immer wieder fragen, ob auch Springpferde Barhuf gehen können. Die, die sagen, dass sie ohne Stollen nicht springen möchten. Wie siehst du das?
Claus: Pferde können prinzipiell Barhuf springen. Über welche Höhen sie springen wollen und können, sei dahin gestellt. Ich habe schon von Kunden gehört: Na ja, wenn ich jetzt wirklich auf einem feuchten Rasenplatz hochklassig springen will, dann ist mir das ohne Stollen unheimlich.
Dann denke ich: Ja, wäre es mir vielleicht auch. Die Frage ist, will ich es dann? Ich denke, dass ein Pferd ohne Lebensnot nicht irgendwo springen würde, wo es nicht gesund landen kann. Da bin ich wieder in dem Sportbereich, wo sich die Frage stellt: Ist das noch artgerecht? Ist das noch pferdegerecht? Brauche ich es? Möchte ich es? Aber grundsätzlich kann ich mit Sicherheit auch im normalen Umfang ohne Spezialbeschläge springen.
Pferdeflüsterei.de: Gibt es denn da noch mehr so, ich sage mal Urban Legends in Sachen Eisen, die dir immer wieder begegnen, die du gerne mal entkräften würdest?
Claus: Eigentlich einer der wesentlichen ist, dass ein Pferd für alle möglichen Krankheiten ein Eisen brauchen soll und so mit irgendwelchen Hilfsmitteln und Tricks diese Krankheiten behoben werden sollen. Dann scheint eine Standardtherapie für alles das „Höherstellen“ zu sein. Klar, ich entlaste durch das Höherstellen Sehnenstrukturen, aber die Frage ist, was belaste ich denn im Gegenzug? Ich kriege ja nichts umsonst.
Noch eine der wesentlichen Legenden ist, dass das Pferd für seine Heilung diesen Beschlag braucht. Die Tierärzte empfehlen das oft und ich mache denen auch dahingehend keinen Vorwurf, weil sie damit letztendlich nur die Erwartungshaltung erfüllen. Wer zum Arzt geht, will geheilt werden. Ein Arzt, der auf den Hof kommt und sagt: Hm, das Pferd läuft schlecht, warten wir mal einen Monat ab und dann sehen wir weiter und lassen es erstmal ein bisschen auf der Koppel stehen – der wird wahrscheinlich ein Problem mit seiner Reputation bekommen.
Pferdeflüsterei.de: Aber es wäre mir so recht, dass das mal einer sagen würde. Da muss man immer gegen den ärztlichen Rat entscheiden und das Pony trotzdem auf die Koppel lassen…
Claus: Ja, es gibt ja sowas wie eine herrschende Meinung und Standards der Wissenschaft und in diesen Standardwerken sind dann Standardtherapien drin, die teilweise nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein müssen, die aber im Zweifel bei einem Prozess maßgeblich sind für das Urteil des Richters. Ich habe zum Beispiel gerade letztens von einem Kunden erzählt bekommen, da ging es um Boxenruhe wegen Sehnenschaden oder um leichte Bewegung, so dass das Pferd zwar nicht durchstarten kann, aber sich trotzdem bewegen kann – und da hat der Tierarzt ihm gesagt: „Na ja, also wer die Möglichkeit hat, soll es besser nicht in die Box stellen. Das soll sich bewegen, auch mit Sehnenschaden, aber eben so, dass es keine ungeplanten Belastungen gibt. So, dass das Pferd einfach laufen muss, aber nicht losgaloppieren kann. Wir wissen ja auch im Humanbereich, dass Durchblutung, Bewegung und Reiz sich wichtig sind. Da macht man heute ja auch keine Ruhigstellung mehr über Monate hinweg bei Verletzungen.
Der Tierarzt hat ihm das auch ganz vernünftig erklärt und im Arztbericht stand aber trotzdem als empfohlene Maßnahme: Boxenruhe. Das lässt sich für mich nur so erklären, dass Boxenruhe wohl der Standard ist und der Mediziner sich dann eben einfach vor einem Prozess absichert. Es ist vielleicht im Pferdebereich noch herrschende Meinung, dass die Ruhigstellung eine schnellere Heilung bringt. Dabei geht man zum Beispiel in der Humanmedizin mittlerweile davon aus, dass moderate Bewegung meistens sogar eher die Heilung beschleunigt. Aber das ist offenbar noch nicht in die Standardwerke beim Pferd eingeflossen. Natürlich bleibt da ein Restrisiko, dass das Pferd sich dann doch mal zuviel bewegt und losrennt. Dem Pferd kann man ja nicht sagen, dass es sich nur moderat bewegen soll, aber man kann Bedingungen schaffen, die dem Pferd möglichst keine Galoppsprünge oder Trabrunden erlauben.
Barhuf – die Strömungen gibts
Pferdeflüsterei.de: Okay – alles spricht für Barhuf – wir haben uns jetzt dafür entschieden ;-) Kommen wir noch kurz zur Barhufbearbeitung. Da gibt es ja auch verschiedene Richtungen. Du arbeitest vor allem nach den Prinzipien von „Natural Hoof Care“. Was genau bedeutet das?
Claus: „Natural Hoof Care“ ist kein geschützter Begriff. Deswegen würde ich auch jedem, der sich für diese Richtung entscheidet in den Verband zu schauen. Die Kollegen, die dort gelistet sind, haben eine Ausbildung, machen Fortbildungen und da ist ein gewisser Qualitätsstandard gewährleistet. Dann gibt es ja noch weitere Richtungen und davon jeweils verschiedene Abspaltungen von allen möglichen Schulen. Wie Strasser oder Biernat. Und es gibt natürlich noch die klassischen Schmiede.
Pferdeflüsterei.de: „Natural Hoof Care“ versucht ja dem Mustanghuf irgendwie nahezukommen. Also ein natürlicher und individueller Huf, der optimiert werden soll, oder? Und wie unterscheidet sich das von den großen Strömungen Strasser und Biernat?
Claus: Also ein ganz wesentlicher Aspekt, der alles unterscheidet, ist die Frage, wie stark greife ich ein mit Stellungsänderungen und wie stark schneide ich die Hufe aus.
Natural Hoof Care sagt zum Beispiel, dass ich so viel mache wie unbedingt sein muss, aber so wenig wie möglich. Der Hauptpunkt, der die Schulen unterscheidet, ist um Grunde die Frage, wie ich mit Problemen umgehe und wie viel ich schneide.
Pferdeflüsterei.de: Okay. Aber dann muss sich jeder quasi selber erkundigen und überlegen, welche Form erscheint ihm am logischsten und dann den entsprechenden Hufpfleger auch angucken, weil jeder Hufpfleger vermutlich auch so ein bisschen seinen, ich sage mal, individuellen Style entwickelt?
Claus: Mit Sicherheit unterscheiden sich die Personen sehr stark untereinander, auch innerhalb der einzelnen Schulen. Jeder Mensch arbeitet ein bisschen anders. Eine grobe Richtung erkennt man aber schon. Also ich sehe Hufen, wenn ich sie übernehme, in der Regel schon an nach welcher Richtung sie bearbeitet wurden.

Pferdeflüsterei.de: So, dann kommen wir also zur Natural Hoof Care und dem Mustanghuf. War das denn richtig?
Claus: So halb und halb. Wir versuchen nicht jeden Huf in ein Mustanghuf zu schnitzen. Sondern wir haben eine Vorstellung wie der ideale Huf in der Wildnis aussehen und funktionieren würde und geben dann dem individuellen Huf, die Impulse die er braucht, damit er eine Chance hat, sich in seine optimale Form zu entwickeln. Alles unter dem Aspekt, welche Impulse denn die Natur beim Mustang setzt. Und wenn der Huf dann hinterher aussieht wie ein Mustanghuf gefällt mir das sehr gut, wenn er aussieht, wie ein Waldbrandaustreter und der Huf wunderbar funktioniert, das Pferd ganz toll damit läuft, dann muss er mir persönlich nicht gefallen, er funktioniert, die Biomechanik stimmt und die Impulse sind dann halt bei dem Pferd in diese Richtung gegangen und das Pferd läuft gut.
Pferdeflüsterei.de: Aber wie wäre denn der perfekte Mustanghuf?
Claus: Die Kriterien sind im Prinzip eine kräftige Sohle, ein schöner Strahl und keine Hebel, die die Mechanik stören. Man sieht ja oft Hufe, die fast kleeblattförmig aussehen, also entenfußmäßig oder Hufe mit extrem langen Zehen. Das sind ja alles biomechanische Abstrusitäten. Da zerrt was bei jedem Auffußen und an der ganzen Hufstruktur. Das gefällt mir nicht, aber das gefällt auch einem Pferd nicht. Jetzt kann ich im Umkehrschluss natürlich nicht sagen, was mir da nicht gefällt, muss weg. Irgendwas am Pferd hat sich ja darauf eingestellt.
Pferdeflüsterei.de: Das muss man also langsam wegarbeiten?
Claus: Das muss ich langsam angehen und der Huf sagt mir auch über die Sohle, was ich bearbeiten kann und was nicht. Er zeigt mir: An welchen Stellen möchte ich jetzt hier mehr weg haben, an welchen Stellen bin ich noch nicht so weit. Und wenn man da mit der entsprechenden Methode rangeht, dann hat man oft mit einem ganz kleinen Impuls am Anfang ganz viel erreicht. Und der geneigte Besitzer der frisch auf Natural Hoof Care umgestiegen ist, denkt sich: Na ja, und für dieses einmal über die Kante polieren habe ich jetzt Geld bezahlt…. Aber man hat dann sechs Wochen später plötzlich eine Möglichkeit, durch diesen kleinen Impuls eine Veränderung zu erzielen, an der man dann arbeiten kann.

Wie kann ich einen guten Hufpfleger erkennen?
Pferdeflüsterei.de: Wie kann ich denn dann als Laie erkennen, ob mein Hufpfleger einen guten Job macht?
Claus: Also zum einen sollte ein Pferd nach der Bearbeitung mindestens genauso gut laufen wie vorher und nicht schlechter. Wenn es mal anders sein sollte und es dafür vielleicht auch einen Grund gibt, dann sollte der gute Hufbearbeiter das aber auch kommunizieren bevor er es tut. Zum zweiten sollte ich mittelfristig in irgendeiner Weise einen Erfolg sehen. Wenn der Erfolg nicht da ist und ich spreche den Kollegen darauf an, dann sollte er mir aber auch plausibel sagen können, warum wir noch nicht dort sind. Und was man vielleicht noch dafür tun muss. Und vor allen Dingen sollte er mir auch als Laie alles erklären können, so dass ich es logisch nachvollziehen kann. Und du persönlich fragst ja gerne, wie ich weiß ;-)
Pferdeflüsterei.de (lacht): Ja, ich habe dich bei deinem ersten Besuch bei uns ziemlich gelöchert…
Claus (grinst): Die erste Bearbeitung hat damals lange gedauert, ja
Pferdeflüsterei.de: Ja, naja, man muss ja wissen, was derjenige da treibt am Huf ;-) Gibt es denn dann auch Fehler oder falsche oder schlechte Hufbearbeitung, bei der du sagst, dass dir das immer wieder begegnet? Worauf ich besonders achten kann, um zu schauen wenn der Hufpfleger da ist
Claus: Es ist im Grunde wie ein roter Faden. Immer wieder die Frage: wie viel schneide ich weg und wo schneide ich weg. Viele Leute, Hufbearbeiter wie Kunden, denken, dass es schön ist, wenn der Huf innen drin schön weiß ist und schön glatt, der Strahl schön sauber aussieht, alles glänzt und klare Schnittlinien da sind. Das kann man schön finden, aber das Pferd findet es meistens weniger schön. Und wenn jetzt jemand wirklich anfängt wie wild im Huf rumzuschnitzen, Sohle wegzunehmen, einen Strahl wegzuschneiden, würde ich schon mal fragen, warum das notwendig ist. Es kann manchmal notwendig sein und manche Dinge müssen weg, aber wenn einer anfängt pauschal wild rumzuschneiden, ist das selten zielführend.
Pferdeflüsterei.de: Supertipps, danke dir! Jetzt kommt die letzte Frage. Wie oft sollte denn ein Hufpfleger kommen? Es gibt ja die, die sagen: Alle vier Wochen, sonst geht das gar nicht. Dann gibt es aber auch manche, die kommen alle acht Wochen oder alle drei Monate. Hast du da so eine Pauschale, wo du sagst, das ist ungefähr meistens ein ganz guter Zeitraum?

Claus: Etwa90 Prozent meiner Pferde oder auch Kollegenpferde passen gut in den Sechs-Wochen-Rhythmus. Wenn ich starke Stellungsänderungen machen muss, die ich nur in kleinen Schritten erreichen kann, dann bietet sich ein kürzerer Rhythmus an oder wenn ich andere Hufprobleme habe. Aber die meisten Pferde kommen ganz gut mit einem 6-Wochen-Rhythmus klar.
Pferdeflüsterei.de: Jetzt wissen wir hoffentlich alle besser Bescheid und werfen die Eisen weg. (lacht) Vielen Dank für das Interview.
Claus: Gerne (lacht)
Claus erklärt in diesem Artikel, sehr einleuchtend, das wässern der Hufe wäre nicht nötig.
Vorher habe ich dein Interview mit Hufbearbeiter Carsten gelesen, wo gesagt wird: wässern, wässern, wässern….?
V. G.
Birgit
Ich weiss – da scheiden sich die Geister – auch bei den Hufbearbeitern. Ich persönlich würde schauen, wie es den Hufen deines Pferdes geht und welcher Weg ein guter für euch zu sein scheint und das dann zu testen. Es ist wie im Pferdetraining – jeder Trainer, jeder Experte, hat andere Ideen – da Pferde individuell sind, müssen wir schauen, was bei unserem Pferd am Besten funktioniert. Es ist verwirrend, aber da müssen wir Pferdebesitzer irgendwie leider durch ;-) Alles Liebe, Petra
Hallo Petra,
ein wirklich toll und sehr aufschlussreich, dieses Interview.
Leider fehlte mir der Punkt, was ich tue, wenn mein Pferd ohne Schurz gar nicht mehr zurecht kommt. Nicht auf dem weg zur Koppel und zurück.
Leider habe ich mit meinem Traber genau dieses Problem. Ohne Schutz geht gar nix mehr….er wird seit fast3 Jahren nach dem nhc Prinzip bearbeitet und wir bekommen die empfindliche und viel zu platte Sohle nicht in den Griff?. Was mache ich jetzt? Wahrscheinlich werden wir jetzt beschlagen müssen, da mir die Ideen und Lösungen ausgehen. Auch meine Hufbearbeiterin nach nhc ist ratlos.
LG Jana
Wenn es gar nicht geht, kannst du dir mal „Goodsmith“ oder „Duplos“ anschauen :-) Das ist eine etwas flexiblere Variante. Und dann lohnt es sich manchmal auch zu schauen, ob eine andere Variante der Hufpflege auch helfen kann (hatte er das Problem mit der Sohle auch schon bei anderen Hufpflege-Systemen?) oder bedarfsgerechte Fütterung. Gerade Susanne Weyrauch oder die Krauterie haben Spezialkräuter nur für die Hufe. Das ist halt superspeziell und muss individuell gecheckt werden, warum es so gar nicht geht. Ganz liebe Grüße und ich drücke euch die Daumen, Petra
Hallo Petra,
wie war deine Stute davor Beschlagen? Vorne oder hinten schwerer oder rundum gleich? Wenn das Pferd vorher dadurch eine Unterstützung hatte und du nimmst sie ihm plötzlich weg, hat es es erstmal schwerer.
Meine Islandstute war rundum gleich Beschlagen bzw ist von Frühjahr bis Herbst mit Duplos Beschlagen und geht über Winter 4 (-6) Monate Barhuf, trotzdem habe ich ab und zu Schwierigkeiten mit passigem Takt im Tölt oder Schwierigkeiten im Galopp gehabt, da es diese Probleme ganz am Anfang (war beim Kauf Fortgeschrittener Anfänger, mit nahezu keiner Tölterfahrung) auch mit Eisenbeschlag gab und wir da im Unterricht verschiedene Übungen gemacht haben, habe ich diese Barhuf weiter gemacht und wenige Male mit Gewichtsglocken unterstützt, um ihr wieder einen Kick/Schubs in die richtige Richtung zu geben quasi… Lief hinterher in der Halle Barhuf (ohne Gewichtsunterstützung) in jeder Gangart im Takt und in der selben Tempovarianz wie mit Beschlag… Was mir weiter bei meiner eigenen Stute aufgefallen ist, ist die Länge des Bearbeitungsintervalls, ist dieser für das jeweilige Pferd zu lang (kam zu stande weil ich irgendwann die Bearbeitung selbst übernommen habe und es leider bevor ich das selbst gemacht habe etwas gedauert hat bis der Mut da war und Unterstützung organisiert war), also hab ich grosse vorher-nachher Unterschiede muss sich das Pferd natürlich auf das neue laufgefühl einstellen (was nix damit zu tun hat das es nach der Barhufbearbeitung besser läuft, ich Vergleiche es gerne mit alten z. B. schief abgelaufenen Schuhen die man lange trägt und dann kauft man sich neue Schuhe und da steht man dann grade drin und so, es ist erstmal ein ungewohntes Gefühl, da muss man sich ja auch erst wieder dran gewöhnen), heute achte ich auf für mein Pferd und dem individuellen Verhältnis Wachstum-Abrieb auf möglichst kurze Intervalle, um den Unterschied vorher-nachher möglichst gering zu halten… Das beseitigte das Phänomen das nach meiner ersten bzw 2. Bearbeitung wieder Gangsalat herrschte … Inzwischen ist sie älter und das untertreten fällt ihr Arthrose Bedingt schwerer, das ich aufpassen muss das sie z. B. im Tölt nicht in Richtung Trab kippt, da versuche ich halt nicht so lange am Stück zu tölten wenn ich merke heute ist ein Tag wo es ihr schwerer fällt und freue mich über Tage wo es mal so gut klappt wie früher und genieße es dann auch richtig wenn wir da so ohne große Anstrengung daher tölten.
Hoffe ich konnte dir weiterhelfen
Gruss Anna
Hallo liebe Anna, falls du mich meinst? Meine Stute war immer Barhuf – wir haben da auch keine Probleme oder Fragen zu diesem Thema. Aber vielleicht richtet sich dein Kommentar ja auch an jemand andere :-) Ganz liebe Grüße, Petra
Guten Abend
Die meisten Islandpferde sind beschlagen ,weil sie dann bessere Gänge sprich Tölt haben sollen?
Meine erste Stute habe ich nach 5 Jahren mit Beschlag auf Barhuf umgestellt.
Bei ihr war dasProblem das sie keine klaren Gänge mehr hatte uns sie sie wieder neu lernen musste.
Meine Frage ,wodurch kommt das?
Gruß Petra
Puh – da bin ich überfragt. Ich bin kein Isi-Kenner. Aber es gibt ja auch so viele Isis, die von Natur aus Probleme mit den Gängen haben, vielleicht verstärkt sich das durch so eine Umstellung? Ich rede ins Blaue… vielleicht meldet sich jemand mit einer Idee. Ganz liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
auch wenn ich den Artikel erst 1 Jahr später gesehen habe, toll! Mein Spanier steht schon immer Barhuf, er läuft sehr gut ohne und hat gute Hufe. Seitdem wir vor 6 Jahren den Stall gewechselt haben, somit auch den Hufpfleger, hat er immer wieder Probleme mit den Sehnen hinten. Bisher haben wir es immer wieder in den Griff bekommen, allerdings läuft er jetzt seit 3 Monaten schlecht und eiert rum. Der TA meint: einzige Lösung Eiereisen hinten, da er durchtrittig ist hinten- Ich habe mir von Alternativen Therapeuten, 2 anderen Hufbearbeitern und seiner Physiotherapeut auch Meinungen geholt. Sie haben alle gesagt, das Problem kommt vom Rücken, die Beine wären Zeichen einer Überlastung. Er ist total fest, hatte zeitweise auch Berührungsschmerz. Jeder erzählt aber etwas anderes und ich weiß nicht mehr weiter. Ich will ihn gerne Barhuf lassen. Meine Frage: Welchen Sinn erfüllen die Eiererisen / Eisen mit Steg oder gibt es auch eine Barhuf Möglichkeit?
Hallo liebe Tara, puuuuh. Mit den Eiereisen kenne ich mich leider nicht aus. Ich habe allerdings auch mal die Erfahrung gemacht, dass meine Kleine bei falscher Hufpflege steifer geworden ist. Wir konnten es mit einem Wechsel lösen. Dazwischen lagen allerdings zwei weitere Hufpfleger, bei denen es schlechter wurde. Sprich: Ich musste 3 Hufpfleger ausprobieren, bis wir das Problem gelöst hatten. Je nachdem wie alternativ der Tierarzt tickt, neigen manche Tierärzte recht schnell zum Eisen. Aber ich kenne deinen Tierarzt nicht und auch das Therapeuten Team. Wenn sich allerdings alle einig sind, dann wäre die Frage: Wie du den Rücken therapieren sollst. Ich denke, dass sie dir doch dann auch Tipps gegeben haben, oder? Ganz liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
wirklich toller Artikel. Ich habe mein Pferdchen seit kurzem übernommen und würde es gern auf Barhuf umstellen. Es hat seit 6 Jahren vorn Eisen und die Besitzerin meinte, barhuf hatte Sie schonmal probiert, aber er läuft sonst so fühlig.
Wann würdest Du sagen wäre der richtige Zeitpunkt? Jetzt vor dem Winter oder erst im Frühling? Wie würdest Du vorgehen, vorher erst einmal ein Blutbild machen, um ihn gezielt mit Futter zu unterstützen?
Hallo liebe Isabell, ich persönlich würde mir einen guten Barhufpfleger suchen und ihn um Unterstützung bitten. Ich glaube fast, dass die Umstellung im Winter etwas einfacher ist, weil man weniger draussen unterwegs ist und die Wege etwas weniger hart und trocken. Aber das ist jetzt meine „unfachliche“ erste Idee. Mit Futter unterstützen ist eine Super Sache, aber ob du wirklich ein Blutbild brauchst und nicht einfach nur Hufwachstum und Huffestigkeit förderndes ist die große Frage. Aber auch da: ein guter Hufpfleger denkt ganzheitlich und kann dich da individuell unterstützen. Ich drücke euch fest die Daumen und finde dein Vorhaben toll! Ganz liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
das war wirklich ein tolles Interview, was mir als „Neueinsteiger“ beim Barhufpferd ein paar Basics vermittelt hat. Mein erstes Pferd hatte immer Eisen weil es einfach so war, mein jetziges Pferd (8 Jahre) hatte bisher nie Eisen und ich würde dies gern auch so belassen. Allerdings habe ich nun das Problem, dass sich durch unsere Schotterböden im Wald seine Hufe extrem abgelaufen/gekürzt haben. Ich habe nächste Woche nochmal einen Termin beim Hufpfleger und bin mal gespannt was er dazu sagt, habe mich aber paralell bereits über Hufschuhe informiert. Habt ihr sonst noch weitere Tipps? Und gibt es eine Seite wo ich einen guten Barhufpfleger in meiner Nähe finden kann?
Vielen Dank und viele Grüße, Steffi
Hallo liebe Steffi, das freut mich sehr, dass dir das IV weitergeholfen hat :-) Zu deiner Frage: Es kommt ein bisschen darauf an, wie dein Pferd tickt und welche Methode euch am sinnvollsten erscheint. Die großen „Methoden“ sind ja Biernat, Strasser und Natural Hoofcare. Jede hat Vor- und Nachteile und jede gute und „nicht so gute“ Hufpfleger. Dann kannst du über deren Seiten gehen und dir zumindest einen zertifizierten Hufpfleger der Methode schnappen. Ob er dann gut ist oder nicht, wird dir nur die Erfahrung zeigen. Carey und ich haben 3 Hufpfleger gewechselt bis wir happy waren. Sprich: Du musst dann schauen, ob und wie dein Pferd läuft und ob du das Gefühl hast, dass die Hufe gut gepflegt sind. Das ist doof, aber das ist leider so. Wie beim Arzt – da musst du auch schauen, bis du einen guten für dich gefunden hast. Ganz liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
ein interessanter Artikel, vielen Dank. Ganz wichtig finde ich jedoch nicht zu verallgemeinern. Eine naturnahe Haltung, die den Hufmechanismus trainiert, ist vielen Pferdebesitern nicht möglich, selbst gute Offenställe haben meist einen ebenen Sandpaddock und eine Grasweide, da fehlt es an unterschiedlichen Reizen. Unsere Pferde leben nunmal nicht mehr in der weiten Steppe. Meine drei Fellnasen gehen barhuf (im Gelände z.T. mit Hufschuhen). Damit ein Pferd schmerzfrei barhuf laufen kann, benötigt es m.E. n. zudem einen guten Hufbearbeiter, der jeden Huf individuell bearbeitet. Leider bearbeiten viele Hufbearbeiter den Barhuf immer noch so, wie sie einen Huf für einen Eisenbeschlag bearbeiten würden, viele Barhuflehren setzen auch so an: an allen Seiten wird der Huf in Form gebracht – was zwar gleichmäßig und „schön“ aussieht, aber nicht unbedingt zu einem gesunden Barhuf mit gesundem Laufverhalten verhilft. Meine Erfahrung zeigt, nur wer einen wirklich guten Barhhufbearbeiter hat (oder sich selbst gut helfen kann), dessen Pferd wird gut barhuf gehen können. Hufbearbeiter, die dogmatisch irgendwelche Vorgaben nach Winkelungen, Achsen, etc. befolgen, sehen meist nicht das individuelle Pferd, den individuellen Huf. Jeder Huf ist anders. Der Hufbearbeiter muss weiterhin das Pferd in seiner Gesamtheit sehen, seine Anatomie, seine Beinstellung und Fußung sowie Bewegungsmechanik analysieren und entsprechend handeln. In der Natur läuft sich das Pferd tagtäglich seine Huf in Form, die meisten Barhufpferde hierzulande werden im 6-Wochen-Rythmus nachträglich in Form gebracht. M.M.n. ist das zu wenig, der Huf sollte so oft wie möglich bearbeitet werden, um von vorneherein Verformungen und „Hebel“ auszuschließen. Der Pferdebesitzer ist also gefragt, sich selbst Grundwissen und Techniken anzueignen, um zwischen den Hufbearbeitungsterminen den Huf in Form halten zu können. Bei vielen Pferden, die laut Besitzer nicht barhuf laufen können, fehlt es zudem an Geduld. Bei einem Pferd, das jahrelang beschlagen war, kann die Umstellungsphase sehr lange dauern, immerhin benötigt der Huf fast ein Jahr um komplett von oben nach unten durchzuwachsen. Ich möchte jedem verantwortungsbewussten Pferdehalter ans Herz legen, sein Pferd barhuf gehen zu lassen – MIT der richtigen Haltung und Fütterung, der nötigen Geduld und dem richtigen Hufbearbeiter.
Liebe Grüße. Karin
Hallo liebe Karin, ganz lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar, dem ich einfach nur zustimmen kann. Er ist eine wunderbare Ergänzung zum Artikel. Es klingt fast so als ob du selbst Barhuf-Pflegerin bist – auf jeden Fall hast du dich intensiv mit dem Thema beschäftigt – das kann man herauslesen. Ganz liebe Grüße, Petra
Hallo liebe Petra,
wie immer ein Artikel/Interview, dem ich voll und ganz zustimme. Mein Pferd geht auch Barfuß und ich habe einen guten Hufpfleger, der nicht nur Tipps zur Hufpflege hat.
Ich bin ja der Meinung, dass man alles mal selber an sich probieren sollte, was man dem Pferde antun möchte. Trense in den Mund oder nur an die Schienbeine reicht, Eisen an die Schuhe und dann los. Viele würden sicherlich wenigstens mal drüber nachdenken. Aber oft siegt der Drang das Pferd zu benutzen, (also unser Egoismus) schnellstmöglich und überall. Und was der Tierarzt sagt ist ja immer richtig, genau wie der Schmied. Wobei ich ich nichts gegen beide habe nur, dass oft die Symptome bekämpft (damit man einen schnellen Erfolg/Wiedernutzbarkeit hat) oder Probleme zugenagelt werden. Es gibt sicher immer akute Situationen, wo schnell reagiert werden muss, aber vieles braucht auch nur Zeit und Verzicht unsererseits.
Ich habe meinem Hufpfleger einen Kurs besucht und bearbeite die Hufe selber. Er kommt trotzdem regelmäßig und „kontrolliert“.
Liebe Grüße Claudia
Liebe Claudia, das ist natürlich super – wenn du das selbst machst :-) Ich habe da größten Respekt davor. Ich rasple zwischendurch auch mal eine Kante weg, aber lasse ansonsten lieber meinen Hufpfleger ran. Du hast ganz Recht mit deinen Gedanken – so sehe ich das auch: zu vielen geht es um die Benutzbarkeit. Leider. Vielleicht ändert es sich irgendwann ja doch noch in der Pferdewelt. Ganz liebe Grüße, Petra
Liebe Petra,
ich bin überzeugt, dass barhuf die beste Lösung für die allermeisten Pferde ist. Meine drei haben keine Eisen dran. Den Ponymann habe ich von klein auf und er hat noch nie ein Hufeisen gesehen und damit fahren wir sehr gut. Die richtige Hufpflege ist wichtig und regelmäßige gute Hufbearbeitung. Hier ist der Intervall meiner Ansicht nach individuell. Bei meinen drei Pferden ist es so, dass zwei der drei gut mit 6 Wochen klar kommen würden, aber unsere Pferdedame hat so ein Hufwachstum und leider auch eine Fehlstellung, dass wir einen Rhythmus von 5 Wochen haben. Beim Ponymann war anfangs sogar 4 Wochen notwendig.
Das Argument mit dem nicht über Schotter gehen wollen bzw. dort nicht ganz sauber laufen kann ich nicht nachvollziehen. Mir ist es wichtig, dass meine Pferde spüren wo sie gehen und was unter ihnen ist. Sie dürfen sich ihren Weg auch in der Regel einfach selber aussuchen. Wir haben viel groben Schotter auf den Wegen wo wir spazieren gehen. Alle drei Ponys wollen hier auf den Grasstreifen ausweichen. Das dürfen sie natürlich, denn warum sollen sie über einen Weg gehen müssen, der ihnen unangenehm ist? Ich tu das doch auch nicht. Wenn ich barfuß unterwegs bin, weiche ich auch gerne aus und versuche manche Wege ganz zu meiden. Warum hat mein Pferd dieses Recht nicht? Ich finde einfach nicht, das das Ziel ein Pferd sein muss was überall drüber läuft ohne es sich anmerken zu lassen, sondern ein Pferd was ein gutes Gefühl in seinen Hufen und Beinen hat. Denn das hält es gesund. Und darum geht es mir bei meinen Tieren in erster Linie. Die Gesundheit und das Wohlbefinden meiner Tiere.
Schwierig finde ich persönlich Verallgemeinerungen wie jedes Pferd. Ich denke es sollte immer eine Entscheidung zum Wohle des Tieres getroffen werden. Meiner Ansicht nach ist barhuf für die meisten Pferde das Beste, aber auch hier denke ich, dass es nicht immer so sein kann.
Ich bin zum Beispiel auch jemand, der der Meinung ist, dass für die allermeisten Pferde ein pauschal gegebenes Mineralfutter eher schädlich als nützlich ist und es Sinn macht dieses kurweise und in Anpassung an den Bedarf gegeben wird. Nun habe ich selber einen Fall bei dem ich es anders mache, eben weil es auf sie so nicht zutrifft. Sie bekommt ständig ihr Mineralfutter ohne Blutwerte oder sonstiges, weil sie durch ihren entzündeten Darm Nährstoffe ganz schlecht aufnehmen kann und hier ein Mangel an allem möglichen vorprogrammiert ist. Ich denke jedes Tier ist anders und es sollte immer im Sinne des Pferdes, aber nicht im Sinne seiner Nutzbarkeit entschieden werden.
Liebe Grüße
Miriam
Liebe Miriam, wie immer kann ich deinen Kommentar 1:1 unterschreiben :-) Ich sehe es genau wie du. Pauschale Lösungen sind selten gut und man muss immer individuell schauen. Aber letztlich glaube ich schon, dass nahezu jedes Pferd Barhuf laufen kann. Es müssen nur die Haltungsbedingungen, das Futter und die Pflege stimmen, dann ist sehr viel möglich. Ich lasse meine Kleine übrigens auch entscheiden wo sie lieber laufen will. Wenn zuviel Schotter ist, dann geht sie eben auf den Grasstreifen. Das ist ja einfach nur schlau gelöst von der Natur, dass sie spürt welcher Weg der Beste für sie ist :-) Ganz liebe Grüße, Petra
Super Interview! Ich kann das gesagte voll und ganz unterschreiben. Ich bin wirklich froh, dass ich den Schritt zum Barhuf gewagt habe und würde nie wieder zurück zu Eisen wollen. Auch dass hier kurz grundsätzlich das Thema Behandlungsmethoden bei Krankheiten angesprochen wird, finde ich gut und lehrreich! Wir hatten bei uns am Stall auch Mal den Fall, dass ein Pferd wegen eines Sehnenschadens über ein halbes Jahr (!) in der Box stand. Für das Pferd war das der Horror und gebracht haben kann es auch nur sehr wenig, da das Pferd permanent in Box und Paddock hin und her lief, stieg und gegen die Wände trat. Hätte man das Pferd von vornherein auf ein abgetrenntes Stück Weide gestellt – ich würde wetten, es hätte sich viel schneller erholt. Der TA hatte nach 6 Monaten auch tatsächlich zugegeben, die Boxenruhe verordnen zu MÜSSEN und deshalb nichts anderes sagen zu wollen. Deshalb kann ich nur immer wieder empfehlen, sich ständig weiterzubilden, sich selbst schlau zu machen, Blogs wie deinen zu lesen, um sich einfach eine fundierte eigene Meinung bilden zu können. :)
Hallo liebe Katharina, danke dir für deinen Kommentar. Es ist schon Wahnsinn mit dieser schnellverordneten Boxenruhe. Ich kenne das von mir selbst – ich hatte mal einen Innenbandanriss am Knie und bin leider an einen Old-School Orthopäden geraten, der mich über Wochen ruhig gestellt hat. Danach hatte ich verklebte Faszien und verhärtete Bänder. Es hat doppelt solange gedauert alles wieder fit zu bekommen und der Physiotherapeut hat nur den Kopf geschüttelt. In der Humanmedizin macht man das eigentlich gar nicht mehr – aber in der Pferdewelt ist man da wohl noch nicht wirklich angekommen. Ich würde meine Kleine nicht mehr Wochenlang ruhig stellen, sondern immer parallel auftrainieren und nach und nach mehr laufen lassen. Alles Liebe und danke dir für deinen Kommentar, Petra