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Artgerechte Pferdehaltung mit dem Paddocktrail

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Der ganze Artikel für dich auf einen Blick

Pferde sind Bewegungstiere – da sind wir uns einig. In der freien Wildbahn müssen sie laufen und laufen und laufen um Futter und Wasser zu finden. Vom Grashalm zum nächsten Grashalm zum nächsten Ast zum nächster Kräutereckchen zur nächsten Quelle zum nächsten Unterstand für die Nacht. Sie haben Aufgaben und agieren in der Herde miteinander. Klingt richtig und logisch, oder? Und jetzt werfen wir mal einen Blick auf unsere Pferdehaltung… Viele Pferde stehen in der Box – zwischendurch dürfen sie auf ein kleines Paddock oder eine viereckige Wiese zum Grasen. Das Wasser steht immer bereit – meist direkt neben dem Heu. Dazwischen gibts fetten Hafer und fettes Kraftfutter und fette Müslis. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Natur für die Pferde vorgesehen hat. Kein Wunder, dass viele Pferde in Deutschland zu dick und krank sind. Dabei gibt es Haltungsformen, der der natürlichen Art der Pferde sehr entgegenkommen. Darüber erzählt die Expertin für Paddocktrail und artgerechte Pferdehaltung – Jenny Pohl – gleich mehr. Sie steckt hinter dem Blog “Horse-Love” und leitet den Stall “Birkenhof Wölling” in der Nähe von Erding bei München.

Jetzt erkläre ich dir aber erstmal mehr zum Paddocktrail, seiner Entstehungsgeschichte und was diese Haltungsform ausmacht. Soviel vorab: Ich persönlich träume von einem Paddocktrail, den ich gerne irgendwann als Haltungsform für meine Stute hätte. Aktuell lebt sie in einem Offenstall, weil es in meiner näheren Umgebung leider keinen richtigen und gut durchdachten Paddocktrail gibt.

Paddocktrail – Artgerechte Pferdehaltung

Ein amerikanischer Hufschmied hat den Paddoxktrail zum Grunde erfunden. Er suchte nach einer Möglichkeit die Hufgesundheit der Pferde zu verbessern und hat deswegen die Wildpferde beobachtet. Über 20 Jahre hat er geforscht und kam letztlich zu dem Ergebnis, dass Pferde mehr Bewegung und verschiedene Untergründe brauchen für gesunde Hufe und einen gesunden Körper.

Also hat er den Track (= Pfad) entwickelt, der als 3-5 Meter breiter Streifen um die verfügbare Paddockfläche führt. Das ist im Grunde so eine Art Wanderweg für die Pferde. Auf dem Track sind im Grunde alle Sachen, die die Pferde für ihr tägliches Leben brauchen:

  • Heu
  • Salzlecksteine
  • Wasser
  • Unterstand
  • Kloplatz
  • Wälzplatz
  • Äste und Baumstämme
  • Verschiedene Untergründe

Heu sollte immer zur Verfügung stehen, so dass die Pferde selbst entscheiden können, wann sie fressen wollen und wie sie ihren Tag gestalten wollen. Außerdem können sich die herdenmitglieder dann einfache aus dem Weg gehen, die sich nicht so mögen, und an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten fressen.

In der Mitte innerhalb des Pfades ist dann einfach eine größere Fläche oder eine Grasfläche zum Chillen, relaxen und entspannen. In solchen Fällen ist die Unterbringung in einer Paddockbox mit Laufanreizen, wie einem Einzel-Raufutter- oder Kraftfutterautomaten im Außenbereich, einer Tränke mit Mineralleckstation innen und direktem Kontakt zu den Nachbarn, aber ausreichend Platz zum Ausweichen, eine gute Option. Koppt oder webt das Pferd hingegen, ist der Paddock Trail eine gute Sache!

Interview mit der Paddocktrail-Expertin und Stallchefin Jenny Pohl über artgerechte Pferdehaltung, Bewegungsanreize und Paddocktrail

Pferdeflüsterei: Es kursieren ja verschiedene Haltungsformen in den letzten Jahren – Paddocktrail, Aktivstall, Offenstall – worin unterscheidet sich der Paddocktrail von den anderen „Formen“?

Jenny: Im Grunde sind alle drei Formen verwandt.

  • Der Offenstall ist das Grundmodell: Die Pferde leben dauerhaft in Gruppenhaltung, entscheiden selbst, wann sie sich im Innen- oder Außenbereich aufhalten möchten. Ein Stallgebäude oder Unterstand mit offenem Auslauf ermöglicht ihnen eigene Entscheidungen.
  • Der Aktivstall ist eine Weiterentwicklung: Bestimmte Stationen ermutigen die Tiere im wahrsten Wortsinn aktiv zu sein und den Tag nicht nur beim Fressen zu verbringen. Die beiden Anbieter HIT und Schauer haben das Konzept mit Kraftfutterstationen ergänzt, Weide-Selektionstoren und zeit- oder computergesteuerten Raufen.Diese Technik ermöglicht eine individuelle Fütterung, indem pro Pferd exakte Mengen zugeteilt und über den Tag in mehreren Portionen abgerufen werden oder eine zeitlich getaktete Einhaltung von Pausen beim Fressen. Dazwischen legen die Tiere einiges an Strecken zurück oder sind gewissermaßen gezwungen, sich anderweitig zu beschäftigen.
  • Der Paddocktrail ist im Grunde ähnlich und soll die Pferde – wie ein Aktivstall – ermutigen, sich gemäß dem Vorbild der Natur zu bewegen. Das soll allerdings vor allem durch Entfernungen und ein künstliches Wegenetz erreicht werden. Technik ist dazu nicht erforderlich. Es gibt aber durchaus Mischformen, die Elemente aus der Aktivstallhaltung mit denen des Paddocktrails verbinden.

How to Paddocktrail – eine Definition

Pferdeflüsterei: Dann fokussieren wir uns mal auf den PAddoktrail. Das ist ja vor allem dein Thema. Was macht einen Paddocktrail aus und was ist die Idee dahinter?

Jenny: Ich würde sagen „Der Weg ist das Ziel“. Das Konzept beruht auf Beobachtungen des Amerikaners Jaime Jackson. Er hat über viele Jahre verfolgt, wie Wildpferde sich und nicht zuletzt ihre Hufe gesund erhalten. In der Natur wandern sie über viele Stunden am Tag und nutzen dabei immer gleiche Wege, die sogenannten Trails.

Dabei bewegen sie sich vorwiegend im Schritt und nehmen gut 17 Stunden am Tag Nahrung auf. Aus seinen Erkenntnissen entwickelte der Hufschmied ein eigenes Haltungskonzept, das „Paddock Paradise“. Es soll die Wildnis im Kleinformat abbilden: Ein „unendlicher“ Weg (deswegen der Rundlauf), verschiedene Stationen, verschiedenste Untergründe und die Erfüllung aller natürlichen Bedürfnisse der Herdentiere.

Pferdeflüsterei: Es geht um Bewegungs- und Denkanreize, richtig?

Jenny: Richtig, es geht um physische und psychische Gesundheit. Die Bewegung ist die Basis, alles weitere knüpft daran an. Das bedingt sich gegenseitig. 

Pferdeflüsterei: Wie genau erreichst du das auf dem Paddocktrail?

Jenny: Das Stichwort dazu lautet „Behavioral Enrichment“ oder Verhaltensanreicherung. Nehmen wir eine klassische Boxenhaltung mal als Basis: Das Pferd bekommt dort Raum, wenn auch sehr wenig, eine weiche Schlafunterlage, Raufutter, Kraftfutter, Wasser. Eventuell hat es einen Nachbarn, zu dem es Sicht- und Schnupperkontakt aufnehmen kann. Aber im Grunde war es das. Bei reiner Boxenhaltung oder einer kurzen Weidezeit von vielleicht einer Stunde, einer 5×10 Meter Einzelkoppel ist die Bewegung stark eingeschränkt. Handelt es sich um eine Innenbox ohne Fenster, fehlen auch Luft und Licht. Der Untergrund sind Späne oder Stroh, draußen Gras und auf dem Weg zur Koppel wahrscheinlich ein gepflasterer Hof. Das Pferd hat kaum Möglichkeit für soziale Kontakte: Fellpflege, Spielen, gemeinsames Laufen. Das ist alles andere als Natürlich.

Selbst die Nahrungsaufnahme ist ja in der Natur eine Gemeinschafts-Aktivität. Es würde in der Wildnis zusammen mit der Herde auf die Suche gehen nach Mineralien im Boden, an Baumrinden knabbern oder Steine umdrehen. Es würde über verschiedenste Böden laufen und immer Neues entdecken. Kurz: Es wäre mit Kopf und Körper deutlich mehr beschäftigt, als es in einer Box jemals sein kann.

Da kommt der Trail ins Spiel. Er liefert lauter kleine Details, die das Denken und die Bewegung bei Pferden fördern. Kombiniert mit Sozialverhalten schafft eine naturnahe Haltung zufriedene, glückliche und damit gesunde Pferde.

Boxenhaltung – ein NoGo?

Pferdeflüsterei: Ich nehme mal an, dass Boxenhaltung für dich ein NoGo ist? Es gibt ja immer wieder Pferde, die scheinbar glücklicher sind in der Box – kann das sein oder ist der Stall / die Herde / die Konstellation dann einfach noch nicht passend für das Pferd?

Jenny: Jein. Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Boxen, WENN die Pferde ausreichend Auslauf bekommen und es gute Gründe für die Unterbringung in der Box gibt. Nehmen wir ein altes Pferd, das sein ganzes Leben eine Box gewohnt war. Man wird sich schwer tun, es umzustellen, selbst mit einer passenden Gruppe. So verhält es sich bei speziellen Futterbedürfnissen. Da müsste ja entweder eine homogene Gruppe geschaffen werden oder eine Möglichkeit der Separation.

Dann gibt es auch manchmal einfach Pferde, die vielleicht schlecht sozialisiert sind und oder extrem rangniedrig beziehungsweise ranghoch. Die bekommen auch mal Stress bei Gruppenhaltung.

Man darf auch nicht vergessen: Genau so wie es gute und schlechte Boxenhaltung gibt, existieren auch Negativbeispiele für Gruppenhaltung. Es müssen immer genügend Raum und genügend Futterplätze vorhanden sein, damit ein Offenstall funktionieren kann. Außerdem sollte jedes Tier zur Ruhe kommen dank ausreichend Liegemöglichkeiten, gegebenenfalls Raumteilern. Und das wichtigste, was für jeden Stallbetreiber erstrebenswert ist: Eine stabile, intakte Herde. Denn sie gibt allen Mitgliedern Sicherheit. Das ist ja das wichtigste aller Grundbedürfnisse.

Es ist natürlich schwer, all diese Faktoren zu erfüllen. Aber Ställe, die das versuchen sind ideal als „Schlüssel zum Glück“ für nahezu jedes Pferd.

Paddocktrail selbst bauen – so gehts

Pferdeflüsterei: Du hast selbst einen Stall zum Paddocktrail ausgebaut – wie groß ist dein Track? Und wie viele Pferde leben da?

Jenny: Wir haben verschiedene Gruppen am Hof: Eine 4er-Herde mit 350 Metern Trail, eine 7er Herde mit 650 Metern, eine 14er Herde mit über 1km Trail und eine 2er Gruppe mit Offenstall (bisher) ohne Trail.

Pferdeflüsterei: Was genau findet sich da alles und wie sieht dein Stall aus?

Jenny: Oh, eine ganze Menge Die Wege und Stationen sind mit den Jahren gewachsen. Der kürzeste Trail in Hanglage hat eine Station mit Knabberästen, eine Salzgrotte, einen Wurzelpfad und einen Kletterhügel mit Sandkuhle.

Der mittlere Trail hat zum Beispiel ein Heukarussell und einen Kratzbaum mit Bürsten und der große Trail viele der genannten Sachen und zusätzlich einen Weg durch einen alten Baumbestand und – das Highlight – ein Wasserloch mit Insel.

Sommer- und Winterkoppel

Pferdeflüsterei: Fallen dann auch Sommer- und Winterkoppel weg und Anweiden usw.? Also stehen eure Pferde das ganze Jahr auf der kompletten Fläche oder wie handhabt ihr das?

Jenny: Im Grunde stehen Auslauffläche und Trails immer zur Verfügung – außer wir entwurmen, dann schließen wir die Rundläufe für ein paar Tage. Die Koppelflächen gibt es großzügig und gerne dazu. Da unsere Trails Naturböden haben, gibt es eigentlich immer etwas zu knabbern. Das gibt uns aber auch die Möglichkeit, die Grasflächen im Innenraum zu schonen.

Wenn es nass und schlammig wird, bleiben die Koppeln zu, es bleibt aber trotzdem genügend Raum zum Laufen. Im Frühjahr warten wir bis Ende April, Anfang Mai, erst dann weiden wir gezielt auf den gut bewachsenen Flächen an. Über den Sommer bleiben die Grasweiden dann meist etwa 12 Stunden pro Tag, meist über Nacht, geöffnet.

Im Winter gibt es immer den Trail und bei gefrorenem Boden oder Schnee gern eine Koppel je Herde dazu. Wir bringen es selten übers Herz, die Pferde „einzusperren“, wenn man das bei bis zu 2500 qm Paddockfläche plus Trail so nennen kann.

Pferdeflüsterei: Wie haben sich deine Pferde verändert, seit sie in eurem Paddocktrail stehen?

Jenny: Sie sind ausgeglichen, zufrieden – und im Grunde „brauchen“ sie mich nicht. Natürlich freuen sie sich über meinen Besuch, wenn ich komme zum Putzen oder wenn wir etwas unternehmen. Aber sie warten nicht darauf, wie ein Boxenpferd, dessen einzige Abwechslung am Tag eine Stunde Bewegung unter dem Reiter ist.

Aufgestaute Energie kenne ich nicht mehr. Sie entscheiden selbst, wie ihr Tagesablauf aussieht, wann sie auf die Koppel möchten, wann ein Schläfchen angesagt ist, ob sie lieber an der Raufe oder am Karussell fressen möchten und mit welchem Herdenmitglied sie gern Fellpflege betreiben möchten.

Pferdeflüsterei: Warum ist Paddocktrail für dich die perfekte Haltungsform?

Jenny: Weil die Natur ihr Vorbild ist und ich an meinen eigenen Pferden sehen kann, wie zufrieden diese Haltungsform macht. Wir nehmen es uns heraus, ein lauffreudiges Herdentier „einzusperren“ – da ist das Nachempfinden seines Lebensraumes und die Erfüllung seiner Bedürfnisse wohl das Mindeste, was wir anstreben sollten.

Die Facts zum Paddocktrail – das brauchts

Pferdeflüsterei: Welche typischen Elemente gibt es bei einem Paddocktrail?

Jenny: Typisch ist der „Rundweg“ – ein eingezäunter Bereich vom etwa 5 Metern Breite um die Koppelflächen herum. Darauf verteilt liegen Unterstand, Heustation(en), Tränke. Alles Weitere, wie Naturhindernisse, Knabberholz, ein Badebereich, Wälzplatz etc. sind zusätzliche Details, die individuell hinzukommen.

Pferdeflüsterei: Was sind die wichtigsten Bedürfnisse, die ein guter Paddocktrail unbedingt erfüllen muss?

Jenny: Wie bei jeder Haltungsform: Sicherheit, eine intakte Herde, in der sich alle Mitglieder verstehen. Trotzdem: Raum zum Ausweichen, genügend Ruhe- und Fressplätze. Nach Möglichkeit keine Engstellen oder Sackgassen.

Quadratmeter und Kosten

Pferdeflüsterei: Wieviel Quadratmeter brauche ich pro Pferd im Durchschnitt, um einen schönen Paddocktrail anlegen zu können?

Jenny: Natürlich ist viel Platz immer gut. Aber: Man kann auch auf wenig Raum schöne Trails anlegen. Gerade wenn wenig Weidefläche zur Verfügung steht, kann die sinnvolle Aufteilung mehr Bewegungsanreize geben.

Wichtig ist, dass die Wege und Kurven nicht zu eng angelegt werden und im Fress- und Schlafbereich Platz zum Ausweichen gegeben ist. Manchmal macht selbst ein Rundlauf wenig Sinn und ein einfacher Stichzaun, der eine Fläche mittig teilt (und an den Enden jeweils einen Durchschlupf bietet), bietet sich eher an. Bei ungünstig geschnittenen Flächen ist manchmal Kreativität gefragt – aber: nichts ist unmöglich!

Pferdeflüsterei: Wie breit sollten die Trails denn sein, damit es nicht zu Stress und Ärger kommt?

Jenny: Im Grunde sollte ein Trail breit genug sein, um ein Ausweichen zu ermöglichen sollten sich zwei Tiere entgegen kommen, aber schmal genug, um Pferde zur Bewegung anzuhalten. Gewissermaßen zu „unbequem“ zum Verweilen auf der Strecke. Ich persönlich bevorzuge um die 5 Meter Breite plus zusätzliche Ausweichplätze, die zum Beispiel einen Baum umrunden und so wieder ideale Bedingungen schaffen, sich auch mal aus dem Weg zu gehen.

Pferdeflüsterei: Was kostet mich das in etwa pro Pferd im Durchschnitt, bis ich meine Koppel zu einem schönen Paddocktrail umgebaut habe?

Jenny: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Wenn eine umzäunte Koppel vorhanden ist, ebenso ein Offenstall(gebäude), müsste man im ersten Schritt im Grunde nur in einen Innenzaun investieren, um erst einmal einen Trail abzustecken. Es kommt also nicht wirklich auf die Zahl der Pferde, sondern auf die Fläche und die Zaunlänge an.

Man benötigt für einen Trail beinahe doppelt so viel Zaun, wie für eine Koppel. Es kommt aber immer auf die verwendeten Materialien an: Feste Pfosten in den Ecken kombiniert mit Plastik-Steckern wären eine günstige Variante, um das Ganze mal auszuprobieren. Wichtig ist die Sichtbarkeit der Zäune – gerade wenn die Pferde ihre Fläche sonst als weitläufige Wiese kennen.

Pferdeflüsterei: Mal grob geschätzt, wie viel müsste eine Privatperson Minimum investieren, um einen kleinen Offenstall mit Paddock Trail für 3-4 Pferde artgerecht zu gestalten?

Jenny: Das kommt wiederum darauf an, was schon vorhanden ist und auf die Größe der Fläche. Auch ob Befestigungen nötig sind, spielt eine erhebliche Rolle: Je nachdem, ob der Trail ganzjährig als Bewegungsfläche genutzt werden soll, die die Pferde täglich laufen müssen oder ob sie nur als Zusatzangebot angrenzend an einer vorhandenen Offenstallfläche zur Verfügung steht. Da muss man einfach individuell kalkulieren.

Die gute Nachricht: Was die Ausstattung mit Enrichments angeht, muss man oft kein bis wenig Geld in die Hand nehmen: Knabberzweige wachsen eventuell auf dem eigenen Gelände oder Nachbarn sponsern nach dem Baumschnitt passendes (ungiftiges!) Holz. Steine, in denen man Natursalzbrocken verstecken kann, kann man einfach sammeln…und so weiter.

Pflegeaufwand beim Paddocktrail

Pferdeflüsterei: Ist denn der Pflege- und Zeitaufwand für einen Paddocktrail höher als ein klassischer Stall mit Boxen und Koppel?

Jenny: Man muss bedenken, dass man lange Zaunstrecken, mitunter mit der doppelten Länge eines klassischen Koppelzauns in Ordnung halten muss. Das gilt auch für den Stromfluss oder für Mäharbeiten unter den Litzen. Beim Abäpfeln muss man längere Strecken zurücklegen, mitunter in schwierigem Gelände.

Aber: Man hat selten Stellen, an denen der Pferdemist breit getreten wird, muss weniger Einstreu bewegen und austauschen. Das Raus- und Reinbringen der Pferde entfällt, sie entscheiden selbst, wann sie sich wo aufhalten möchten. Ist ein Trail klug konzipiert, ist der tägliche Aufwand gering. Aber man muss bei jeder Witterung draußen arbeiten und ist nicht „bequem“ unterm Dach wie beim Misten von Boxen. Die tägliche Sichtkontrolle der Pferde erfordert oft einen Fußmarsch. Im Grunde ist es ein Bewegungskonzept für Tier und Mensch…

Pferdeflüsterei: Gehen wir mal davon aus, dass ich eine Koppel habe, die ich umbauen will – wie kann ich jetzt diese Bewegungsanreize schaffen?

Jenny: Her mit einem Blatt Papier! Zunächst werden Heu und Wasserstelle (nicht zu weit) auseinander gelegt. Vielleicht gibt es ja sogar Möglichkeiten für mehrere kleine Heustationen? Der Unterstand sollte ebenfalls nicht direkt nebenan liegen. Sofern möglich, sollten die Pferde für jedes Bedürfnis ein paar Meter gehen müssen. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt und welche Station letztlich wo Sinn macht, kann man auch ausprobieren – sofern die einzelnen Elemente nicht zu sperrig sind. Spaß macht es auch den Grundriss aufzuzeichnen und mit möglichst maßstabsgetreuen „Schnippseln“ und der besten Pferdefreundin hin und her zu schieben, bis die Wunsch-Variante steht.

Bewegungsanreize fürs Pferd – Tipps!

Pferdeflüsterei: Was wären dann on Top Denkanreize oder Dinge, mit denen ich zusätzlich zur Bewegung noch Abwechslung im Pferdealltag schaffen kann?

Jenny: Bestimmte Dinge müssen keine festen Plätze bekommen. Heunetze und Co können regelmäßig ihren Standort wechseln. Auch Salzstationen sind meist so flexibel, dass sie hier und da an andere Orte platziert werden können.

Sie müssen auch gar nicht so offensichtlich erkennbar sein: Unter ein paar Zweigen „versteckt“ sind sie eine tolle Belohnung für den Finder. Futterbälle können für kleine Snacks eingesetzt werden. Vielleicht mal einen Apfel im Wasserbottich versenken.

Und für die ganz cleveren Vierbeiner können Ein-Wege-Tore eine Richtung im Trail vorgeben und so beispielsweise den Weg zum Heu verlängern, während zum Wasser abgekürzt werden kann.

Bewegungsanreize auf dem Paddock

Pferdeflüsterei: Klassisch hat man ja auf dem Paddock Raufe, Wasser und fertig. Das bietet vermutlich nicht viel mehr Bewegungsanreize als die Box ;-) Hast du Tipps, wie man Bewegungsanreize auf dem Paddock schaffen kann?

Jenny: Enrichments ;) Da beißt sich die Katze immer wieder in den Schwanz. Man muss einfach Wahlmöglichkeiten schaffen: Netze zusätzlich zur Raufe, Knabberholz, ein Spielball, Sand zum Wälzen, eine Kratzbürste… und Fantasie. Es gibt tolle Bücher mit jeder Menge Ideen. Mein Favorit: Offenstall-Variationen von Dr. Tanja Romanazzi.

Bewegungsanreize in der Box

Pferdeflüsterei: Nicht jeder kann einen Paddocktrail schaffen – Kann man sogar in der Box Bewegungs- und Denkanreize schaffen? Wenn ja, wie zum Beispiel?

Jenny: Es gibt das Konzept der „Bewegungsbox“. Dort ist zum Beispiel die Tränke draußen im Paddock angebracht und die Fütterung findet drinnen statt. Allein das sorgt dafür, dass die Tiere ein klein wenig pendeln müssen, während der Unterbringung in der Box. Ansonsten helfen engmaschige Heunetze, im Stroh versteckte Karottenstücke, Spielbälle, ausgefallene Lecksteinhalter und Co. gegen die Langeweile. Wer die Möglichkeit hat, sollte auf niedrige Abtrennungen zum verträglichen Nachbarn setzen. Dann ist sogar Fellpflege begrenzt möglich.

Pferdeflüsterei: Hast du noch ein paar Kleine Tipps, die auch im Kleinen in Sachen Haltung etwas bewirken können und die DIY-Anleitung dazu?

Jenny: Ich mag die Holz-Schrubberbürsten aus dem Haushaltsregal: 2-3 davon im Eingangsbereich der Paddockbox im Türrahmen angebracht sind toll zum Kratzen, auch auf Höhe der Schweifrübe sehr beliebt!

Die weichen Plastikkörbe, die gern zum Transport von Heu eingesetzt werden, gibt es auch mit Löchern. Man stecke diese in ein grobmaschiges Heunetz und in die Löcher kleine Karottenhälften. Drumherum dann noch etwas Heu und frei in der Box aufhängen.

Pferde lieben Haselnusszweige mit frischem Grün: Einfach ein paar dünne Zweige zusätzlich ins Heunetz stecken oder einen dickeren Ast in den Paddock legen.

Zur Beschäftigung ein Seilstück von der Boxendecke hängen: Unten ein Knoten, darüber eine dicke Baumscheibe, dann einen kleinen Himalaja-Leckstein, darüber wieder eine Baumscheibe – toll zum Schlecken und zum Rinde Knabbern, spielen…

Nachteile und Fehler beim Paddocktrail

Pferdeflüsterei: Das klingt jetzt alles so schön, aber gibt es auch Nachteile beim Paddocktrail?

Jenny: Weite Wege – auch für denjenigen, der alles in Schuss halten muss. Schlechtes Wetter dazu und Böden, die nicht überall befestigt sind. Als Mensch muss man es mögen, Pferde bei allen Jahreszeiten naturnah zu halten. Die Pferde kommen damit sehr gut klar.

Eine Rundum-Befestigung bietet viele Vorteile, ist aber ein enormer Kostenfaktor. Und: Ein Nachteil kann mitunter sein, dass manche Tiere mit stark befestigten harten, anspruchsvollen Böden bei viel Bewegung nicht gut zurechtkommen. Das macht sich dann bei den Hufen bemerkbar. Ein widerstandsfähiger Huf durch diese Art der Beanspruchung ist zwar Ziel von Jaime Jackson und seinem Konzept, aber nicht immer haben Besitzer die Geduld, eine Anpassung abzuwarten. Letztlich soll ein Pferd ja doch geritten werden.

Pferdeflüsterei: Oder Fehler, die man beim Anlegen machen kann und dann letztlich kontraproduktiv ist?

Jenny: Drei Dinge sollte man beim Anlegen berücksichtigen:

  1. Das erste ist Platz
  2. Das zweite Platz
  3. Das dritte ist Platz

Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass jede Art der Gruppenhaltung letztlich nur mit genügend Raum für die Herde und die Individualdistanz des einzelnen Pferdes funktioniert. Und Anfangs vielleicht lieber ein Enrichment weniger und dafür eine durchdachte Flächenaufteilung.

Krankheit und der Paddocktrail

Pferdeflüsterei: Wie macht ihr das im Krankheitsfall? Da habt ihr sicher auch Krankenboxen – werden die auch besonders gestaltet?

Jenny: Ja, die Boxen können bei uns flexibel abgetrennt werden. Die Grundform sind Paddockboxen, die um einen größeren Auslauf erweitert werden können. Sie liegen in Sichtweite zu den Heustationen der anderen, die Herde ist damit immer in der Nähe.

Es werden Heunetze zur Fütterung verwendet, die Platzierung wechselt und beim Aufhängen in Reichweite vom Tor, kann auch gemeinsam mit einem Herdenkumpel gefuttert werden. Im Krankheitsfall hatten wir schon einiges an Enrichments in der Box – vom Jollyball, über einen Raschelkanister, einem frei hängenden Karottenkörbchen bis zu Knabberästen, Netze mit verschiedenen Maschengrößen.

Pferdeflüsterei: Wie sind eure Erfahrungen im Winter mit dem Paddocktrail? Stichwort Zugluft? Stichwort „Eindecken“? Husten und andere Krankheiten, die man im Winter oft in Ställen findet?

Jenny: Zuerst: Zugluft ist etwas Typisches für Boxenställe – denn Zug entsteht nur, wenn Luft auf eine kleine Fläche trifft und nicht bei gleichmäßiger, flächiger Luftbewegung wie im Offenstall. Luft und Licht gehören für mich zwingend zum Trail dazu, denn Pferde sind keine Höhlentiere. Sie bevorzugen freie Sicht und lieber schützende Wände, als ein geschlossenes Gebäude.

Unsere Unterstände sind südseitig offen und an den Wind zugewandten Seiten geschlossen. Es besteht immer die Möglichkeit Schutz zu suchen, aber dennoch in der Außentemperatur angepassten Umgebung zu sein. Wir hatten in den bisherigen Wintern nie Probleme mit Husten und selbst die mittlerweile 28 Jahre alte Stute, als ältestes Pferd auf dem großen Trail, hat im letzten Jahr nur an zwei besonders kalten, nassen Tagen eine Decke getragen.

Die Thermoregulation funktioniert bestens, wenn die Pferde den Wechsel der Jahreszeiten buchstäblich am eigenen Körper erfahren und das Fell sich entsprechend entwickeln kann. Selbst unsere Vollblutaraber benötigen kein Eindecken.

Herde im Paddocktrail – geht das gut?

Pferdeflüsterei: Wie funktioniert die Herde im Paddocktrail? Man hört ja immer wieder, dass immer mehr Pferde durch diese Offenstall-Manie unter Schlafstörungen leiden oder rangniedrige und ältere Pferde nicht so ans Fressen kommen? Wie geht ihr damit um?

Jenny: Es gibt immer schlechte Beispiele. Ein Stall oder eine Herdenkonstellation, die Ruhe- oder Fressverhalten derart einschränken sind schlichtweg nicht durchdacht. Wir haben immer ein Auge auf den Fütterungszustand unserer Schützlinge und können dank Videoüberwachung alle Fressplätze und ¾ der überdachten Schlafbereiche Tag und Nacht beobachten.

Es würde schnell auffallen, wenn ein Pferd seine Bedürfnisse nicht stillen kann. Zum Glück hatten wir einen solchen Fall nie und wir tun alles dafür, dass er auch nie eintritt.

Pferdeflüsterei: Ganz lieben Dank für die Infos und das Interview!  

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5 Kommentare

  1. Hallo Miriam, ich habe eine Frage. Meine Isländerstute hat/hatte einen Hufabszess und der Tierarzt musste den Huf aufschneiden, um den Eiter rauszulassen. Darum darf sie sich jetzt nur so wenig wie möglich bewegen, damit es heilt. Normalerweise wird sie mit einer Herde auf der Koppel gehalten, wir haben es dort mit einem eingezäunten Paddock versucht, dort ist sie aber mehrmals ausgebrochen und hat bei Nachbarn Schäden angerichtet, jetzt darf sie bis es verheilt ist bei einer älteren Dame aus dem Dorf in deren Box stehen, sie ist dort aber alleine und ich habe ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber ihr Huf muss heilen und es ist die einzige Lösung, überlebt sie das für 3-4 Wochen?
    Johanna

    1. Hey Johanna, alleine stehen ist immer schwer für Pferde – ich würde sie einfach beobachten und schauen, wie sie es emotional hinbekommt. Meine Stute würde das auf Dauer nicht gut hinbekommen – das ist für die Pferdeseele nicht leicht. Aber natürlich muss sie auch gesund werden. Eine abschließende Antwort kann und mag ich dir nicht geben, weil ich dein Pferd nicht kenne, den Stall nicht kenne und deswegen nicht einschätzen kann, wie dein Pferd damit klarkommt. Tut mir leid, dass ich dir keine konkrete Antwort geben kann, aber du kannst nur gut beobachten und reagieren, wie ihr Verhalten sich verändert. Ich drücke euch fest die Daumen, Petra

  2. Liebe Petra,

    ein Paddocktrail wäre natürlich mein absoluter Traum, der ließ sich aber nicht verwirklichen. Da haben dann Geld und Platz einfach gefehlt. Wir haben so zwar einen tollen Paddock und die Ponys mögen ihn auch sehr gerne. Immer wieder lassen wir uns neues für die Ponys einfallen. Jetzt haben sie eine Schubbelstation bekommen im hinteren Teil des Paddocks, was sie dazu animiert da hin zu gehen. Die Baumstämme zum Drübersteigen nutzen sie nicht mehr so gerne, irgendwie sind die langweilig geworden. Wir versuchen jetzt dann mit Hilfe eines zusätzlichen Zauns die Wasserstelle abzutrennen. Aber ich hab hier auch noch schöne Ideen gelesen wie wir den Ponys noch mehr Abwechslung bieten können. Denn oft stehen sie einfach am Heu (hier haben wir mittlerweile eine Heutoy, die sie zu vermehrtem Spielen anregt) und fressen. Was ich übrirgens beobachtet habe ist, dass sie es total gerne mögen, dass sie vor ihrem eigentlichen Unterstand noch Vordächer haben. Hier stehen sie gerne und schauen in der Gegend rum. Nur bei wirklich schlechtem Wetter, verziehen sie sich in den Unterstand. Oder wenn die Fliegen im Sommer zu arg sind.
    Das mit den Karottenstücken würde mich interssieren, aber ich bin irgendwie zu doof zu verstehen wie das gemeint ist mit dem Korb… Kann mir das jemand nochmal erklären?

    Liebe Grüße
    Miriam

    1. Hallo liebe Miriam, da geht es dir wie mir. Ich träume von einem Paddocktrail und finde die Ideen von unserer Interviewpartnerin ziemlich cool. Den Karottenkorb erklärt sie dir hoffentlich noch – wenn sie Deinen Kommentar entdeckt. Das Heutoy finde ich auch ziemlich cool. Carey – wenn sie mal in der Box sein muss .- frisst tatsächlich oft auch lieber aus dem Heutoy als aus der Heuraufe – vermutlich weil Spielen einfach Spaß macht :-) Ganz liebe Grüße, Petra

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