Training der Sinne! Wie du ein geländesicheres und gut balanciertes Pferd bekommst

Stolpert dein Pferd immer mal wieder über die Stangen beim Training? Will es die Hufe nicht so gerne geben und wackelt schnell mal mit dem Beim beim Hufe auskratzen? Rennt es immer schneller, wenn es traben soll oder hat Probleme auf dem Zirkel? Oder hat dein Pferd Horror vor der…
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Stolpert dein Pferd immer mal wieder über die Stangen beim Training? Will es die Hufe nicht so gerne geben und wackelt schnell mal mit dem Beim beim Hufe auskratzen? Rennt es immer schneller, wenn es traben soll oder hat Probleme auf dem Zirkel? Oder hat dein Pferd Horror vor der Sprühflasche? Oder lässt es sich nicht so gerne waschen und findet den Wasserstrahl aus dem Schlauch beängstigend? Dann lass uns auf die Körpersinne schauen.

Geländesicheres und gut balanciertes Pferd

Pferde brauchen Balance, um sich sicher zu fühlen. Je besser sie ihre Füße platzieren können, je besser sie ihren Körper einschätzen können und je besser der Gleichgewichtssinn funktioniert, desto sicherer und gelassener wird auch das Pferd sein – egal ob im Gelände, auf dem Platz oder im alltäglichen Umgang. Das ist das Grundprinzip hinter der Pferdeergotherapie. Verbindet Ergotherapie mit Pferdetraining. Die Pferde sollen ihren eigenen Körper, ihre Sinne und ihre Wahrnehmung verbessern. Das macht sie letztlich zu einem entspannten Partner an unserer Seite. Die Übungen bringen außerdem Abwechslung in den Trainingsalltag und sie machen richtig viel Spaß. Außerdem sind einzelne Übungen richtig schön Wellness für das Pferd. Ich habe Carey auch schon damit trainiert und liebe es, wenn meine Stute genüßlich während der Übungen für das taktile System (also die Haut) die Augen schließt und entspannen kann.

Interview mit Ruth und Yvonne von PFERGO – der ersten Akademie für Pferdeergotherapie – über die Basissinne der Pferde und was Ergotherapeutisches Training für dein Pferd tun kann

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Pferdeflüsterei.deWas genau ist das denn?

Pfergo-Team: Pfergo ist die Abkürzung für Pferdeergotherapie.

Pferdeflüsterei.de: Wie muss ich mir pferdeergotherapeutischen Übungen vorstellen?

Pfergo-Team: Naja, Pfergo soll in erster Linie dem Pferd zu einer besseren Körperwahrnehmung verhelfen. Pferde, die eine gute Körperwahrnehmung haben, profitieren davon in ganz vielen Alltagssituationen unglaublich. Pferde, die sich selbst gut wahrnehmen können, sind besser koordiniert, kooperativer und konzentrierter. Da spielen dann auch so Dinge wie Trittsicherheit und Balance eine Rolle. Uns geht es wirklich darum mit diesen Übungen die Körperwahrnehmung und dadurch letztendlich auch den Pferdealltag zu verbessern. Was im Endeffekt dann natürlich auch dem Pferdebesitzer hilft.

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Die Basissinne der Pferde

Pferdeflüsterei.de: Klar, weil ein gut balanciertes Pferd ist natürlich entspannter und sicherer. Aber was genau machen die Übungen mit dem Pferdekörper?

Pfergo-Team: Es geht vor allem auch darum, dass die Basissinne unserer Pferde geschult werden. Es gibt sogenannte drei Basissinne im Körper: Das taktile System, das propriozeptive System und das vestibuläre System. Das klingt ganz kompliziert, ist aber eigentlich gar nicht so schwer. Wir haben ja in unserer Haut verschiedene Rezeptoren, die an unser Hirn das Berührungsempfinden weiterleiten – das ist das taktile System. Das leitet zum Beispiel weiter, was spitz ist oder stumpf, rau oder glatt, heiß oder kalt. Dann haben wir das vestibuläre System oder einfach gesagt das Gleichgewichtsystem. Das leitet lineare Beschleunigung und Drehbeschleunigungen weiter. Und dann haben wir das propriozeptive System, das leitet die Tiefenwahrnehmung weiter. Also wie und wo stehe ich im Raum und wie und wo stehen meine Extremitäten im Raum.

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Pferdeflüsterei.de: Und ist es dann auch so, dass man diese Systeme quasi den Körperbereichen zuordnen kann? Also dass ich sagen kann, das taktile System ist vor allem die Haut, das Gleichgewichtsystem sitzt im Kopf und das propriozeptive System sitzt dann in den Füßen?

Pfergo-Team: Im Grunde schon, ja. Also das taktile System ist in der Haut, das umspannt ja den kompletten Pferdekörper mit verschiedenen Rezeptoren. Das Vestibularorgan sitzt im Innenohr. Das ist beim Mensch und beim Pferd gleich aufgebaut. Und das propriozeptive System hat überall im Körper Rezeptoren. Also in jedem Muskel, in jedem Gelenk, in jeder Sehne und auch in den inneren Organen.

3 Gründe warum diese Art des Trainings in jeden Trainingsplan gehört

Pferdeflüsterei.de: Nennt uns doch mal drei Gründe, warum wir sofort losziehen und anfangen sollten Pferdeergotherapie mit dem Pferd zu machen?

Pfergo-Team: Es ist gut für dein Pferd. Es ist gut für seine Gesundheit und Balance. Und letztendlich ist es damit auch gut für dich. Durch dieses Zusammenspiel der Basissinne ist es ja sowohl dem Menschen als auch dem Pferd letztendlich überhaupt möglich, sich geordnet zu bewegen. Und wenn ein Pferd eine gute Körperwahrnehmung hat – sprich, wenn die Basissinne gut trainiert sind – dann kann es beispielsweise seine eigene Körperausmaße gut einschätzen. Also weiß es dann genau: „Okay, durch diese Engstelle passe ich noch durch und durch diese nicht.“ Das macht es dem Pferd natürlich auch viel leichter Herausforderungen zu meistern, weil es sich selbst und seine Leistungsfähigkeit besser einschätzen kann.

Für uns Menschen ist es nebenbei auch gut, weil wir unseren Blick aufs Pferd gut schulen können bei den Übungen. Wenn ich ein gutes Auge habe, kann ich natürlich grundsätzlich das Verhalten von meinem Pferd gut einschätzen.

Viele Verhaltensweisen werden gerne als Widersetzlichkeiten verstanden, die aber auch darin begründet sein können, dass die ganze Wahrnehmungsverarbeitung über die Basissinne bei dem jeweiligen Pferd nicht adäquat funktionieren. Die Blickschulung führt auch dazu, dass ich achtsamer meinem Pferd gegenüber werde. Und das bedeutet natürlich auch, dass das Zusammensein von Pferd und Mensch einfach besser funktioniert.

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Pferdeflüsterei.de: Die Bindung kann quasi auch ein bisschen wachsen dadurch…

Pfergo-Team: Bindung, Vertrauen und auch der Umgang miteinander. Wenn mein Pferd und auch ich wissen: Das kann ich verlangen, das geht und das geht nicht, dann bin ich selbstsicherer, das Pferd ist sicherer und man ist zusammen im Umgang natürlich dann auch sicherer.

Pferdeflüsterei.de: Gibt es denn so ein paar Beispiele für diese „Unarten“, die du erwähnt hast, bei denen du sagst: Das sind Klassiker, deren Ursache meist irgendein Problem im taktilen, vestibulären, propriozeptiven System liegt?

Pfergo-Team: Einer der Klassiker ist die Sprühflasche. Wenn man sein Pferd einsprühen möchte und das Pferd möchte das nicht so gerne, muss das nicht nur heissen, dass das Pferd Angst vor dem Geräusch oder der Flasche hat. Das kann auch einfach ein Problem  im Taktiken System sein. Das Pferd kann mit diesem diffusen Reiz nicht so gut umgehen, wenn die Flüssigkeit und die Tropfen auf das Fell auftreffen. Ein anderer Klassiker ist, wenn das das Pferd bleibt beim Aufsteigen nicht stehenbleibt. Das ist nicht immer eine Unart, sondern es kann auch einfach sein, dass das Pferd ein Problem mit dem Gleichgewicht hat oder in der Tiefenwahrnehmung und gar nicht weiß: Wie muss ich mich denn selbst hinstellen, damit mit Reiter ordentlich aufsteigen kann?

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Pferdeflüsterei.de: Oder Schreckhaftigkeit zum Beispiel auch?

Pfergo-Team: Auf jeden Fall. Oder noch so ein Klassiker sind Probleme beim Hufe geben. Kennen ja auch viele. Da wird dem Pferd oft unterstellt dass es sich anstellt. Oft kann das Pferd aber auch einfach auf drei Beinen sein Gleichgewicht nicht so gut halten.

Letztendlich ist es immer so: Wenn ein Pferd eine Verhaltensweise zeigt und ich habe keinen pathologischen Befund dazu, dann muss ich mal überlegen: Woran liegt es? Und in den wenigsten Fällen liegt es nicht daran, dass das Pferd unkooperativ ist. Sondern daran, dass das etwas in der Wahrnehmungsverarbeitung nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte.

Pferdeflüsterei.de: Habt ihr noch ein praktisches Übungsbeispiel, das man schnell mal pfergotherapeutisch mit dem Pferd machen?

Pfergo-Team: Ich glaube, was man jedem Pferdebesitzer an die Hand geben kann, ist: Einfach mal, Dinge ausprobieren und auch ein bisschen ungewohnte Sachen machen. „Ungewohnt“ muss ja nicht gleich die Rieseaktion sein mit dem großen Schreckparcour auf dem Platz. Oft reicht es, wenn ich das Pferd von beiden Seiten führe, auch mal von der rechten Seite aufsattle oder die Hufe in einer anderen Reihenfolge auskratze als sonst.

Das hört sich jetzt total banal an. Aber wir haben in der Praxis gemerkt, dass schon das für Pferde ein Riesenthema sein kann. Insofern würden wir jedem Pferdebesitzer raten: Einfach mal Dinge ausprobieren und weg von der Routine gehen.

Kann ich dabei was falsch machen?

Pferdeflüsterei.de: Kann ich auch am Pferd irgendwas falsch machen in Sachen Anatomie? Es geht ja auch um Tiefenmuskulatur, Sehnen, Bänder, oder Gelenke. Kann ich da irgendwie Verbiegungen, Verzerrungen, Blockaden mit den Übungen auslösen, wenn ich irgendwas falsch mache?

Pfergo-Team: Man kann natürlich was falsch machen. Aber dadurch, dass wir jetzt nicht wie in der Physiotherapie in die Dehnung oder Streckung gehen, braucht man keine Angst zu haben, dass man das Pferd irgendwo überdehnt oder Verzerrungen hervorruft. Natürlich ist es so, dass ich bei dem Pferd auf jeden Fall darauf achten muss: Was sagt mir das Pferd?

Es gibt Pferde, die sehr schnell überfordert sind und das aber nicht zeigen, indem sie losschießen, sondern vielleicht starr werden und die Muskulatur sich verhärtet. Also man sollte einfach das Pferd gut beobachten und gucken: Was verändert sich im Pferd? Und zwar im kompletten Pferdekörper. Und dann schnell reagieren, wenn man merkt: Jetzt ist das Pferd einfach über seine Grenze gegangen. Auch, wenn es eigentlich nur auf so einem Balance-Pad steht.

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Pferdeflüsterei.de: Das klingt spannend. Vielen Dank für das Interview an euch zwei!

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