Achtsamkeit… A-C-H-T-S-A-M-K-E-I-T… lass dir das Wort doch einfach mal zusammen mit mir auf der Zunge zergehen. Ist es nicht wie ein tiefes Ausatmen? Zaubert es dir auch ein Lächeln ins Gesicht? Allein wenn ich über Achtsamkeit nachdenke oder mir dieses Wort in den Kopf rufe, entschleunige ich sozusagen zeitgleich mit. Es ist wie eine kurze und feine Meditation. Warum ich dir das schreibe?
Weil sich dieses warme Gefühl ganz einfach mit an den Stall nehmen lässt und weil das wiederum dein Pferd an dir lieben wird. Weil ich einen Artikel gelesen habe, der sich ein stückweit über die Achtsamkeit aufregt und sie als Pflicht empfunden hat, die Druck macht. Weil ich das ganz anders sehe und Achtsamkeit geradezu grandios finde. Sie kann so unglaublich viel für dich und dein Pferd tun. Ich betrachte sie als Geschenk, das die Bindung zu unserem Tier und zu uns selbst so stark machen kann.
Achtsamkeit hat Power, schenkt Entspannung, nimmt Druck und lässt lächeln. Sie macht empathisch und lässt hinfühlen zum Gegenüber – und das macht Partnerschaft aus. Dass wir nicht einfach nur trainieren und Ziele vor Augen haben, sondern gemeinsam mit dem Pferd an einem Strang ziehen und die Gefühle des Pferdes genauso ernst nehmen, wie unsere eigenen. Achtsamkeit ist auch ein bisschen individuell.
Deswegen beschreibe ich dir meinen Sicht auf die Achtsamkeit und was sie für dich und dein Pferd tun kann – ganz grundlegend. Und dann liegt es an dir deine persönliche Version der Achtsamkeit zu finden und mit an den Stall zu nehmen – für eine bessere Bindung zwischen dir und deinem Pferd und für ein gutes Gefühl.
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Wörter haben Macht – wie wir unsere Pferde positiv beeinflussen können
Das alles hat mich dazu inspiriert über dieses große und mächtige wundervolle Wort nachzudenken. Weil Wörter Macht haben und wir diese Macht der positiven Wörter für uns nutzen können. Genauso wie wir die Macht der negativen Wörter loswerden können, in dem wir sie nach und nach aus unserer Gedankenwelt streichen.
Ein Beispiel:
- Ist unser Pferd eine Zicke? Ein Gaul? Ein Miststück?
- Oder ist es eine Maus, eine Lady, eine Süße oder meinetwegen auch eine Dicke?
All die Namen, die wir dem Pferd geben oder die negativen Eigenschaften, die wir dem Pferd andichten oder in ihm sehen, haben eine Wirkung auf uns und unser Verhalten und letztlich erfüllen sie sich am Ende selbst. Weil das „Miststück“ diese negative Welle spürt, die wir mit dem Wort und unserer Haltung mitbringen. So wird das entsprechende Pferd unter Umständen etwas zickiger oder aggressiver reagieren, als es das würde, wenn wir mit einem Wohlwollen und liebevollen Wörtern in unserem Kopf auf das Pferd zugehen würden.
Ein Beispiel: Ich könnte mein Pferd als bockig bezeichnen – oder ich mache mir bewusst, dass es einen starken Willen hat.
Noch ein Beispiel:
Ich könnte mein Pferd als kompliziert beschreiben – oder ich mache mir bewusst, dass es sensibel und klug ist.
Pferde reagieren ganz anders, wenn wir mit einem Lächeln an unser Pferd denken und liebevolle Namen und Eigenschaften im Kopf mit dem Pferd verbinden und ja – wenn wir achtsam sind und uns diese ruhige, gelassene und aufmerksame Stimmung namens ACHTSAMKEIT mit an den Stall nehmen.
Pferde sind nun einmal so sensibel und klug, dass sie uns, unsere Gedanken, unsere Gefühle und unsere Stimmungen ein Stückweit spiegeln.
Achtsamkeit und wie sie dir und deinem Pferd helfen kann
Kommen wir also zurück zur Achtsamkeit und wie sie dir und deinem Pferd helfen kann.
Für mich ist Achtsamkeit keine Pflicht – es ist ein Geschenk, das ich mir selbst und meinem Pferd machen kann.
- Achtsam zu sein bedeutet, dass du mit Achtung mit dir selbst und mit deiner Welt umzugehst.
- Es bedeutet aufmerksam und bedächtig zu sein.
- Es bedeutet im Moment zu sein und im Hier und Jetzt zu leben. Nicht beim Heute schon ans Morgen zu denken und – um es ganz praktisch zu sagen – nicht bei jedem Trainingsschritt schon die nächsten drei Schritte oder die Heimfahrt oder den blöden Moment mit der Kollegin im Job mit sich herumzuschleppen.
Pferde-Schule beschreibt HIER in einem Artikel wie du mit der Selbstfürsorge auch dein Pferd umsorgen kannst ´
Und HIER beschreibt AchtsamePferdfreunde was genau Achtsamkeit bedeuten kann
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Achtsam sein bedeutet nicht hysterisch zu sein
Achtsam zu sein bedeutet nicht hyperaktiv jede noch so kleinste Regung des Pferdes zu interpretieren, es heißt einfach nur bedacht und empathisch mit dem Wesen umzugehen, das mir da gegenübersteht und auch seine Bedürfnisse wahrzunehmen.
Das entschleunigt von ganz alleine – denn um all das sehen und fühlen zu können, müssen wir ganz da sein. Und das wiederum ist ein unfassbar großes Geschenk, das die Pferde uns machen und das wir uns im Alltag selbst machen können. Denn es tut einfach nur gut im Hier und jetzt zu sein.
Achtsam zu sein bedeutet für mich auch meine Zeit am Stall meinem Pferd zu widmen. Wenn ich mit der Stallkollegin tratsche, dann mache ich das bevor ich mein Pferd aus der Herde hole oder nachdem ich es zurückgebracht habe oder während wir gemeinsam miteinander als Herde herumstehen.
Ich tratsche nicht, während mein Pferd am Putzplatz herumsteht und angebunden auf mich wartet. Ich tratsche auch nicht gerne während ich mein Pferd putze oder reite oder Bodenarbeit mache. Dann gehört meine Aufmerksamkeit und auch meine Achtsamkeit meinem Pferd. Das finde ich legitim und richtig – denn wenn ich Madame Pferd schon aus der Herde hole, dann sollte ich mich auch ihr widmen und wenn ich sie putze, dann sollte ich auch schauen, wie sie das findet, was ich da mache.
Ich persönlich möchte auch nicht, dass der Friseur mit seiner Kollegin quatscht, während er meine Haare schneidet oder die Kassiererin mit der Kollegin tratscht, während sie meine Einkäufe bearbeitet. Das empfinde ich als unhöflich.
Achtsamkeit = hier und heute! Wie uns das Gefühl erden kann
Innehalten! Durchatmen! Da sein! Aufmerksam sein! Einzelheiten wahrnehmen! Lächeln! Achtsam sein!
Das vergessen wir gerne mal im Alltag zwischen den Smartphones und Telefonen und Social Media und Pflichten und vermeintlichem Zeitmangel. Dabei ist dieses Innehalten so unglaublich wichtig. Für uns als Persönlichkeiten, aber eben auch für uns als Pferdemenschen.
Wenn wir zuviel Hektik in uns tragen tut es uns selbst nicht gut, aber wir bringen dieses Hektik auch mit zum Pferd an den Stall. Das spürt unseren Stress und wird selbst gestresst dadurch. Wenn wir aber immer wieder zwischendurch uns Momente der Instantentspannung holen, kommen wir in Ruhe und Gelassenheit zum Pferd. Das wiederum wird dein Pferd lieben. Deine Achtsamkeit ist im Grunde auch seine Achtsamkeit.
Das ist ein Geschenk – denn je achtsamer wir mit uns selbst umgehen, desto zufriedener werden wir sein. Je zufriedener wir sind, desto mehr wird das Pferd uns lieben. Je mehr das Pferd uns liebt, desto glücklicher sind wir. Zumindest wenn wir auf der Suche nach einer Bindung zum Pferd sind.
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Wie diese Achtsamkeit genau aussieht und wie sie den Umgang mit dem Pferd prägt ist Typensache. Typ Mensch und Typ Pferd sind Individuen und haben individuelle Ideen und Vorstellungen davon, wie eine gemeinsame Zeit aussehen kann.
Achtsamkeit bedeutet nicht, dass wir uns nicht anstrengen oder Aufgaben meistern oder auch mal an der Komfortzone des Pferdes zu kratzen oder an der eigenen – es bedeutet einfach nur, dass wir dabei ganz da sind, auf die Signale des Pferdes hören und gemeinsam mit Gefühl füreinander voranschreiten.
Tatsächlich ist Achtsamkeit nichts Anstrengendes oder Aufgesetztes – es ist einfach das Leben. Aber das bewusste Leben, das tiefe Atmen, die Aufmerksamkeit füreinander, das Gefühl miteinander und die gemeinsame Zeit mit dem Pferd oder der Familie oder den Freunden.
Vertrauen und Bindung zwischen Pferd und Mensch
Achtsamkeit ist im Grunde die Erinnerung an uns selbst einfach da zu sein und das was wir tun bewusst zu tun. Eine scheinbar leichte Aufgabe, die in unserem hektischen durchtechnisierten Alltag am Ende nämlich gar nicht so einfach ist.
Es ist schon verrückt, dass die einfachsten Dinge in unserer aktuellen Zeit plötzlich so schwer werden.
Zeit zu haben – zum Beispiel. Zeit ist einfach da. Wir müssen sie nicht kaufen oder suchen. Sie ist da und sie umgibt uns und wir bestimmen jeden Tag und jede Sekunde neu, wie wir diese Zeit gestalten und wahrnehmen wollen. Wenn wir uns die Zeit nehmen und im Hier und Jetzt agieren, werden wir entspannter und weniger hektisch. Wir sind uns unseres Selbst und unseres Gegenübers bewusster und genau das schafft Vertrauen und Bindung zwischen Pferd und Mensch. Es geht darum einander zuzuhören.
It’s all about the Blickwinkel
Ich stelle dir eine einfache Frage: Rinnt dir deine Zeit durch die Finger oder genießt du jede Minute?
Egal wie deine Antwort ausfällt – beide Male vergeht die Zeit einfach nur. Es ist nur eine Frage des Blickwinkels:
- Einmal rast die Zeit in deinem Kopf mit negativen Gefühlen vor sich hin
- Einmal ist sie in deinem Kopf ein wunderbarer Genuß.
Letzteres passiert, wenn wir achtsam mit uns und unserer Zeit umgehen. Wenn wir uns nicht ärgern, während die Zeit vergeht und wenn wir die Zeit wahrnehmen und bewusst leben. Dann genießen wir jede Minute. Dabei kann uns die Achtsamkeit helfen.
Wenn wir uns nicht vom falschem Ehrgeiz oder rasendem Perfektionismus oder innerer Hektik lenken lassen, sondern einfach aufmerksam in dem Moment agieren, in dem wir uns befinden. Die Gedanken, die wir denken haben Macht. Sie beeinflussen unsere Gefühle – im Guten wie im Schlechten.
Deswegen stelle ich die Frage in den Raum: Ist Achtsamkeit ein Trend oder eine Pflicht oder vielmehr Entspannung und ein Gefühl für uns und die Gegenwart?
Für mich ist sie letzteres. Sie hilft uns auch dabei, dass wir im Hier und jetzt sind und nicht im gestern oder morgen – wenn wir mit unseren Gefühlen und Gedanken ganz einfach dort sind, wo wir gerade agieren und nicht irgendwo anders.
Und genau das wird dein Pferd an dir lieben. Pferde mögen authentische und klare Persönlichkeiten. Sie lieben es, wenn wir ganz bei ihnen sind und ganz bei uns selbst. Wenn wir achtsam mit uns und unseren Signalen umgehen und achtsam mit ihren Gefühlen und Ängsten oder Fragen oder Ideen. Wenn wir sie beACHTEN und nicht missachten. Das gibt Vertrauen und Sicherheit und es gibt Freude – Mensch und Pferd.
8 Kommentare
Liebe Petra,
für mich ist Achtsamkeit einer der Grundpfeiler meines Zusammenseins mit den Ponys. Diese Achtsamkeit hat mir am Samstag zum Beispiel geholfen meine Pferdedame zu verstehen. Ich wollte sie gerne aufhalftern und mit ihr spazieren gehen. Diesen Plan hatte ich in meinem Kopf, bin in ihren Stall gegangen, hab das Halfter geholt und wollte sie aufhalftern. Meine Ponys drängen sich im Normalfall um mich und jeder will der Erste sein, den ich mitnehmen. Dieses Mal ist meine Pferdedame etwas weggestanden und hat mich auffordernd angeschaut. Also habe ich einen Schritt auf sie zugemacht. In dem Moment hat sie den Kopf in den Nacken geworfen, ist losgaloppiert und hat gebuckelt. So konnte ich sie natürlich nicht einfangen.
Nun hätte ich ihr Verhalten als Ungehorsam und Arbeitsverweigerung interpretieren können. Sie ist immer, wenn ich ihr ein Stück näher kam, buckelnd und kopfschüttelnd ein Stück weggerannt. Ich habe kurz innegehalten und geschaut, was sie mir eigentlich sagen will und da habe ich ihren kecken Blick und die Herausforderung in ihrem Blick gesehen. Sie wollte einfach nur fange spielen. Sie hatte viel Energie und wollte die beim gemeinsam rennen über den Paddock einfach loswerden. Sie hat mich zum Spielen aufgefordert. Also habe ich das Halfter beiseite gelegt und bin hinter ihr hergerannt. Sie ist fröhlich buckelnd vor mir weggelaufen, hat Hacken geschlagen, ist mit hinter her gerannt und wir hatten viel Spaß miteinander. Das war aber nur durch hinfühlen und genaues beobachten möglich. Das war für mich ein richtig schöner Augenblick, denn sie hat mich vorher noch nie so zum gemeinsamen Spielen aufgefordert, hätte ich nicht aufgepasst, wäre dieser schöne Moment nicht entstanden.
Liebe Grüße
Miriam
Liebe Miriam, was für eine schöne Geschichte. Du hast so Recht, man missinterpretiert gerne mal die Kommunikation. Vor kurzem ist Carey zum Beispiel zwei Tage lang nicht ans Gatter gekommen als ich sie gerufen habe und wollte dann nicht so gerne mitkommen. Ich hatte mich schon gewundert, da sie ja immer kommt. Und dann zeigte sich an Tag 3, dass sie ein bisschen unrund lief. Ich rief die Osteopathin und es stellte sich heraus, dass sie Schmerzen hatte. Wie schlimm wäre es gewesen, wenn ich das als Bockigkeit gedeutet hätte. Da hatte sich also schon etwas angekündigt. Es ist so wichtig genau hinzusehen und manchmal ist es ein Rätselraten. Aber es lohnt sich so sehr. Ganz liebe Grüße auf jeden Fall an euch und bis bald, Petra
Das hast du wie immer wunderbar ausgedrückt, liebe Petra. Danke für diesen Artikel. Ich wünsche dir und deiner Familie (Carey eingeschlossen) frohe Weihnachten und eine besinnliche Zeit.
Hallo liebe Sarah, ooh wie schön dich mal wieder zu lesen :-) Danke für deinen lieben Kommentar. Lass es dir gut gehen und bis bald, Petra
Da ich noch nie mit Pferden viel zutun hatte und ich jetzt ein 16 mon altes stütchen habe lerne ich viel wir beide lernen und ich liebe sie sehr wir wachsen zusammen und es ist das schönste was es gibt Zeit mit ihr zu verbringen
Hallo liebe Sabine, wie wunderbar! So sollte es immer sein – einfach Freude aneinander und miteinander haben. Ganz liebe Grüße, Petra
Was für ein wunderbarer Artikel! Pferde spiegeln Menschen nicht nur ein „stückweit“ sondern extrem Präzise! Bei meiner Arbeit als pferdegestützte Persönlichkeitstrainerin staune ich immer wieder aufs Neue über das unterschiedliche Verhalten meiner Pferde, die ich doch eigentlich in und auswendig kenne. Sie reagieren auf unterschiedliche Menschen komplett unterschiedlich. Pferde geben immer Feedback nur leider verstehen es soviele Pferdeleute nicht als solches. Es ist eine Chance für sich selbst auch in anderen Lebensbereichen zu profitieren. Denn wer Probleme mit dem Partner Pferd hat und nicht erkennt wodurch es ausgelöst wird, hat häufig auch in anderen Lebensbereichen diese Schwächen. Jede Handlung führt zu einem Resultat. Bin ich unzufrieden mit dem Ergebnis muss ich mein Handeln hinterfragen. Unsere unbewussten Verhaltensmuster spiegeln sich in den Pferden absolut ehrlich. Wir müssen nur hinsehen und es annehmen. Achtsamkeit ist ein grundlegender Punkt um überhaupt bewusst hinsehen zu können.
Hallo liebe Janet, es ist wirklich erstaunlich wie unterschiedlich Pferde zum Teil mit verschiedenen Persönlichkeiten sein können – das überrascht mich auch immer wieder. Du hast so Recht mit deinem Kommentar – danke für diese schöne Ergänzung! Ganz liebe Grüße, Petra