Übergänge richtig reiten – was so trocken und simpel klingt, ist eine richtige Zauberzutat für feines und kommunikatives Reittraining.
Wenn wir uns eine klare, feine Kommunikation beim Reiten wünschen, kommen wir nicht um feine und korrekte Übergänge herum. Sie sind die Zauberzutat für eine feine und schöne Kommunikation beim Reiten.
Warum Übergänge ganz grossartig fürs feine Reiten sind
Jeder von uns reitet permanent (vielleicht unbewusst?) Übergänge. Die Frage ist nur, ob wir sie noch fast wie einen kleinen Unfall einfach passieren lassen oder ob wir sie mit allen Chancen und Vorteilen als frisches und geniales Rezept mit ins bewusste Reiten nehmen.
Die 3 großen Vorteile von Übergängen
- Wir können unser Pferd wach und aufmerksam halten dank der Übergänge.
- Wir verbessern und verfeinern die Kommunikation dank der Übergänge
- Wir können unser Pferd geschmeidiger halten und es wird immer besser an den Hilfen „stehen“.
Bevor wir tiefer in die Theorie der Übergänge mit all ihren Goodies und Tücken eintauchen, haben wir zuerst Quick-Tipps für das Reiten von Übergängen für dich.
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5 Quick-Tipps für das Reiten von Übergängen
Vorrausschauend reiten
Heißt kurz gesprochen, dass wir uns immer zuvor überlegen sollten, was wir reiten wollen und wie wir das mit den Hilfen für unser Pferd vorbereiten können.
Wiederholen und verfeinern
Ein Übergang hat immer Verbesserungspotential. Deswegen lohnt es sich, sie immer mehrfach zu wiederholen bis wir eine Verbesserung innerhalb unserer Kommunikation oder Ausführung des Übergangs erreichen.
Locker bleiben
Gerade bei den Übergängen, die Tempo oder Schwung wegnehmen, wollen wir meist abbremsen. Das führt aber zum Stocken der Pferde-Bewegung. Fluffige, harmonische Übergänge sollten deswegen nie mit Bremsen zu tun haben, sondern vielmehr mit einem aktiven Anfang der neuen Bewegung – auch wenn die gewünschte Bewegung langsamer ist
Oberkörper aufrecht halten
Damit der Sitz in den Übergängen immer ruhig und angenehm fürs Pferd bleibt, sollten wir auch auf unsere aufrechte Körperhaltung achten. Nach vorne oder nach hinten zu kippen, könnte das Pferd in der Bewegung stören.
Der Körper ist der Vorbote zur Zügeleinwirkung
Im Idealfall wollen wir jegliche Übergänge mit unsichtbaren Hilfen reiten. Die Reiterhand sollte erst die letzte Instanz sein. Wenn wir also einen Übergang reiten wollen, sollten wir erst mit dem Sitz und der Gewichtshilfe starten. Die Hand soll erst der nächste Schritt sein, wenn er denn nötig ist.
Du könntest jetzt aufhören zu lesen und starten, aber ist es nicht viel cooler, wenn man ein Thema komplett durchdringen kann?
Wenn wir wissen WARUM wir etwas machen, ist es viel leicht zu verstehen WIE wir es umsetzen können. Deswegen bekommst du jetzt noch Background und Theorie zu den Übergängen, so dass du sie wirklich schön reiten kannst.
Was sind Übergänge und warum sind sie so toll fürs Reiten
Erst wollen wir mal kurz darüber reden, was Übergänge überhaupt sind und wie wir von ihnen als Reiter-Pferd-Paar profitieren können.
Ganz simpel: Übergänge sind für jede Art von Wechsel beim Reiten:
- Gangartenwechsel
- Tempiwechsel
- Bewegungsrichtungs- und Versammlungswechsel
Das bedeutet aber nicht, dass Übergänge superschwer sind. Lektionen oder Hufschlagfiguren gleichmäßig ohne Übergänge zu reiten ist auch eine große Herausforderung.
Dafür braucht es auch eine feine Kommunikation, wobei es die Pferde bei den gleichbleibenden Phasen etwas leichter haben. Sie genießen es teilweise, wenn nicht so viele Übergänge geritten werden und entspannen im stetigen Training manchmal mehr.
Das kann dann aber wieder in eine drohende Langeweile switchen und es besteht die Gefahr der körperlichen Ermüdung, wenn wir immer gleichbleibend reiten.
Du siehst also, dass ein gutes Gleichgewicht aus gleichbleibenden Phasen und Phasen mit Übergängen den perfekten Mix ergeben.
OFFTOPIC: Gerade bei Jungpferden ist die Balance entscheidend. Sie sind durch zu häufige Übergänge oft überfordert, reitet man aber zu wenige Übergänge, vergessen sie durch die Langweile oder Ablenkungen von außen den Menschen.
Wenn du aber das richtige Maß an Übergängen findest, kannst du dein Pferd konzentriert, zufrieden und entspannt trainieren. Die Bedürfnisse der Pferde sind einfach unterschiedlich und wir müssen mit jedem neuen Pferd wieder herausfinden, wieviel es leisten kann oder auch sollte.
Wie sollten wir Übergänge trainieren?
- Wenn du mit der Idee von Übergängen startest, kannst du Anfangs erst einmal nur eine Art von Übergängen üben. Zum Beispiel nur das Wenden oder nur Gangartenwechsel (als Hufschlagfiguren oder auf einer gleichbleibenden Linie Gangartenwechsel). Das wiederholst du dann mehrmals, bis eine Verbesserung auftritt
- Wenn dein Pferd dann weiter ausgebildet ist, kannst du hin- und herspringen zwischen den verschiedenen Arten der Übergänge oder sogar irgendwann zwei Übergänge gleichzeitig reiten (Abwenden und Gangartenwechsel beispielsweise).
- Am Anfang gibst du dem Pferd viel Feedback und lobst jeden Übergang (selbst wenn es nur ein lobendes Wort ist – ohne Pause oder Leckerli – freut sich das Pferd darüber). Die positive Reaktion deines Pferdes ist nicht selbstverständlich und wir sollten sie immer wertschätzen. Wenn dein Pferd übertrieben reagiert oder nicht das macht, was du wolltest, kannst du das als Feedback für dich und deine Hilfengebung oder eure Vorbereitung sehen. Lobe dein Pferd auch dafür und versuche dann deine Hilfen anzupassen oder den Übergang einfach noch mehr zu üben.
Was bei Übergängen schiefgehen kann und was du dann machen kannst
Unruhe der Pferdekopfhaltung: Viele Pferde tendieren dazu, im Übergang mit ihrem Kopf nach oben und dann wieder nach unten zu gehen. Das passiert oft, weil die Zügelhilfe zu stark war oder zu unvermittelt gegeben wurde.
Wenn du es schaffst weniger Zügel zu nutzen und die Zügelhilfe besser vorzubereiten, löst du ein Teil dieses Problems ganz einfach.
Wenn du dann noch allgemein an der Lockerung und Gymnastizierung deines Pferdes bastelst, kannst du dich der Lösung weiter annähern. Dann kannst du Übergänge innerhalb oder zu einer Gangart anfangs mit leichter Innenbiegung reiten, weil das deinem Pferd dabei hilft zu entspannen und die ruhige Kopfhaltung fördert.
Wenn du beim Reiten der Übergänge keine Verbesserung bekommst, sondern immer mehr und mehr Druck brauchst, ist das ein Zeichen für die Unzufriedenheit deines Pferdes. Dann kannst du Ursachenforschung betreiben.
Mögliche Ursachen sind zum Beispiel:
- Müdigkeit
- Unterdrückte Bewegungslust
- Unwohlsein durch nicht passendes Equipment
- Langeweile
- Ein schlecht sitzender Reiter
- Angst durch äußere Einflüsse
Es gibt noch viel mehr mögliche Gründe und es kann auch ein Mix aus verschiedenen Gründen sein. Wichtig ist einfach nur, dass du dich auf die Suche begibst und deinem Pferd zuhörst.
Wenn du die Ursache aus der Welt schaffen kannst, kannst du harmonischer trainieren, förderst die Beziehung zu deinem Pferd und brauchst keinen Druck beim Reiten.
Weil: „Sinnvolles, durchdachtes Training sollte spielend leicht durch Wiederholung besser werden.“
Wenn dein Pferd bei den Übergängen stockt oder du Probleme hast danach die neue Gangart zu halten, lohnt es sich deinen Sitz zu checken. Oft passiert das, wenn der Reiter in der Hüfte steif wird oder den Übergang nicht locker genug reitet.
INFO: Die Hüfte sollte in jeder Gangart und während jeder Drehung (beim Abwenden oder in den Seitengängen) locker mitschwingen. Wie bei einem Auto mit Gangschaltung sollten wir eher durch Vorrausschauendes (Fahren) Reiten die Geschwindigkeit verändern oder die Motorbremse nutzen, anstatt unvermittelt und zu häufig auf die Bremse zu treten. So fällt es im Anschluss dann auch leichter, die Gangart ohne viel Aufwand zu halten.
4 Zaubertricks für Übergänge
Übergänge können vielseitig sein, Spaß machen und unsere Kommunikation oder sogar die Beziehung zu unserem Pferd verbessern. Es liegt an uns, sie sinnvoll und häufig einzusetzen.
Am Anfang benötigen wir dafür möglicherweise Disziplin und ein bisschen Mühe, aber das zahlt sich total aus. Denn gerade durch die feinen Übergänge bekommst du das, was sich die meisten Reiter wünschen: Das nahezu unsichtbare Verschmelzen von Pferd und Mensch.
Dies ist das Zauberhafte am Reiten und der große Unterschied zum Motorradfahren. Mit dem Pferd können wir kommunizieren bis wir uns blind vertrauen und verstehen. Für dieses wunderbare Gefühl des Symbiose lohnt es sich so sehr auch die Übergänge immer wieder zu reiten und sich selbst fortzubilden.
Damit dir das noch leichter gelingt, haben wir zum Schluss noch 4 Zauberzutaten für dich:
- Zählen: Der Takt ist beim Reiten ein entscheidendes Mittel, um dem Pferd zu vermitteln welche Gangart wir reiten wollten. Der Schritt ist ein Viertakt, der Trab ein Zweitakt und der Galopp ein Dreitakt. Wenn wir dem Pferd den Takt schön vorgeben, kann es die Übergänge feiner gehen. Um den neuen Takt besser in den Reiterkörper zu bekommen, hilft es kurz vor dem Übergang den alten Takt laut zu zählen und dann ebenfalls laut zählend in den neuen Takt zu wechseln.
- Innere Bilder suchen: Du hast Probleme im Übergang richtig zu sitzen oder einen Übergang gut körperlich zu unterstützen? Dann visualisiere die Lösung. Such dir dein eigenes inneres, hilfreiches Bild und lass es für dich zaubern.
- Im Galopp kann deine Hüfte zum Beispiel zum Wackeldackel werden. Wie diese „Spielzeughunde“, die gerne hinten auf der Ablage in den Autos liegen.
- Fürs Abwenden wird deine Wirbelsäule zu einer drehbaren Wendeltreppe auf der Heinzelmännchen nach oben steigen um durch die Fenster dann Luftballons zur richtigen Seite aus dem Fenster hochsteigen zu lassen.
- Die inneren Bilder dürfen gerne verrückt, bunt und wunderbar sein, solange sie dir helfen. Höre gerne in deinen Körper rein, um die für dich passenden Bilder zu finden.
- Vorbereitung: Die passende Vorbereitung ist alles beim Reiten. Nicht nur durch das Fundament und die passende Grundausbildung von Reiter und Pferd, sondern auch im Training. Das musst du natürlich nicht immer präventiv machen, aber wenn häufiger Probleme in einer Übung oder bei einem speziellen Übergang auftreten, kannst du deinem Pferd durch die richtige Vorbereitung helfen.
- Du kannst beispielsweise eine Volte reiten, bevor du in die Seitengänge wechselst.
- Oder du reitest Tempiunterschiede im Trab bevor du angaloppierst.
- Achtungszeichen geben: Bevor ein Fahrrad vorbeifährt, hören wir eine Klingel. Bevor das Auto stehenbleibt, leuchtet die Tankanzeige. Bevor wir einen Übergang reiten wollen, sollten wir dem Pferd ein Achtungszeichen geben. Das kann ein Fingerspiel am Zügel wie ein kleines Kitzeln sein oder eine halbe Parade, ein Bügeltritt oder eine Veränderung des Gewichts. Je nach gewünschtem folgenden Übergang.
Ich bin Hero Merkel und reite mein ganzes Leben. Mit zwei Wochen saß ich das erste Mal auf dem Pferd meiner Mutter, seitdem sind Pferde meine besten Lehrmeister, liebevollsten Begleiter und coolsten Kommunikationspartner.
Beruflich bin ich deshalb Pferdetrainerin und Stuntfrau geworden. Dabei nutze ich mein ganz individuell zusammen gestelltes System und bilde mich ständig fort.
Hero Merkel
Die Autorin des Artikels
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