So kann die Bodenarbeit deinen SeniorPferd fit halten
Pferdesenioren Training ist superwichtig und wird oft unterschätzt. Machen wir uns nichts vor – unsere Pferde werden älter, denn älter werden gehört zum Leben dazu. Das bringt Veränderungen mit sich. Manche davon sind positiv, auf andere könnten wir eher verzichten. Aber es ist, wie es ist und es ist an uns das Beste daraus zu machen. Wenn wir unser Pferd nicht mehr beschäftigen, wird es mental und körperlich einrosten. Da kann die Bodenarbeit dein perfekter Helfer sein.
Wir reden jetzt darüber, wie die Bodenarbeit dein Pferd beim Älterwerden fit halten kann, was im Pferdetraining mit zunehmendem Alter des Pferdes besonders wichtig ist und welche Aspekte der Arbeit mit Senioren-Pferden du besonders schätzen lernen kannst.
Die verschiedenen „Phasen“ im Pferdeleben und was sie bedeuten
Pferde durchlaufen – wie wir Menschen auch – in ihrem Leben verschiedene Phasen. Um dir zu verdeutlichen was wir meinen und welche Phasen welche Vorteile haben, lass uns kurz die Phasen durchgehen:
- 1. Phase – die Babyphase: in der sie durch ihren Wachstum und ihre hormonellen Veränderungen eine kurze Aufmerksamkeitsspanne haben und häufig Gleichgewichtsprobleme oder körperliche Schwankungen durchmachen. Im Idealfall trainierst du Pferde in diesem Lebensabschnitt kaum oder gar nicht. (häufig bis zum 4. Lebensjahr)
- 2. Phase – die Teenager-Zeit: Während der darauf folgenden Teenager-Zeit, in der sie emotional schwankend und körperlich topfit sind, muss man sich bemühen, die Gedanken in eine positive Richtung zu lenken. Das körperliche Training ist dagegen sehr dankbar, weil sie bewegungsfreudig und motiviert sind. (5.-7. Lebensjahr)
- 3. Phase – die Erwachsenen-Phase: in der sie sowohl körperlich als auch geistig auf ihrem Höhepunkt sind. Diese Phase ist für viele wahrscheinlich ein Highlight. (in der Regel 8.-16. Lebensjahr)
- Und dann folgt eine Phase, in der sie geistig mit ihrer Lebenserfahrung, ihrer Ruhe und ihrer Präsenz punkten, aber in der körperlich möglicherweise die ersten Alterserscheinungen auftreten können. (circa ab dem 16. Bis 19. Lebensjahr)
In dieser letzten Phase (die mit unter 10-15 Jahre dauern kann) tendieren manche Reiter dazu, ihr Pferd soweit zu schonen, dass sie es gar nicht mehr bewegen wollen. Das Pferd „darf“ dann auf einer Koppel sein Senioren-Dasein genießen. Dabei ist Pferdeseniorentraining unglaublich wichtig, damit dein Pferd nicht schneller abbaut als dir lieb ist.
Aber du tust damit deinem Pferd ziemlich sicher keinen Gefallen, denn wer sein ganzes Leben begeistert gearbeitet hat, der möchte ungerne ohne Aufgabe bleiben. Darüber hinaus ist gerade in dieser Lebensspanne eine medizinische Betreuung oft wichtig. Aber wer merkt, wann was nötig ist, wenn kein täglicher Dialog oder Austausch mit dem Menschen stattfindet?
Und wie kann man das Vertrauen des Pferdes halten, um Medikamente zu geben oder Behandlungen durchzuführen, ohne das Pferd regelmäßig geistig fit zu halten?
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Eine Lektion für mehr Köpfchen und Spaß bei der Bodenarbeit mit deinem Pferd
Warum wir das Kommunikationsband auch mit dem Senior nie abreissen lassen sollten
Was Bodenarbeit für euch tun kann
Für all das ist es essentiell notwendig – auch wenn das Pferd körperlich keine Hochleistungen mehr bringen kann wie früher – weiter zu kommunizieren und zu trainieren.
Sollte das Pferd körperlich fit genug sein, ist es natürlich erlaubt zu reiten. Aber versuche deinen Blickwinkel zu ändern und schätze mit zunehmendem Alter deines Pferde vor allem die Bodenarbeit als Trainingsmöglichkeit.
6 wichtige Punkte für das pferdegerechte Training deines Seniorpferdes
Ohne Gewicht auf dem Rücken läuft es sich leichter mit beginnenden körperlichen Problemen des Bewegungsapparates und der Rückenmuskulatur. Beispielswiese kann wie beim Jungpferd auch wieder eine längere Aufwärmphase am Boden vor dem kurzen Reiten Sinn machen.
Am Boden kannst du leichter die körperlichen Anforderungen runter schrauben ohne geistig ebenfalls zu pausieren. Arbeite dann beispielsweise mit kreativitätsfördernden Lektionen oder übe kleine Zirkustricks im Stand.
Feldenkreis ähnelnde Übungen für die Tiefenmuskulatur sind am Boden ebenfalls leichter zu erarbeiten – das ist gerade für ältere Pferde oft wie ein willkommenes Wellnessprogramm.
Körperliche Überlastung kommt am Boden seltener vor, da wir Menschen uns ja aktiv mit bewegen und daher leichter fühlen wann Ermüdung eintritt.
Freude an der Bewegung zu vermitteln ist gerade im Alter der Pferde essentiell wichtig. Am Boden fällt das vielen Reitern leichter, weil so die Gefahr des Reiters durch einen Kontrollverlust im Vorwärts stark reduziert ist.
Am Boden fallen Schiefen oder Ungleichheiten leichter auf. Gerade in der gymnastizierenden Dressurarbeit lohnt sich eine klare Analyse des Pferdekörpers und ein darauf angepasstes Training.
Die wichtigsten Trainingsbereiche für die Bodenarbeit mit deinem Seniorpferd
Gründe um Bodenarbeit zum machen gibt es genügend, aber welche Aspekte der Bodenarbeit für Senioren-Besitzer besonders nützlich sind, erfährst du jetzt:
Das Clickern oder generell die Arbeit über rein positive Verstärkung kann wunderbar unterstützen bei der Entscheidung wie viel dein Pferd an welchem Tag leisten sollte und auch kann. Denn dabei können die Pferde uns deutlich, aber freundlich vermitteln auf was sie Lust haben und was für sie unangenehm ist. Um zu motivieren sollte man sowohl für extrovertierte als auch für introvertierte Pferde ein passendes Angebot parat haben, ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, denn gerade im Alter ist vieles körperlich noch möglich, aber die Entscheidung über die Trainingsintensivität alleine zu treffen fällt mir persönlich schwer.
Im Alter leidet oft das Körpergefühl und das Geschick der Bewegungen. Um dagegen zu wirken, arbeite bewusst mit deinen Oldies auf wechselnden Untergründen wie Pads oder Matten mit unterschiedlichen Stärken. Wir gehen im Schritt über diese oder stehen auch einfach mal nur drauf.
Zusätzlich versuche sie zu Gewichtsverlagerungen in die unterschiedlichsten Richtungen mit den unterschiedlichsten Bodenverhältnissen zu animieren. Rutschfestigkeit und keine Stolperfallen sind dafür natürlich notwendig. Denn so können sie ihren Körper gefahrlos und in entspannter Atmosphäre trainieren sodass die Trittsicherheit und auch das körperliche Geschick so lange wie möglich so gut wie möglich bleiben.
Die Dressur ist wie Yoga für das Pferd, denn sie hält fit, geschmeidig und wach. Am Boden kannst du dein Pferd wunderbar am Kappzaum oder am langen Zügel dressurmäßig arbeiten. Lockere Seitengänge mit wechselnden Kopf- und Halspositionen sind besonders Seniorenfreundlich, denn wer rastet der rostet bekanntlich.
Der besondere Zauber der Seniorpferde
Du und dein älteres Pferd
Gerade der Dialog mit deinem älteren Pferd hat einen besonderen Zauber: Sie strotzen voller Lebenserfahrung und Weisheit, was bei jüngeren Pferden oft noch nicht der Fall ist.
Jede, der am Anfang betonten Phasen, bringt wundervolle und einzigartige Momente mit sich.
Die Bodenarbeit gibt uns dabei die Chance eine durch das Pferdeleben konstante „Arbeit“ zu haben, denn sowohl beim Jungpferd als auch beim älteren Pferd ist sie überaus hilfreich. Du kannst sie – je nach körperlichen Möglichkeiten – intensiver oder entspannter gestalten, ohne deinen Partner aufgabenlos zurückzulassen.
Pferde sind wie alle anderen Lebewesen auch: Sie mögen es gebraucht zu werden und leben für und durch liebevolle Zuwendung.
Ich bin Hero Merkel und reite mein ganzes Leben. Mit zwei Wochen saß ich das erste Mal auf dem Pferd meiner Mutter, seitdem sind Pferde meine besten Lehrmeister, liebevollsten Begleiter und coolsten Kommunikationspartner.
Beruflich bin ich deshalb Pferdetrainerin und Stuntfrau geworden. Dabei nutze ich mein ganz individuell zusammen gestelltes System und bilde mich ständig fort.
Hero Merkel
Die Autorin des Artikels
8 Kommentare
Mein Isländer Hakon ist zwar “erst” 19 Jahre alt, doch mache ich mir auch schon jetzt viele Gedanken darüber, wie ich ihn auch im fortschreitenden Alter fit und munter halten kann. Zuerst fallen mir natürlich auch die Clickerübungen nach der “Proudpowerhorse”-Methode (über die ein Artikel hier sicherlich auch sehr interessant wäre) ein – Pose und Powerwalk kräftigen die Muskulatur und stützen die Balance. Wippen (von Nina Steigerwald) sind ideal, um Gleichgewicht und Körpergefühl zu schulen und zu erhalten. Niedrige Cavalettis machen die Bodenarbeit abwechslungsreich, ebenso wie der Muskelaufbau/-erhalt über die Equikinetik. Daneben liebt Hakon es, sowohl am Fahrrad als auch als Handpferd mitzulaufen – das Laufen ohne Belastung hilft auch hier dem Rücken, stark zu bleiben. Dazu dann noch Massagen mit dem Novafon oder der Faszienrolle oder dem HorseRelax – (jetzt reicht es aber mit der Werbung) – so ist auch der Weg in das Alter abwechslungsreich und niemals langweilig. Weder ihm noch mir. :-)
Hey Boris, wie cool seid ihr denn!! Du machst viele großartige Sachen mit deinem Hakon und schaffst damit die perfekte Basis, dass er fit und gesund älter werden kann – finde ich super!! Alles Liebe, Petra
Ein sehr guter und enorm wichtiger Artikel. Leider findet ein Umdenken im Umgang mit Seniorenpferden viel, viel zu langsam statt. Mein Trakehner ist jetzt 26 Jahre alt. Früher brachte er mich oft an den Rand der Verzweiflung. Er war nie böse, aber absolut überheblich und zuweilen hengstig. Heute sind wir ein Dreamteam und er “fit wie ein Turnschuh”. Das haben wir erreicht durch lange Spaziergänge, Bodenarbeit, Gelassenheitstraining, gesundes (!) Longieren nach LAD, Handarbeit, und viel gemeinsamer Koppelzeit (einfach zum Schatz auf die Weide gelegt).
Und dieses Programm ist in jedem Pferdelebensabschnitt ein Gewinn!
So schön gesagt – ich finde den Weg großartig, den du mit deinem Senior gegangen bist :-) Alles Liebe, Petra
Für mich ein unglaublich wichtiges Thema!!! Meine Stute ist nun 27 Jahre alt und wird noch altersgerecht geritten und beschäftigt. Sie ist fleißig, motiviert und gibt immer ihr bestes. Lange Rede kurzer Sinn „ich hab sie furchtbar lieb und bin sehr stolz auf meine Coline“.
Aber was, wenn sie nicht mehr geritten werden kann.?! Da braucht man gute Alternativen. Ein Dasein auf einer Rentnerwiese ohne tägliche Verbindung mit mir, kommt jedenfalls nicht in Frage .
Lg, Karin
Das finde ich wunderschön!!! Man kann so viel mit ihnen machen: Bodenarbeit, Spaziergänge und und und :-) Alles Liebe, petra
Alte Pferde geben uns soviel. Ich bin sehr dankbar, dass mein jetzt 26 jähriger Ponymixwallach bisher nur kleine Alterswehwehchen hat und wir noch ganz viel zusammen erleben dürfen. Die Bodenarbeit begleitete uns in jeder Lebensphase nimmt nun aber langsam den größten Raum ein. Es gibt so viel mehr als nur longieren und Seitengänge und Zirkustricks zu entdecken. Gerade die Möglichkeit fein zu kommunizieren und auch mal ein direktes “nein” zu bekommen, wenn etwas halt nicht sein soll, fasziniert mich sehr.
Ich würde gern mehr auch über alte Pferde hier lesen. Beispielsweise Arthrose und hier besonders wie man mit Training und Futter unterstützen kann. Meiner ist GsD noch super unterwegs und hat keine Probleme bei der Hufbearbeitung die Balance zu halten aber genau diese Themen sind für viele Pferdemenschen so wichtig.
Hey liebe Kristina, das Thema nehmen wir uns auf jeden Fall mit – ich merke schon, dass es viele beschäftigt und habe – zusammen mit meiner Freundin Hero – viele Ideen, was man mit einem Pferdesenior alles machen kann. Ganz lieben Dank für einen Input und liebe Grüße an deinen Ponywallach und dich, Petra