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PSSM beim Pferd

P wie Polysaccharid-Speicher-Myopathie

Was ist PSSM?

PSSM – Polysaccharid-Speicher-Myopathie (Polysaccharide Storage Myopathy) – ist eine fortschreitende Muskelerkrankung des Pferdes, deren Ursache eine Störung des Zuckerstoffwechsels ist. Das Pferd lagert dabei Zuckermoleküle (Polysaccharide) in den Muskelzellen ein und kann sie nicht abbauen. Der Variante PSSM1 liegt ein Gendefekt in der sogenannten Glykogenspeicherung zugrunde, PSSM2 ist ein Sammelbegriff für verschiedene Krankheitsformen.

Vorderbeine Trab Carey

Welche Pferde sind von PSSM betroffen

PSSM wurde zuerst bei Pferderassen mit einer hohen Muskelmasse entdeckt – Quarter und Paint Horses, Appaloosas sowie Kaltblütern. Doch auch alle anderen Rassen – Warmblüter, Haflinger oder Freiberger – können betroffen sein. PSSM ist unter Freizeitpferden wohl weiter verbreitet als unter Sportpferden. 

Was ist der UNterschied zwischen PSSM1 und PSSM2 

Die Sypmtome von PSSM 1

PSSM 1 kann eine Vielzahl verschiedener Symptome in verschiedener Stärke auslösen, die alle auf Probleme der Muskulatur hindeuten. Die Krankheit tritt in Schüben auf, die Symptome verstärken sich mit der Zeit. Nach Ruhetagen sind sie besonders ausgeprägt. Die Anzeichen können nach der Arbeit, aber auch während des Trainings auftreten.

PSSM-Pferde sind oft triebig und faul, muskeln im Training nicht auf, reagieren empfindlich auf Berührungen und leiden unter steifen und schmerzenden Muskeln sowie Verspannungen und Verhärtungen vor allem im Bereich von Rücken, Kruppe und Hinterhand. Das kann sich bis hin zu Muskelzittern, Krämpfen und starkem Schwitzen steigern – hier wird oft von einer Kolik ausgegangen.

Allgemein können PSSM-Pferde leichter mit der Hinterhand wegknicken und sich festliegen, weil die Hinterhand an Kraft verliert. Auch Gewichtsverlust kann ein Symptom sein. Probleme beim Rückwärtsrichten können ebenfalls auf PSSM hinweisen.

Die Symptome können sich während eines Schubs bis zu Anzeichen eines Kreuzverschlags und der totalen Bewegungsverweigerung steigern. Im Extremfall zeigt das Pferd eine Körperhaltung als wolle es Harn absetzen und nimmt die Sägebockstellung ein, bei der es die Beine nach außen abspreizt. Bei einem Schub setzt das Pferd zudem dunklen Urin ab – der rotbraune Muskelfarbstoff Myoglobin wird beim Absterben der Muskelzellen frei und färbt ihn ein. 

DIE SYPMTOME VON PSSM 2

PSSM2 macht sich ebenfalls durch eine Bandbreite von Symptomen bemerkbar. Das Pferd wird immer lust- und kraftloser, es kommt zu Taktunreinheiten und wechselnden Lahmheiten ohne augenscheinlichen Grund. Das Pferd bewegt sich unkoordiniert, die Hinterhand ist steif und hat keinen Raumgriff. Mit fortschreitender Krankheit kommt es zu Muskelschwund an Schultern, Rücken und Hinterhand – auch lokale Dellen in der Muskulatur können entstehen. 

Neben PSSM1 und PSSM2 wurde eine weitere Variante der Genmutation, Px, entdeckt, die bei Pferden auftritt, die hoch im Blut stehen und als nervös und erregbar gelten – etwa Vollblüter, Araber oder leichte Warmblüter. Die Mutation löst RER – Recurrent Exertional Rhabdomyolysis, wiederkehrenden belastungsbedingten Verschlag, aus. Auch hier kommt es zu Krankheitsschüben während des Trainings der Pferde, die mit Bewegungsunlust, Muskelzittern, Verspannungen und starkem Schwitzen einhergehen. Auch hier kann sich der Urin dunkel färben. Die Forschung vermutet die Ursache der Krankheit in einer Störung im Kalziumstoffwechsel von Muskelan- und entspannung. 

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Die Diagnose von PSSM1 und PSSM2

PSSM1 kann zuverlässig mit einem Gentest diagnostiziert werden, für den Blut oder Haarwurzeln in einem Labor untersucht werden. Bei PSSM2 haben sich Gentests allerdings als noch nicht zuverlässig genug herausgestellt. Sicherheit gibt hier eine Gewebeentnahme, eine Biopsie. Sie sollte während eines Schubs passieren, da sie sonst keinen Aufschluss über die Krankheit geben kann. Für PSSM typische Ablagerungen von Polysacchariden und Hinweise des Muskelabbaus können dann im Gewebe nachgewiesen werden. Wird PSSM1 ausgeschlossen, weil keine Genmutation vorliegt, kann PSSM2 vorliegen.

Bei einem PSSM-Schub verändert sich ebenfalls das Blutbild: Die Muskelenzymwerte Creatinkinase (CK) und Aspartattransaminase (AST) sind dann deutlich erhöht, wobei sie auch ohne akuten Schub höher sein können als bei Pferden ohne Genmutation.

Die Genetik hinter PSSM1 und PSSM2

Die Krankheiten werden seit dem Beginn der 2000er Jahre erforscht. PSSM2 ist dabei ein Sammelbegriff für Muskelerkrankungen ohne den gleichen Gendefekt wie bei PSSM1, die sich aber trotzdem ähnlich wie PSSM1 äußern. Die Forschung hat zeigen können, dass bei PSSM2 Muskelstrukturen verändert und zerstört sind – tatsächlich wurden ebenfalls vier genetische Varianten und damit Genmutationen entdeckt. Es kann sein, dass auch die Myofibrilläre Myopathie (MFM) eine Form von PSSM2 darstellt. 

Bei PSSM1 zeigt das Gen GYS1 eine Mutation des Basenpaares c.926G>A. Dieses Gen steuert das Enzym Glykogen Synthase 1, das für die Umwandlung von Zucker in die Stärke Glykogen zuständig ist. Seine Funktionsweise ist gestört und so kommt es zur Anhäufung von Glykogen im Muskel.

Beim Nachweis der Krankheit wird zwischen drei Genotypen unterschieden: kein Gendefekt N/N, Einzelgenträger N/PSSM und Doppelgenträger PSSM/PSSM. PSSM1 wird autosomal-dominant/semidominant vererbt. Das bedeutet, die Krankheit kann ausbrechen, wenn bei den Paaren eines oder beide Gene (n/PSSM oder PSSM/PSSM) mutiert sind. Pferde mit dem mischerbigen Genotyp n/PSSM sind in der Regel weniger betroffen bzw. haben mildere Verläufe als Doppelträger PSSM/PSSM.

Unterm Strich bedeutet das, dass die Krankheit von den Elterntieren weitervererbt wird.

Ein Pferd mit einer Genmutation ist aber nicht per se krank. Forschungen zufolge bricht die Krankheit bei rund 50 Prozent der betroffenen Pferde nicht aus, wenn sie entsprechend gehalten und gefüttert werden.

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Was macht PSSM mit dem Muskelstoffwechsel?

Du hast erfahren, dass bei PSSM-Pferden der Muskelstoffwechsel gestört wird. Was dabei genau passiert?

Kohlenhydrate aus der Nahrung werden im Pferdedarm zu Traubenzucker, Glukose, aufgespaltet. Muskelzellen bauen sie zu Glykogen, tierischer Stärke, um, und speichern es. Arbeitet der Muskel, wird Glykogen wieder zu Zucker verwandelt und abgebaut – dabei wird die Energie frei, die der Muskel braucht um zu funktionieren. PSSM1-Pferde sind nicht in der Lage, diese Stärke und den Zucker im Muskel vollständig abzubauen. Glykogen bleibt im Muskel gespeichert – und diesem fehlt als Folge die Energie. Der Muskel kann nicht mehr richtig arbeiten, im Worst Case sterben Zellen ab. 

Hinzu kommt eine überschüssige Reaktion auf das körpereigene Insulin. Dieses wird von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet, wenn der Blutzuckerspiegel des Pferdes nach der Nahrungsaufnahme steigt.

PSSM1-Pferde reagieren darauf stärker als gesunde Pferde – sie nehmen mehr Glukose aus dem Blut auf und speichern es als Glykogen im Muskel.Kohlenhydratreiches Futter, das den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lässt, kann deswegen PSSM-Schübe auslösen. Durch die falsche Fütterung wird das Pferd stetig mit Zucker versorgt, der eingelagert wird und die Symptome verstärkt.

Auch bei PSSM2 ist das Glykogen im Muskel abnormal verteilt und der Muskel wird stetig schwächer. Hinzu kommt, dass das Pferd mehr Eiweiß braucht als ein gesundes, da es bestrebt ist, die Muskulatur damit zu versorgen. Deswegen kann Eiweißmangel etwa bei Verletzungen oder anderen Krankheiten Schübe auslösen. Teile der Forschung gehen davon aus, dass im Fall von PSSM2 eine negative Stickstoffbilanz zu den akuten Ausbrüchen führt. Die Muskelzelle hat dann bei der Arbeit keine Energie mehr, wird zerstört und abgebaut. Dabei entstehen die typischen Symptome und darüber hinaus eine hohe Belastung der Nieren.

Akuter PSSM-Schub: Was tun?

Ein akuter PSSM-Schub braucht einen Tierarzt. Die Zeit bis zum Eintreffen sollte das Pferd warm gehalten werden, man kann es zum Beispiel eindecken oder unter ein Solarium stellen und es nicht bewegen. Auch Wasser sollte zur Verfügung gestellt werden. 

Kein Getreide für Pferde

Prognose: Mit PSSM leben

PSSM-Pferde brauchen ein Leben lang eine angepasste Fütterung und ein entsprechendes Bewegungsprogramm. Gelingt das, können sie ein fast normales Reitpferdeleben führen.

Haltung, Training, Ernährung von PSSM-Pferden

Bei PSSM1-Pferde ist vor allem ein nachhaltiges Futtermanagement gefragt: Leicht verfügbare Kohlenhydrate wie Stärke und Zucker aus Müsli, Kraftfutter und Leckerli sind tabu, weil sie die Symptome verstärken. Das bedeutet auch: kein Weidegang.

Betroffene Pferde sollten deswegen überwiegend mit Heu gefüttert werden. Es ist wichtig, Futterpausen zu vermeiden und wenn man Kraftfutter gibt, nur kleine Portionen zu füttern. Braucht das Pferd mehr Energie, wird oft auf die Fütterung von Ölen zurückgegriffen.

Außerdem ist ein regelmäßiges Bewegungsprogramm sinnvoll sowie stabile Routinen, um den Stress gering zu halten. Wichtig ist es außerdem, eine Überforderung zu vermeiden. Reine Boxenhaltung ist für PSSM-Pferde nicht sinnvoll. 

Bei PSSM2-Pferden macht dagegen eine Nahrungsumstellung wenig Sinn, da sie keine genetisch bedingte Störung im Kohlenhydratestoffwechsel haben. Doch auch hier wird oft mehr an Fett und Protein gefüttert. 

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Von feinen Kräutern über getreide- und zuckerfreie Leckerli bis zu hochwertigen Samen und Ölen

Mineralfutter für PSSM-Pferde

Eine Theorie erklärt PSSM mit einem Nährstoffmangel – vor allem ein Manganmangel könnte verantwortlich sein – Mangan wird für die Bildung von Glykogen benötigt. Die Krankheitssymptome wie Müdigkeit, Unwilligkeit und Steifheit können aber auch auf Mängel im Bereich von Selen, Magnesium und Vitamin E hindeuten.

PSSM-Pferde brauchen also eine ausreichende Versorgung mit Mineralien, Nährstoffen und Vitaminen – ohne Zucker. Wir haben die wichtigsten zusammengestellt. 

  • Vitamin E ist ein Antioxidans und gut für die Regeneration der Zellen und damit für die Muskeln. Achtung: Fütterst du Öl, musst du mehr Vitamin E geben. 
  • Vitamin B unterstützt die Nerven.
  • Selen schützt als Radikalfänger die Zelle – es kann die Muskulatur lockern.
  • Auch essentiellen Aminosäuren wird eine positive Wirkung auf die Muskulatur bescheinigt. 
  • Omega-3-Fettsäuren können Entzündungen hemmen und wirken ebenfalls als Antioxidantien.
  • Mit Elektrolyten kannst du die Durchblutung fördern. 

Daneben gibt es einige Pflanzen und Kräuter, die PSSM-Pferden gut tun können – darunter Sanddorn und Hagebutte, Weißdorn und Gingko oder Brennnessel und Löwenzahn.

NAdja MÜller - Isabell Tomcyk

Nadja Müller ist Pferdefrau und Journalistin – sie liebt es Pferdewissen mit klaren Worten zu erfassen und zu vermitteln. Sie hat selbst ein Pferd – liebevoll „die PN“ genannt-, und versorgt mit ihrem Horsemanship-Blog „Verstehe Pferde“ ihre Leser regelmäßig mit Ideen zu gutem Horsemanship, also dem Training und der Beziehung zum Pferd. 

Für die Pferdeflüsterei schreibt Nadja schon seit Jahren sach- und fachkundige Artikel zu Themen wie Pferderassen, Pferdewissen und Pferdekrankheiten.

Nadja Müller

Die Autorin des Artikels

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