A wie Arthrose

Arthrose beim Pferd: eine chronische Gelenkserkrankung

Arthrose des Pferdes ist eine chronisch-degenerative Gelenkerkrankung – sie ist dauerhaft und irreversibel, das heißt nicht heilbar. Ein Pferd kann Arthrose in allen Gelenken entwickeln und jedes Pferd kann betroffen sein, unabhängig von seinem Alter. Die Krankheit ist weit verbreitet.

Pferdehinterbeine
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Arthrose: Das richtet sie im Gelenk an

In einem Gelenk treffen mehrere Knochen aufeinander. Ihre Enden sind an den Kontaktstellen mit einer glatten, gleitfähigen Knorpelschicht überzogen. Das Knorpelgewebe ist ein Binde- bzw. Stützgewebe – es schützt den Knochen dahinter vor Verletzungen und Stößen und ermöglicht die geschmeidige Bewegung. Der Gelenkspalt ist mit der Gelenkflüssigkeit oder Gelenkschmiere (Synovia) gefüllt, ihr Hauptbestandteil ist Hyaluronsäure. Sie schmiert die Gelenke und ernährt den Knorpel, der Kohlenhydrate, Fette und Mineralien aus der Synovia bezieht. Die Gelenkkapsel schließlich umgibt das Gelenk; stabilisiert wird es von Bändern, die die Knochen an der richtigen Stelle halten. Diese komplexe Struktur wird bei einer Arthrose beschädigt:

  • Der Knorpel reibt sich wegen nicht ausreichender Versorgung oder einer Beschädigung ab, Knochen trifft auf Knochen – die Entzündung beginnt wegen des fehlenden Puffers und nimmt Fahrt auf.
  • Nun verändert sich die Struktur des Knochens, sein Material wird härter: So versucht der Körper das Gelenk zu stabilisieren. Außerdem bildet er Material, Knochenwucherungen und -zubildungen, an den Kontaktflächen und den Gelenkrändern. Da Gelenk kann versteifen.
  • Auch Bänder und Sehnen können nun vom Entzündungsprozess betroffen sein.
  • Die Synovia verändert sich und wird dünnflüssiger, sie nährt den Gelenkknorpel nun noch weniger.
  • Schmerzt das betroffene Gelenk stark, nimmt das Pferd eine Schonhaltung ein – dadurch wird der gesamte Bewegungsapparat fehl- oder überbelastet, Bänder, Sehnen, Muskeln und Gelenke in Mitleidenschaft gezogen.
  • Wird das betroffene Gelenk nicht belastet oder bewegt, verschlechtert sich die Versorgung des Gelenkknorpels noch mehr.
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Arthrose beim Pferd: Die Ursachen

Was löst sie aus

Die Ursachen der chronischen Gelenkentzündung Arthrose können sehr vielfältig sein.

  • Fehlen dem Jungpferd bei der Aufzucht notwendige Nährstoffe, kann es im späteren Leben Arthrose entwickeln.
  • Oft beginnt Arthrose mit einer Arthritis, einer akuten Gelenkentzündung. Diese kann von Verletzungen wie Gelenkfrakturen, Bänderrissen oder einer Überbelastung im Training verursacht werden, aber auch durch Fehlstellungen von Gliedmaßen und Gelenken, eine fehlerhafte Hufbearbeitung oder durch Chips (OCD), wenn sich Knorpelfragmente oder Knochenteilchen im Gelenk lösen und so zu einer Entzündung führen.
  • Erfolgt die Behandlung einer Arthritis zu spät, falsch oder wird zu früh wieder antrainiert, kann die akute Entzündung chronisch und damit zur Arthrose werden.

Weitere Gründe für die Entwicklung einer Arthrose beim Pferd können sein:

  • Nährstoffarme Fütterung mit zu wenig Silizium, Kupfer oder Mangan
  • Zu frühe Belastung oder falsches Training
  • Dauerhaft verspannte Muskeln können zu einer Unterversorgung des Gelenkknorpels führen
  • Altersbedingter Verschleiß
  • Übergewicht

 

Der Knorpel schafft es dann nicht mehr, den entstandenen Schaden allein zu reparieren, er baut ab und der degenerative, arthrotische Prozess beginnt.

Die Symptome von Arthrose beim Pferd

Arthrose kommt oft langsam und schleichend und wird nicht immer sofort bemerkt. Manche Pferde haben kaum oder gar keine Schmerzen und zeigen die Veränderung deswegen auch nicht mit einer Lahmheit an. Das sind die Symptome einer Arthrose:

  • Eine akute Entzündung des Gelenks macht sich durch eine Schwellung und Wärme bemerkbar.
  • Sind Gelenke des Beins betroffen, zeigt das Pferd eine Lahmheit, es tickt, geht unklar oder zackelt.
  • Gallen und Aufschwemmungen der Gelenke können auf Veränderungsprozesse hindeuten.
  • Ein klassisches Symptom von Arthrose: Das Pferd muss sich erst einlaufen. Es bewegt sich steif und unwillig, aber mit der Bewegung wird es besser.
  • Arthrose in den Halswirbeln zeigt sich als Unwilligkeit beim Biegen und Stellen.
  • Das Pferd schont eine oder mehrere Gliedmaßen, zeigt Bewegungsstörungen, einen stumpfen Gang und verweigert Lektionen.
  • Das Pferd ist steif.
  • Das Pferd stolpert.

Auch Verhaltensänderungen können auf Arthrose hinweisen: Manche Pferde legen sich nicht mehr zum Schlafen ab und wälzen sich nicht mehr, andere steigen in der Rangordnung ab oder sondern sich ab. Beim Reiten kann es zu Unwilligkeit und Verweigerungshaltung kommen.

Übrigens: Arthrose ist stark wetterabhängig. Nässe und Kälte bedingen Schübe – der langsamere Stoffwechsel wirkt sich auf die Konsistenz der Gelenkflüssigkeit und dadurch ihre Schmierfähigkeit aus. Deswegen laufen Arthrose-Pferde gerade in der kalten Jahreszeit oft deutlich schlechter.

Pferde Weide Winter
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So wird Arthrose beim Pferd diagnostiziert

Das sagt der Arzt

Hast du den Eindruck, dass dein Pferd unter Arthrose leiden könnte, solltest du den Tierarzt holen. Für die Diagnose stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung.

Zum einen wird der Tierarzt betroffene Gelenke sowie Sehnen und Bänder abtasten, um Schwellungen zu erkennen; außerdem wird das Pferd für die Lahmheitsuntersuchung vorgeführt – das Vortraben auf hartem und weichem Boden sowie Beugeproben können die betroffenen Bereiche weiter einschränken. Noch genauer erfolgt die Diagnose der Arthrose mittels der diagnostischen Anästhesie: Dafür wird das Pferdebein nach und nach betäubt und das Pferd immer wieder in der Bewegung vorgeführt. Verschwindet die Lahmheit mit einer Betäubung, ist die Arthrose an dieser Stelle sicher. Eine Anästhesie ist auch bei anderen Gelenken, etwa im Kiefer, möglich.

Eine Blutuntersuchung und bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen, MRT oder Szintigrafie erlauben es, zu beurteilen, wie weit die Arthrose fortgeschritten ist. Ein invasives diagnostisches Verfahren ist die Arthroskopie, die Gelenkspiegelung. Mit ihr kann der Zustand des Gelenks beurteilt werden.

Pferde mit Arthrose behandeln

Je früher Arthrose erkannt wird, desto besser: die Behandlung kann den Verlauf verlangsamen und verhindern, dass der Bewegungsapparat durch Folgeerscheinungen geschädigt wird. Meist wird sie aber erst diagnostiziert, wenn das Pferd bereits Schmerzen hat.

Die Behandlungsmöglichkeiten für Arthrose sind vielfältig – da Arthrose chronisch ist, wird das Pferd immer wieder Therapien benötigen.

  • Entzündungshemmer und Schmerzmittel lindern akute Schmerzen und können den Abbau von Knorpel verhindern.
  • Hyaluronsäure kann lokal ins betroffene Gelenke oder in die Vene gespritzt werden, um den Knorpel zu regenerieren bzw. die Gelenkschmiere zu verbessern.
  • Beim operativen Eingriff, der Arthroskopie, wird das Gelenk geglättet und frei schwebende Teilchen entfernt.
  • Moderne Therapieformen sind die autologe Blutpräparationen, etwa Platelet Rich Plasma (PRP) oder Plättchen-Lysat (PL), die die Entzündung eindämmen sollen.
  • Auch Akupunktur oder Blutegel können Linderung verschaffen, die Durchblutung verbessern und Heilungsprozesse anstoßen.

Über die Ernährung können Arthrose-Pferde ebenfalls unterstützt und der Verlauf der Krankheit beeinflusst werden: Neben Klassikern wie Leinöl, die essenzielle Fettsäuren und Antioxidantien wie Vitamin C und E liefern, muss die Versorgung mit Mineralstoffen und Spurenelementen wie Kupfer und Selen gesichert sein. Konkret für die Arthrose kann sich eine phytotherapeutische Gabe zum Beispiel von Ingwer oder Teufelskralle anbieten, weitere Kräuter für Arthrose sind Weidenrinde, Beinwell oder Goldrute. Kräuter können die Entzündung abmildern, die Durchblutung und den Nährstofftransport fördern und eine natürliche Entgiftung anregen.

Eine weitere Möglichkeit bei der Fütterung liegt in den sogenannten chondroprotektiven Substanzen: Sie können die Struktur und Elastizität von Knorpel verbessern, den Stoffwechsel und die Herstellung von Gelenkschmiere anregen und Entzündungen lindern. Eine solche Substanz, die im Knorpel vorkommt und gefüttert werden kann, sind Glykosaminoglykane bzw. Chondroitinsulfat. Glykosaminoglykane sind zum Beispiel in der neuseeländischen Grünlippmuschel vorhanden.

Darüber hinaus muss die Hufpflege für das Arthrose-Pferd passen – eventuell kann mit einem orthopädischen Beschlag eine Fehlstellung verbessert, das Gelenk entlastet und das Abrollen erleichtert werden.

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Arthrose beim Pferd vorbeugen

Viele Pferde sind von Arthrose betroffen, oft ist sie schlicht eine Alterserscheinung. Dennoch ist es möglich Arthrose-Prävention zu betreiben.

  • Stelle sicher, dass dein Pferd ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist, um Knorpel zu bilden und zu ernähren. Wichtig sind hier unter anderem Silizium, Kupfer, Mangan und Zink.
  • Regelmäßige Bewegung und freier Auslauf sind wichtig für die Gelenke; mit einer pferdegerechten Haltungsform können wir indirekt etwas gegen Arthrose tun.
  • Ebenso ist es wichtig, das Pferd im Training immer gut aufzuwärmen und keine Kaltstarts hinzulegen. Im Training selbst müssen wir eine Überbelastung vermeiden, auch zu harte oder zu tiefe Böden tun den Gelenken auf Dauer nichts Gutes.
  • Außerdem: Nimm Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen deines Pferdes ernst – kannst du sie lösen, tust du deinem Pferd nicht nur einen Gefallen, sondern verhinderst vielleicht sogar eine spätere Arthrose.
  • Übergewichtige Pferde schleppen zusätzliche Kilos, die den Gelenken nicht guttun. Ein schlankes Pferd ist also bereits aktive Arthrose-Prävention.

Das Arthrose-Pferd managen

Für Pferde mit Arthrose gilt: Bewegung ja, aber bitte mit Maß und keine Überlastung! Bewegung regt den Stoffwechsel und die Durchblutung an, so dass der Knorpel versorgt bleibt.

Ein Faktor im Management von Arthrose-Pferden ist die Haltung. Für sie sind Bewegungs- oder Offenställe optimal, wo sie sich frei bewegen können. Dein Pferd sollte nicht dem Wetter ausgesetzt sein, sondern sich in einen geschützten, nicht zugigen Unterstand zurückziehen können, gerade, wenn es draußen kalt und nass ist. Beachte hier auch die Herdendynamik, so dass dein Pferd auch zu seinem Recht kommt, genug zu fressen bekommt und sich ablegen kann. Eine ruhige, konstante Herde ist für ein Arthrose-Pferd besser geeignet als eine Schar junger Wilder.

Am besten steht das Pferd auf möglichst geraden Boden – fies wird’s sobald es rutscht oder viele Löcher überqueren muss, etwa in steifgefrorenem oder tiefem Matsch.

Im Training braucht es eine lange Aufwärmphase im Schritt von etwa 15 bis 20 Minuten. Verzichte auf enge Wendungen, scharfe Richtungswechsel oder belastende Manöver oder Übungen wie Stops, Spins oder Cavalettis bzw. Sprünge. Oft sind sogar Seitengänge schon tabu. Reiten ist abhängig vom Status der Arthrose möglich – eine Schrittrunde um den Block geht fast immer.

Wärme tut bei Arthrose gut – es gibt entsprechende Salben oder Gamaschen.

NAdja MÜller - Isabell Tomcyk

Nadja Müller ist Pferdefrau und Journalistin – sie liebt es Pferdewissen mit klaren Worten zu erfassen und zu vermitteln. Sie hat selbst ein Pferd – liebevoll „die PN“ genannt-, und versorgt mit ihrem Horsemanship-Blog „Verstehe Pferde“ ihre Leser regelmäßig mit Ideen zu gutem Horsemanship, also dem Training und der Beziehung zum Pferd. 

Für die Pferdeflüsterei schreibt Nadja schon seit Jahren sach- und fachkundige Artikel zu Themen wie Pferderassen, Pferdewissen und Pferdekrankheiten.

Nadja Müller

Die Autorin des Artikels

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