Pferdetrainer Bernd Hackl beim Reiten (Foto: Zauberwald)

Ray Hunt: Open your mind – turn loose

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Der ganze Artikel für dich auf einen Blick

Ein Gastbeitrag von Pferdetrainer und Vox Pferdeprofi Bernd Hackl:

„Open your mind – turn loose“ – für mich ein Zitat, das in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken anregen sollte. Woran ein Reiter natürlich als erstes denkt ist das Loslassen der Zügel im klassischen Sinn.

Loslassen: Die Zügel

Übersetzt als „Besinne dich und lasse die Zügel los“: Reiten am losen Zügel bzw. eventuell sogar komplett ohne Zügeleinwirkung ist keineswegs eine Erfindung der Western- und Freizeitreiter. Denn diese Übung ist auch in diversen Ausbildungssystemen der Barock- und Kavallerie-Reiterei bzw. der Klassischen Reiterei zu finden.

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Unter anderem ist dies in der H.Dv.12*Ray Hunt: Open your mind - turn loose 1 erwähnt, nämlich „zum Lösen der Pferde mit hängender Nase am losgelassenen Zügel, fleißigen Trittes vorwärts“.

Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig auch am losen Zügel zu reiten, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Leider ist das manchmal eine der größten Hürden, auf die viele Reiter unabhängig der Reitweise zu stoßen scheinen. Diese Hürde lässt sich jedoch leicht beheben durch ein bisschen Technik, fleißiges Üben und die Bereitschaft, es versuchen zu wollen.

Pferdetrainer Bernd Hackl beim Reiten (Foto: Zauberwald)

Loslassen: Im Alltag

Schwieriger wird es, betrachtet man das Zitat aus der Sicht des Alltags, „Open your mind – turn loose“ übersetzt als „Werde mal vernünftig und lasse los“ (innerliches Loslassen).

Mit anderen Worten: „Fahre in den Stall und lasse die Alltagssorgen vor der Stalltür zurück.“

Unzählige Male versuche ich im Unterricht etwas zu erklären und stelle aber mit jedem erneuten Erklärungsversuch fest, dass die Gedanken des Schülers sich ganz wo anders befinden. Als Erklärung kommt dann oft: „Weißt du Bernd, du musst das verstehen, ich habe schließlich Sorgen.“

Vox Pferdeprofi Bernd Hackl

Liebe Reitschüler, ihr müsst mir das nicht erklären, ich verstehe das sehr wohl, aber euer Pferd eben nicht. Pferde leben im Hier und Jetzt und alles, was wir mit ihnen tun, wird sofort von den Vierbeinern reflektiert – entweder im positiven oder im negativen Sinn.

Viele genau dieser Reitschüler sind dann manchmal verständnislos, wenn ich, während ich mit den Pferden arbeite, ein Frage überhöre oder Namen verwechsle. Das liegt vor allem daran, dass meine Konzentration und meine volle Aufmerksamkeit in dem Moment bei meinem Pferd, der Übung und mir liegen.

Will ich etwas Besonderes von meinem Pferd, konzentriere ich mich, male mir ein Bild im Kopf darüber aus, was ich haben möchte und versuche es mit dem Pferd umzusetzen. Jeder kleineste Versuch in die richtige Richtung, ist für mich ein Grund zur Freude. Ich belohne mein Pferd und frage erneut nach.

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Natürlich gibt es bei mir auch das Reiten, bei dem man einfach nur so dahin reitet, dann bin ich mir aber auch darüber bewusst und versuche nicht an irgendwelchen Übungen herumzufeilen, sozusagen reiten zur Ent-Spannung.

Pferdetrainer Bernd Hackl beim Reiten (Foto: Zauberwald)

Aber selbst beim Reiten zur Ent-Spannung lasse ich, so gut wie möglich, die Sorgen vor der Stalltür. Oftmals sind es auch die Vorstellungen von dem was ich haben möchte und dem, was ich habe der Frustauslöser.

Loslassen: Ideen und Vorstellungen

„Open your mind – turn loose“ übersetzt als „Halte nicht an Vorstellungen fest, die du dir in den Kopf gesetzt hast, sondern lasse sie los und sei offen für das, was sich ergibt“.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ein Reiter möchte unbedingt den fliegenden Galoppwechsel seines Pferdes verbessern, da es nur ab und zu per Zufall umspringt.

Viele Reiter hätten gern ein spitzen Turnierpferd und beginnen daran zu arbeiten, ihr Pferd zu formen. Ein Pferd, das eventuell momentan nur dazu in der Lage ist, ein guter Kumpel zu sein… Mit verbissenem Eifer wird selbst der Wille ein guter Kumpel zu sein zerstört, weil es auf dem Weg zum Turnier-Crack sehr oft überfordert und gefrustet wird.

„Open your mind“ für diesen Kumpel „and turn loose“ von deinen Vorstellungen.

Von Anfang an bemerkte ich beim Training mit oben genanntem Schüler, dass der Vorwärtsdrang des Pferdes zu wünschen übriglässt. Während der Arbeit, um das Pferd auf den Wechsel vorzubereiten, setzte sich das Pferd sehr schön auf die Hinterhand und es begann, sich relativ gelöst selbst zu tragen.

Bei einer Galoppvolte entstand bei mir die Idee, die Pirouette etwas zu fördern. Das wurde sehr gut vom Pferd angenommen. Es setzte seine Hinterhand ein, kippte jedoch noch etwas zu stark über die Schulter, was eventuell auch auf den Reiter zurückzuführen war.

Nichtsdestotrotz wollte ich diese Kraft in der Hinterhand nutzen, um dem Galoppwechsel ein Stückchen näher zu kommen. Ziemlich schnell gelang es uns dann, das Pferd ein paar Sprünge einen Galopp auf der Stelle ausführen zu lassen, ähnlich dem Terre à Terre.

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Für mich ein Mega-Schritt in die richtige Richtung, vom Pferd super leicht angenommen, mit wenig Aufwand und vor allem wenig Ärger, sehr harmonisch umgesetzt. Ich beendete nach ca. 60 Minuten die Trainingseinheit, weil das Pferd jetzt langsam am Ende seiner Kräfte angekommen war.

Wohlgemerkt handelte es sich um ein Pferd, das weder in der Hohen Dressur ausgebildet, noch sonstige spezielle Trainingseinheiten hinter sich gebracht hat – also sozusagen ein Pferd wie deins und meins. Ich finde es eine enorme Leistung, dass wir es zu dritt geschafft haben, Pferd, Reitschüler und auch ich als Lehrer, in „nur“ 60 Minuten das Pferd ohne Ärger dazu bringen, mehr Tragkraft aufzuwenden, sich zu setzen und mit gespitzten Ohren bis zum Ende seiner Kraft für uns zu arbeiten.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht traf ich jetzt allerdings auf einen frustrierten Reitschüler. Ohne eine innerliche Regung sagte er zu mir „ja, war schon irgendwie cool, aber Galoppwechsel war´s halt keiner“.

Es schien an meinem Reitschüler völlig vorüber gegangen zu sein, wie freiwillig sein Pferd sich dazu angeboten hat, sich endlich selbst zu tragen. Multipliziert man diese Trainingseinheit mit vier Wochen, könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass sich dadurch die Rittigkeit des Pferdes immens verbessert.

Leider ist der vorherrschende Gedanke im Kopf dieses Schülers der Galoppwechsel. Solange er dieses Ziel aber mit Nachdruck verfolgt, wohl gemerkt auf einem Pferd, das weder genügend Trag-, noch Schubkraft mitbringt, um den Galopp zu wechseln, wird er sich wohl oder übel damit abfinden müssen, dass sein Pferd zwar hin und wieder per Glückstreffer umspringt, er aber leider weit von einem guten, gesetzten und versammelten Galoppwechsel entfernt ist.

Mir ist unverständlich, wie ein Zufallstreffer Freude und Euphorie auslösen kann, die sinnvolle Vorbereitung mit sämtlichen Teilerfolgen dorthin, ein verhaltenes „war schon irgendwie cool, aber“ auslöst.

Pferdetrainer Bernd Hackl beim Reiten (Foto: Zauberwald)

Einfach Loslassen

Abschließend finde ich „Open your mind – turn loose“ auch sehr sinnvoll abseits der Pferde im Alltag anzuwenden. Verrennst du dich verbissen in eine Idee oder befindest du dich in eine Sackgasse, dann spare dir viel Energie, Stress und Ärger, eben – „open your mind and turn loose“.

Text: Vox Pferdeprofi und Autor beim Pepper-Verlag Bernd Hackl
Bilder: Zauberwald Foto und Pferdeflüsterei

Pferdetrainer Bernd Hackl beim Reiten (Foto: Zauberwald)

Wer ist der Zitatgeber – Ray HuntRay Hunt: Open your mind - turn loose 2

Ray Hunt (1929-2009) hatte den Ruf, alles reiten zu können, was Haare hat. Er war einer der ersten “Pferdeflüsterer” und ist Seminare gebend durch das Land gereist, um eine neue Form des Horsemanship zu etablieren.

Lesetipps zu Bernd Hackl

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Ray Hunt: Open your mind - turn loose 3

Ray Hunt: Open your mind - turn loose 4

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3 Kommentare

  1. Es gibt in der ReiterInnenwelt leider viel zu viele , die über das Pferd nur kompensieren wollen , was sie nicht sind oder haben.
    Solchen Personen sollte der Leitsatz von Ray und dieser Artikel von Bernd in den Stall und in die Reitbahn gehängt werden !

  2. Erst am Mittwoch erlebt: das erste mal seit Jahren, dass ich mit Frust und schlechter Laune an den Stall kam und kaum abschalten konnte. Meine Reitbeteiligung hat mich genau gespiegelt und war ebenfalls schlecht drauf. Gegenseitig haben wir uns immer mehr angesteckt.
    Für diesen Tag habe ich dann schließlich nicht viel erwartet, nur für mich selbst loszulassen.
    Es ist schon sehr wichtig, wo man mit den Gedanken ist.

    1. Absolut. Die eigenen Gefühle und Gedanken spielen eine große Rolle. Das zeigt mir immer wieder, wie fein Pferde eigentlich sind und bestätigt mich noch mehr darin, dass all die Hilfsmittel gar nicht nötig wären, wenn wir nur genug Wissen und lernen und an uns selbst arbeiten würden. Du ahnst sicher, was ich meine. Ich schicke dir liebe Grüße und danke für den Kommentar, Petra

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